Der Oelprinz. Karl May

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Der Oelprinz - Karl May

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nie im Stich gelassen. Wie oft hat Freiheit und Leben von ihr abgehangen, und stets hat sie ihre Schuldigkeit gethan. Freilich hat sie auch ihre Mucken, ihre großen Mucken, und wer sie nicht kennt, dessen Kürbis schwimmt gegen das Wasser (* Trapperausdruck für Unglück haben.). Ich aber kenne sie, ich habe sie studiert wie der Arzt die Karfunkelbeule; ich weiß genau, welche Vorzüge und welche Schwächen sie besitzt und an welcher Stelle ich sie streicheln und liebkosen muß, um sie bei guter Laune zu erhalten. Ich gebe sie nicht aus der Hand, bis ich sterbe, und wenn ich einmal tot bin, und ihr seid dabei, so thut mir den Gefallen und gebt mir meine Liddy mit unter den Rasen, mit dem ihr mich bedeckt. Kein andrer, der sie nicht kennt und lieb hat, soll sie jemals in die Hände bekommen. Die Mary, die Liddy, Dick Stone und Will Parker, das sind die vier, die mir ans Herz gewachsen sind und außer denen ich nichts mag und nichts besitze auf der ganzen weiten Welt.«

      Ein feuchter Schimmer verdrängte das vorher so helle Funkeln seiner Augen, doch strich er mit den beiden Händen schnell über dieselben und sagte in wieder munterem Tone:

      »Seht, da steht einer von den zwölfen auf, der, welcher mit dem Wirte so heimlich gemunkelt hat. Höchst wahrscheinlich kommt er her, um uns zu äffen. Well, die Komödie kann losgehen; aber verderbt sie mir nicht etwa!«

      Man darf sich nicht darüber wundern oder es gar belächeln, daß Sam Hawkens seinem Maultiere und seinem Gewehre solche Kosenamen gegeben hatte und in so zärtlicher Weise von ihnen sprach. Die Westmänner vom alten Schrote und Korne – leider ist diese Sorte bis

      auf wenige, die man zählen kann, jetzt ausgestorben – waren ganz andre Menschen als das Gesindel, welches nach ihnen kam. Unter dem Ausdrucke Gesindel sind hier nicht etwa nur moralisch verkommene Menschen gemeint; dieses Wort hat hier eine andre als die gewöhnliche Bedeutung. Wenn ein Millionär, ein Bankier, ein Offizier, ein Advokat, meinetwegen auch der Präsident der Vereinigten Staaten selbst, nach dem Westen geht, ausgerüstet mit den jetzigen massenmörderischen Waffen, ängstlich behütet und bewacht von einer zahlreichen Begleitung, damit ihm ja keine Mücke in die Hühneraugen beißt, und von einem sicheren Standorte aus das Wild zu hundert Exemplaren niederknallt, ohne dessen Fleisch gegen den Hunger zu gebrauchen, so wird dieser hohe und vornehme Herr von dem wirklichen Westmann eben zum »Rabble«, zum Gesindel gerechnet. Der Indianer, der Westmann vom Fache, »machte« nur dann Fleisch, wenn er es brauchte. Er fing das ihm nötige Pferd aus einer Herde wilder Mustangs heraus; er kannte die Zeiten, wenn die Büffel von Süden nach Norden zogen und wenn sie zurückkehrten; er wußte die Gegenden, durch welche sie auf ihren Wanderungen kamen, und machte dort und dann Jagd auf sie, nur um sein Leben zu fristen. Da traf man auf Mustangherden zu fünftausend Stück; da kamen die Bisons gewallt wie ein Meer, zwanzig- und dreißigtausend und noch mehr zählend. Wo sind diese ungeheuren Massen hin? Verschwunden! So weit die Savannen reichen, ist kein einziger Mustang mehr zu sehen. Ausgerottet, vernichtet! Im Nationalparke droben »hegt« oder »schont« man jetzt einige Büffel; hier oder da kann man in irgend einem zoologischen Garten noch einen einzelnen sehen; aber in der Prairie, welche sie früher zu Millionen bevölkerten, sind sie ausgestorben; der Indianer verhungert körperlich und moralisch, und einen wirklichen, echten Westmann sieht man nur noch in Bilderbüchern. Daran ist das schuld, was der Trapper, der Squatter »Gesindel« nennt. Man sage ja nicht, daß der Grund in dem Vorrücken der Zivilisation liege. Die Zivilisation hat nicht die Aufgabe der Ausrottung, der Vernichtung. Wie oft thaten sich, als die Pacificbahnen erstanden, Gesellschaften von hundert und noch mehr »Gentlemen« zusammen, um, mit Gewehren »neuester« Konstruktion bewaffnet, einen Jagdausflug zu unternehmen. Sie dampften nach dem Westen, ließen in der Prairie halten und schossen aus den sicheren Coupés heraus auf die vorüberziehenden Büffelherden; dann fuhren sie weiter, ließen die Tierleichen zum Verfaulen liegen und rühmten sich, Prairiejäger gewesen zu sein und ein »excellent and eximious« Vergnügen gehabt zu haben. Dabei waren auf ein wirklich getötetes Tier zehn und noch mehr angeschossene, verwundete zu rechnen, welche sich mühsam und schmerzvoll weiterschleppten, um dann elend zu verenden. Der Indianer stand von fern, sah mit ohnmächtigem Grimme zu, in welcher Weise man ihm seine Nahrung raubte, ihn zum Hunger trieb und konnte nichts dagegen thun. Beschwerte er sich, so wurde er ausgelacht; wehrte er sich, so wurde er niedergemacht wie die Büffel, welche er für sein Eigentum hielt und deshalb geschont hatte.

      Ganz anders der wirkliche Westmann, der frühere Jäger. Dieser schoß nicht mehr, als er brauchte. Er holte sich das Fleisch mit Gefahr seines Lebens. Er wagte sich auf seinem Pferde mitten in die Büffelherde hinein. Er kämpfte mit dem Mustang, den er sich fangen und zähmen wollte; er trat selbst dem grauen Bären kühn entgegen; sein Leben war ein unaufhörlicher, aber ritterlicher Kampf mit feindlichen Verhältnissen, feindlichen Tieren und feindlichen – Menschen. Dabei mußte er sich auf sich selbst, auf sein Pferd und auf sein Gewehr verlassen können, wenn er nicht »ausgelöscht« werden wollte. Das Pferd war daher sein Freund, die Büchse seine Freundin. Wie mancher Jäger hat oft und zwar sehr oft sein Leben für sein Pferd gewagt! Und mit welcher Liebe hing er an seinem Gewehre, jenem toten, seelenlosen Gegenstande, dem seine dankbare Phantasie dennoch eine Seele beilegte. Er hungerte und dürstete, um vor allen Dingen sein Pferd fressen und saufen zu lassen, und sah erst auf sein Gewehr, ehe er an sich selber dachte. Er gab beiden Namen wie menschlichen Personen und sprach mit ihnen wie mit Menschen, wenn er einsam, nur mit ihnen allein sich in das Gras der Prairie oder in das Moos des Urwaldes gelagert hatte. Zu dieser Art von Westmännern gehörte Sam Hawkens. Die Rauheit seines wilden Lebens hatte sein Herz nicht verdorben, er war trotz derselben ein gemütvolles aber dabei außerordentlich schlaues Kind geblieben.

      Was er erwartet hatte, das geschah: Buttler war aufgestanden, kam herbei, pflanzte sich gebieterisch vor dem Tische, an welchem die drei saßen, auf und sagte, ohne sie zu grüßen, in höhnischem Tone:

      »Wie prächtig ihr euch ausnehmt, Leute! Ihr scheint höchst sonderbare, höchst lächerliche Drillinge zu sein!«

      »Yes,« nickte Sam sehr ernsthaft und sehr bescheiden.

      Dieses Eingeständnis klang so komisch, daß Buttler laut auflachte und, während seine Gefährten in das Gelächter einstimmten, fortfuhr:

      »Wer seid ihr denn eigentlich?«

      »Ich bin der erste,« antwortete Sam.

      »Ich der zweite,« fügte Dick Stone hinzu.

      »Und ich der dritte,« stimmte Will Parker ein.

      »Der erste, der zweite, der dritte? Was denn?« fragte Buttler, nicht gleich wissend, was sie meinten.

      »na, Drilling natürlich!« antwortete Sam mit außerordentlicher Treuherzigkeit.

      Ein zweites, allgemeines Gelächter folgte diesen seinen Worten. Buttler war geschlagen; darum fuhr er den Kleinen unwillig an:

      »Macht keine dummen Witze! Ich bin gewohnt, ernsthaft mit mir verkehren zu lassen. Daß ihr nicht Drillinge sein könnt, sieht man ja. Ich wollte eure Namen wissen. Heraus damit also!«

      »Ich heiße Grinell,« antwortete Sam kleinlaut.

      »Und ich Berry,« gestand Dick furchtsam.

      »Und ich White,« stieß Will sehr ängstlich hervor.

      »Grinell, Berry und White,« meinte Buttler, »eure Namen kenne ich jetzt. Nun sagt mir auch, was ihr seid!«

      »Fallensteller,« erklärte Sam Hawkens.

      »Fallensteller?« lachte der Examinator. »Ihr seht mir ganz und gar nicht so aus, als ob ihr jemals einen Biber oder ein Racoon gefangen hättet!«

      »Haben auch noch nicht,« gab der kleine Sam bescheiden zu.

      »Ah, habt noch nicht! Wollt also wohl erst?«

      »Yes.«

      »Gut,

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