Der schwarze Mustang. Karl May

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Der schwarze Mustang - Karl May

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Nachtessen seine Gäste sein möchten und fügte dann hinzu:

      »Ich werde also heut abend mit euch und nicht mit meinen Leuten speisen, zumal euch einer derselben, nämlich der Scout, nicht gefallen zu haben scheint. Sagt einmal, Mister Winnetou, habt Ihr Grund, ihm zu mißtrauen?«

      »Winnetou thut und sagt niemals etwas ohne Grund,« antwortete der Häuptling.

      »Aber er ist stets treu und zuverlässig gewesen!«

      »Winnetou glaubt nicht an diese Treue. Mein Bruder wird wohl erfahren, wie lange sie währt. Er nennt sich Yato Inda, den ›guten Mann‹, sein wirklicher Name aber wird wohl lauten lk Senanda, was in der Sprache der Komantschen soviel wie ›böse Schlange‹ heißt.«

      »Gibt es einen Komantschen dieses Namens?«

      »Der Mischling, von welchem Winnetou vorhin sprach, heißt so, nämlich der Enkel des ›schwarzen Mustangs‹.«

      »Mister Winnetou, Euern Scharfsinn und Euer Urteil in allen Ehren, aber diesmal müßt Ihr Euch irren! Der Scout hat mir so viele Beweise von Treue gegeben, daß ich ihm vertrauen muß.«

      »Mein weißer Bruder kann thun, was ihm beliebt; aber wenn Old Shatterhand und Winnetou nachher so sprechen, daß der Scout es hört, so wird alles, was sie sagen, nur zum Scheine sein. Howgh!«

      Mit diesem letzteren Worte deutete er an, daß er über das jetzige Thema nichts mehr hören oder sagen wolle.

      Als sie wieder im Shop angekommen waren, bestellte der Engineer bei dem Wirte ein gutes Abendessen für fünf Personen, denn er betrachtete die beiden Timpe nun auch als seine Gäste und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Hier fragte Old Shatterhand den langen, blonden Kas, was ihn jetzt in diese Gegend geführt habe und wohin er von hier aus wolle. Der Genannte erzählte in kurzen Worten seine Erbschaftsgeschichte und auf welche sonderbare Weise er heute mit einem Vetter und Miterben zusammengetroffen sei.

      »Nun müssen wir nach Santa Fe.« fuhr er fort, »können aber leider nicht den nächsten und geradesten Weg einschlagen.«

      »Warum nicht!«

      »Der Komantschen wegen. Wir wenden uns von hier aus östlich und biegen dann nach Süden um.«

      »Hm! Kennt ihr den Weg?«

      »Nein; aber ein Westmann findet sich überall zurecht. Vielleicht habt Ihr die Güte, uns einen guten Rat zu erteilen.«

      »Den sollt ihr haben. Und wißt Ihr, wie er lautet?«

      »Nun?«

      »Es sind nur die drei Worte: ›Nehmt uns mit‹!«

      » All devils! Wir sollen euch mitnehmen, nämlich Euch, Sir, und Winnetou?«

      »Ja.«

      »Ist das Euer Ernst!«

      »Ja. Ich wüßte keinen Grund, Euch unsre Begleitung im Scherze anzubieten.«

      »Habt Ihr denn einen Weg mit uns?«

      »Sicher. Wir wollen nämlich auch nach Santa Fe, wenn auch nicht einer Erbschaft wegen.«

      Da schlug Kas die Hände zusammen, daß es nur so knallte und rief vor Entzücken überlaut:

      »Das ist ein Glück! Has, Has, hörst du es? Wir dürfen mit Old Shatterhand und Winnetou reiten! Nun schere ich mich den Kuckuck um das ganze Komantschengesindel. Wir brauchen keinen Umweg zu machen, sondern reiten mitten hindurch. Und dann in Santa Fe haben wir sogleich gelungenes Spiel. Es soll diesem Nahum Samuel Timpe ja nicht einfallen, uns zu betrügen oder zu entwischen! Wir haben Männer bei uns, die ihn bis in die Wolken schwippen!«

      »Schreit doch nicht so!« lächelte Old Shatterhand. »Zu solchem Jubel habt Ihr keinen Grund. Es kann auch uns nicht einfallen, mitten durch das Gebiet der Komantschen zu reiten, sondern wir waren, grad so wie Ihr, entschlossen, nach Osten auszubiegen. Ihr seid also einverstanden, daß wir zusammen reiten?«

      »Ja, natürlich ja! Es kann uns ja gar nichts Besseres und Vorteilhafteres angeboten werden, als bei Euch sein zu dürfen. Wann meint Ihr, daß wir von hier aufbrechen, Sir?«

      »Morgen, sobald wir ausgeschlafen haben. Da erreichen wir am Abend den Alder-Spring [Erlenquell.], an dem wir bis früh lagern werden.«

      Er legte auf diesen Namen einen besonderen Ton, denn er beobachtete während dieses Gespräches den halbblütigen Scout heimlich und sah gar wohl, mit welcher Aufmerksamkeit dieser herüberhorchte, obwohl er sich den Anschein zu geben suchte, als ob er nicht den geringsten Anteil nehme. Er war nicht der einzige, welcher ein so großes und heimliches Interesse für die beiden berühmten Freunde hegte.

      Nämlich ganz nahe an der Bretterwand, welche den großen, nur von Chinesen besetzten Raum von dem kleinen trennte, saßen schon vor Eintritt der beiden Timpe zwei »Söhne des Himmels« [Chinesen.] bei einander, welche nichts zu thun zu haben schienen als zu rauchen und zu trinken. Sie mochten eine Art von Vorarbeiter vorstellen, oder im Besitz einer sonstigen kleinen Würde sein, weil keiner ihrer Landsleute sich zu ihnen setzte. Sie konnten alles, was nebenan gesprochen wurde, hören, und verstanden es auch, denn sie befanden sich schon seit mehreren Jahren in den Vereinigten Staaten und waren in San Francisco mit der englischen Sprache vertraut geworden.

      Auf die Ankunft von Has und Kas hatten sie nicht mehr geachtet als alle andern auch; als aber drin im kleinen Raum von den Gewehren Old Shatterhands und Winnetous gesprochen wurde und welchen geradezu untaxierbaren Wert dieselben besäßen, da horchten sie schärfer hin. Dann kamen so ganz unerwartet diese beiden Männer, und die Chinesen blickten erst mit Neugierde und dann mit Verlangen durch die Bretterlücken nach ihnen, und es schien, als ob sie ihre Augen gar nicht von den kostbaren Gewehren wenden könnten. Als später der Engineer mit seinen Gästen von dem gemachten Gange zurückkehrte und die letzteren ihre Gewehre nicht mehr bei sich hatten, schien es mit der bisherigen Ruhe der Chinesen aus zu sein. Ihre dünnen Augenbrauen gingen auf und nieder; ihre Lippen zuckten, ihre Finger bewegten sich krampfhaft, sie rutschten auf ihren Sitzen hin und her; sie hatten beide das gleiche Gefühl und den gleichen Gedanken, doch wollte keiner zuerst sprechen. Endlich konnte es der eine nicht länger aushalten; er fragte leise:

      »Hast du alles gehört?«

      »Ja.« antwortete der andre.

      »Und gesehen?«

      »Und gesehen!«

      »Auch die Gewehre?«

      »Auch!«

      »Wie kostbar sie sind!«

      »Viele, viele tausend Dollars!«

      »Wenn wir sie hätten! Wie müssen wir arbeiten; wie müssen wir uns plagen und uns schinden, damit unsre Gebeine in der Heimat bei den Ahnen begraben werden können!«

      Es trat eine Pause ein; sie überlegten. Nach einer Weile that der eine einen langen Zug aus seiner Pfeife und fragte, indem er listig mit den schiefen Augen blinzelte:

      »Ahnst du, wo die Gewehre liegen?«

      »Ich weiß es,« lautete die Antwort.

      »Nun wo?«

      »Im Hause des Engineers. Wenn wir sie hätten, könnten wir sie vergraben, und niemand wüßte, wer sie geholt hät.«

      »Und

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