Verwehte Spuren. Franz Treller
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Verwehte Spuren - Franz Treller страница 8
In dem Zimmer, in welches sie geführt wurden, war man bereits emsig beschäftigt, einen Tisch zu decken.
»Meine Lady ist mit den Mädchen auf Besuch bei Nachbar Tennyson, Bill, kann euch also nicht willkommen heißen, müßt mit dem alten Joe fürlieb nehmen. Doch nun setzt euch und langt zu, Männer, wird gern gegeben.«
Nach dem zum Erstaunen Barings von seiten seiner Gäste ungewöhnlich rasch beendeten Mahle sagte Grover: »Sind herüber gekommen, Joe, wollen deinen Rat haben.«
»Sollt ihn haben, Leute, so gut ich ihn geben kann, doch erst steckt euch Pfeifen an und nehmt einen Schluck Cherry — ist zu trinken, Bill.«
»Weiß schon, trinkst nichts Schlechtes.« Pfeifen wurden gebracht und die Gläser mit Wein gefüllt.
»Nun laß hören, Bill, womit kann ich euch dienen?«
»Siehst hier den Fremden, Joe, ist von jenseits des Wassers gekommen, eine Schwester hier zu suchen, sollst helfen, sie zu finden. Ist ein Deutscher, wirst es schon wahrgenommen haben; kennst fast alle Deutschen im Land, wirst hier helfen können.«
»Bin begierig, was da herauskommt. Sprich weiter,« sagte der Alte, den Grafen anschauend.
»Ist dir ein Farmer, ein Deutscher von Geburt, mit Namen Walther vorgekommen, Joe?«
Mit der Faust schlug dieser auf den Tisch: »Gott segne meine Augen, jetzt weiß ich, was mich so bekannt anmutete, jetzt weiß ich‘s, ‚s sind Lady Walthers Züge.«
»Ihr kanntet sie, Herr?« rief Edgar in hoher Aufregung.
»Tragt ihre Züge, Mann, — jetzt weiß ich‘s.«
»Um Gottes willen, quält mich nicht lange! Ich bin der Bruder. Wo ist sie, wo?«
Der alte Farmer strich sich mit der Hand über die Augen, dann legte er sie auf Edgars Arm und sagte: »Seid ruhig. Mann — faßt Euch. Seid ruhig, sollt alles erfahren, was ich weiß. Bin ganz erschüttert, wo mich Euer Gesicht an Lady Walther erinnert.«
»Lebt sie denn noch — lebt sie?«
»Das weiß nur Gott, Fremder — ich nicht,« sagte Baring sehr ernst.
Graf Edgar sank erbleichend in den Stuhl zurück.
»Seid der Bruder — seh‘s: Müßt‘s tragen wie ein Mann.«
»So laßt mich‘s hören,« sagte Edgar in einem Tone, der bittere Seelenqual verriet. Grover rückte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, während Heinrich, der, ob er gleich nicht verstand, was gesprochen wurde, wohl wußte, wovon die Rede war und aus dem Benehmen des Grafen leicht schloß, daß die Nachrichten des alten Farmers nicht günstig lauteten, ebenfalls in nicht geringer Aufregung war.
»Ist ein Glück, daß mein Weib nicht hier ist, stürzen ihr die hellen Tränen aus den Augen, wenn von Lady Walther gesprochen wird. Hatte sie sehr ins Herz geschlossen, die Alte.« Er bemerkte die sich steigernde Erregung des jungen Mannes und fuhr fort: »Will‘s kurz machen — sollt‘s rasch haben. Mann. Kam da vor vier Jahren der Walther ins Land mit Frau und einem kleinen Knaben, kam damals in meiner Nachbarschaft an. Wohne erst seit zwei Jahren hier, war dies hier meines Bruders Farm, die ich erbte, als er starb, lebte früher am Miamis. Kam der Walther von Ohio, kaufte Bill Spurings Farm, zehn Meilen von mir und begann zu wirtschaften. Ist ein eigen Ding mit der Landwirtschaft hier, muß anders betrieben werden als im alten Europa. War ein rechter Mann, der Walther, ein Gentleman, wollt‘s aber auf seine Weise betreiben, glaubte, er verstünde es besser — hatte immer Pläne und Projekte, die kosteten Geld und brachten nichts ein. Hatte eine Frau mitgebracht, hieß nur Lady Walther, bei Mann und Weib, paßte in den Wald wie eine Rose in einen Tannenstrauch, war schon und gut und fleißig. Liebten sie alle, die sie kannten, aber war keine Frau für den Hinterwald, war eine Lady, eine zarte Blume.«
Mit tiefer Spannung und Rührung horchte Edgar auf des Alten Worte.
»Hatten uns befreundet, der Walther und ich, na, und mein altes Weib und die Mädchen liebten und verehrten die Lady, als wenn sie so vom Himmel heruntergekommen wäre. Haben geholfen mit Rat und Tat, aber Walther kam zurück, immer mehr und mußte schließlich verkaufen. Da gab die Regierung Land am Manistee River. Bin mit Walther hingeritten, haben Land wohlfeil erworben, habe geholfen, alle haben geholfen, ihn wieder auf die Beine zu bringen, fing schon an vorwärts zu kommen, da — na —« dem alten Manne stiegen die Tränen in die Augen.
»Und da —?« fragte der Graf mit zitternder Stimme.
»Da« — sagte Baring fast rauh, um die ihn beschleichende Rührung zu verbergen — »da kam der Wilde von Norden, war gereizt von den schuftigen Agenten der Regierung — und begann am Manistee zu brennen und zu morden.«
»Und — und —?« schrie Edgar.
»Eures Schwagers Farm ward zerstört, er erschlagen —«
»Großer — Gott — und meine Schwester?«
»Waren dort am zweiten Tage, hatten eine blutige Frolic mit den Ottawas, suchten nach Walthers Farm — fanden sie, Walthers Leiche auch — aber von Frau und Kind keine Spur — waren verschwunden.«
»Ihr fandet ihre Leichen nicht?«
»Nichts — so viel wir suchten. Haben geforscht, ob die Roten sie fortgeführt hätten, haben die Regierungsmänner geforscht, haben einen hohen Preis ausgesetzt, um Gewißheit über das Schicksal von Lady Walther zu erhalten — nichts — alles nichts — konnten nichts erfahren; ob sie noch lebt — wo und wie sie ihr Ende fand — ich weiß es nicht.«
»Mein Gott, mein Gott — meine arme, arme Schwester —« stöhnte der Graf und senkte den Kopf auf den Tisch. Alle schwiegen, den Schmerz des Bruders achtend.
Der Graf richtete sich wieder auf und sagte, wenn auch mit bebender Stimme, doch in einem Tone, welcher festen Entschluß verkündigte: »Ich will Gewißheit über ihr Schicksal haben, und wenn ich die Wälder von Nord bis Süd durchforschen muß. — O Mister Baring,« fuhr er dann fort, »wie danke ich Euch für die Liebe und Teilnahme, welche Ihr meiner Schwester erwiesen habt.« Er ergriff seine Hände und schüttelte sie herzlich.
»Hatten sie lieb, ist ein Fakt. Müßt‘s ertragen. Mann, ist Gottes Wille so gewesen — dürfen nicht murren.«
»Arme, arme Schwester! — — — Und — haltet Ihr‘s für möglich — daß sie noch lebt?«
»Will Euch sagen. Mann,« entgegnete Baring nach einer Weile — »müßt Euch keine Hoffnungen machen. Möglich — möglich — wäre es — aber wahrscheinlich ist‘s nicht. Ich glaube, die Indianer haben sie und das Kind fortgeschleppt, um vielleicht später Lösegeld zu erpressen, und sie ist den Anstrengungen eines indianischen Eilmarsches mit seinen Entbehrungen erlegen. Die Ottawas sitzen längst wieder friedlich auf ihren Reservationen — und wir müßten etwas von Lady Walther erfahren haben, wenn sie noch lebte. Wir und später die Regierungstruppen sind streng mit den Roten ins Gericht gegangen; eine Gefangene zu verbergen, für den Fall sie noch lebte, wagen sie deshalb nicht — und selbstverständlich sind sie schweigsam über das Ende derselben, ja sie leugnen überhaupt, sie entführt zu haben. Nein, Mann, macht Euch keine Hoffnungen.«
»Ich suche sie dennoch