Im Reiche des silbernen Löwen II. Karl May

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Im Reiche des silbernen Löwen II - Karl May

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in der Weise, wie unsere Verbrecher untereinander in der Kochemer Loschen[10] sprechen? Ich wollte das gern wissen und fragte darum, obgleich ich dabei riskierte, nun einen wirklichen Fehler zu begehen:

      »Weißt du, was es diesesmal für Leichen« sind?«

      Ich betonte dabei das Wort »Leichen« genau so wie vorhin er. Er faßte keinen Verdacht und antwortete in gutem Vertrauen:

      »Wenn du es nicht weißt, so weiß es der Säfir jedenfalls auch noch nicht. Der Absender wird Gründe gehabt haben, es geheim zu halten. Aber diese Leichen« sind nur das Eine, wovon ich dir sagen soll; es giebt noch etwas Anderes, was viel wichtiger zu sein scheint.«

      »Was?«

      »Die Karwan.«

      »Welche?«

      »Das mußt du doch am besten wissen!«

      Es schien, als ob er wieder Argwohn fassen wolle; darum nahm ich einen strengeren Ton an und sagte:

      »Drücke dich höflicher aus, sonst zeige ich dir, wie du mit mir zu sprechen hast! Wohl weiß ich es am besten; aber du redest von einer Karwan im allgemeinen, und da wir es oft mit Karawanen zu thun haben, so kannst du in diesem Falle eine ganz gewöhnliche meinen und nicht die, auf welche wir es besonders abgesehen haben. Wenn du etwa nicht klug genug bist, dies einzusehen, und auch ferner nicht deutlicher reden kannst, werde ich für ähnliche Fälle vom Säfir andere Boten verlangen, die weniger dumm und höflicher sind als du!«

      Da hauchte er vor Schreck förmlich zusammen und sagte in flehendem Tone:

      »Thue das nicht, o Herr, nur das nicht! Du weißt ja, was es mich kosten würde! Verzeihe mir, verzeihe mir! Ich habe natürlich keine andere, als die Karwan-i-Pischkhidmät Baschi[11] gemeint, von deren Aufbruch du den Säfir unterrichtet hast.«

      »Khudaya schukr – Gott sei Dank! jetzt wirst du deutlicher! Ich rate dir, es stets zu sein, denn ein Bote, der in Rätseln spricht und den Mund nicht öffnen kann, ist nicht zu brauchen. ja, ich habe ihn von ihr benachrichtigt. Was läßt er mir nun sagen?«

      »Er hat Späher nach ihr ausgesandt, die ihn benachrichtigt haben, daß sie heut oder morgen in Bagdad eintreffen wird. Du könntest ihr zufällig begegnen und dabei erkannt werden, Darum mußt du schnell von Bagdad fort und zu ihm kommen. Dies war es, was ich dir noch zu sagen hatte.«

      »Was noch?«

      »Weiter nichts.«

      »Da du mich glücklicherweise schon hier getroffen hast, brauchst du nun nicht nach Bagdad zu reiten. Das wird euch wohl willkommen sein. Ihr reitet also mit mir zu ihm zurück!«

      Ich sagte das in befehlendem Tone, obwohl ich die Kerle im stillen nun dahin wünschte, wo der Pfeffer wächst und zwar alle beiden Arten, der schwarze und der weiße. Wenn ich sie mitnehmen mußte, setzte ich mich und Halef Widerwärtigkeiten aus, die uns zwar nicht gefährlich zu werden brauchten, uns aber sehr unangenehm werden konnten. Zu meiner Freude aber fiel er schnell ein:

      »Verzeih, o Herr, daß wir nicht mit dir reiten können, weil wir auch hinüber oder vielmehr hinauf nach Madaïn müssen!«

      »Nach Madaïn? Also nicht nur hinauf nach Bagdad zu mir?«

      »Nein. Wir sollten zunächst dich aufsuchen und dann den Tigris abwärts nach Madaïn gehen. Das würde uns erst hier aufwärts und dann drüben wieder abwärts geführt haben, ein sehr langer Weg, den wir uns nun dadurch kürzen können, daß wir von hier aus gleich direkt hinüberreiten.«

      »Dann kommt ihr wieder zum Säfir?«

      »O nein. Wir haben dann noch, ehe wir zurückkehren können, eine wichtige Botschaft von ihm nach Kut el Amara zu bringen.«

      Dieser Säfir schien sehr ausgebreitete Verbindungen zu unterhalten! Dies ging mich aber weiter nichts an, als daß es mir in diesem Augenblicke sehr lieb sein mußte. Der Weg von hier nach Madaïn betrug acht Stunden, von da nach Kut el Amara zwölf und von dort nach den Ruinen von Babylon, wo ich den Säfir vermutete, wieder vierzehn Stunden. Selbst wenn die beiden Sillan sich mit ihren nicht sehr kräftig aussehenden Pferden noch so sehr beeilten, mußten sie sich doch Zeit zum Essen und Schlafen nehmen und konnten also, wie ich ihre Leistungen nach ihrem Äußeren schätzte, unter zwei und einem halben Tag nicht bei dem Säfir eintreffen. Indessen waren wir, da wir ja bloß einige Punkte kurz besuchen wollten, längst wieder auf dem Rückwege und hatten also keine zweite, uns in Verlegenheit setzende Begegnung mit ihnen zu erwarten. Dies beruhigte mich so, daß ich die freilich etwas zudringliche Frage wagte:

      »Welche Botschaften habt ihr nach Madaïn und Kut el Amara zu bringen?«

      »Nimm es nicht übel, O Herr, das sollen wir verschweigen!«

      »Auch gegen mich?«

      »Gegen jedermann, und da der Säfir dich nicht als Ausnahme genannt hat, müssen wir dich als mitinbegriffen halten.«

      »Recht so! Das gefällt mir von dir! Man darf selbst einem Vorgesetzten zuliebe nicht von seiner Pflicht abgehen. Hat der Säfir euch vielleicht eine gewisse Stelle angegeben, wo ich ihn treffen soll?«

      »Du kennst sie ja, o Herr!«

      »Gewiß! Aber er hält sich doch nicht stets dort auf und könnte euch gesagt haben, wo er dann anderwärts zu finden ist.«

      »Wenn er nicht da ist, wirst du auf ihn warten sollen. Das Tamariskengestrüpp so weit oberhalb von Hilleh ist groß und dicht genug, dich und alle, die du dort findest, zu verbergen. Selbst heut noch kommt kein Mensch mehr hin, seitdem die große Mordthat dort begangen wurde. Man hätte doch fast zwei Stunden weit über heißen Sand zu gehen, und die Geister der Erschlagenen gehen Tag und Nacht umher, wie die Bewohner von Hilleh alle glauben. Du bist, o Herr, dort noch sicherer als im Schoße Ibrahims[12]

      »Gut! Ihr habt mir also wirklich gar nichts mehr zu sagen?«

      »Gar nichts; aber – — – oh doch! Da fällt mir noch ein: Er sagte, etwas wissest du noch nicht, und diese Unkenntnis könnte dich unterwegs vielleicht zu einem Fehler verleiten. Er ist nämlich wegen der Karwan-i-Pischkhidmät Baschi mit den Ghasai-Beduinen eine Verbindung eingegangen; ein Trupp von ihnen hat sich hier zerstreut und giebt sich, um keinen Verdacht zu erregen, für Solaib-Araber aus. Das sollen wir dir sagen, weil du es wissen mußt. Und nun haben wir dir wirklich gar nichts mehr mitzuteilen, o Herr!«

      »Gut! Ich bin mit euch zufrieden, und ihr habt ein Bakschisch verdient; das werdet ihr von mir erhalten, wenn wir uns in Hilleh wiedersehen. Wann seid ihr von dort aufgebrochen?«

      »Gestern abend.«

      »So werdet ihr in Madaïn euch tüchtig ausschlafen müssen. Säumt also nicht hier, sondern macht, daß ihr hinüberkommt!«

      »Wir werden sofort aufbrechen, denn unsere Pferde sind satt geworden; wir haben hier nichts mehr zu suchen. Allah sei mit dir! Dour-i sär-ät bigär-där, Agha[13] – ich will dein Haupt umkreisen, o Agha!«

      Sie stiegen auf und ritten zum Thore hinaus. Halef führte nun unsere Pferde an das Wasser, und während er ihnen zutrinken gab, blinzelte er mich pfiffig-lustig an und sagte:

      »Allah macht Köpfe hell und Köpfe dunkel; der deinige strahlte

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<p>10</p>

Diebes- oder Gaunersprache.

<p>11</p>

Karawane des obersten Kammerherrn.

<p>12</p>

Abrahams.

<p>13</p>

Ausdruck der Höflichkeit gegen Höherstehende.