Old Surehand II. Karl May

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Old Surehand II - Karl May

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vergebens; wir fanden ihn nicht; er war entkommen.

      Das Feuer brannte, wie ich vorher berichten will, noch einige Tage fort; dann gelang es dem Ingenieur, es zunächst einzudämmen und dann ganz auszulöschen. Viel geschadet hat es nicht, wenigstens nicht soviel, wie Jones und Holmann beabsichtigt haben mochten, von denen es wahrscheinlich auf unser Leben abgesehen war. Später hörte ich einmal, daß der Kanada-Bill sich am untern Missisippi sehen lasse und mit dem Spiele ein schönes Geld verdiene. Seitdem sind Jahre vergangen; ich hoffe aber, daß er noch lebt und mir einmal in die Hände kommt. Dann ist ihm meine Kugel sicher und gewiß.

      Holmann wurde, als die Kähne nach dem Missouri gingen, von Lincoln fortgeschafft. Das gab einen Abschied, der mir nicht wenig zu schaffen machte, denn der brave Abraham war mir gewaltig an das Herz gewachsen. Ich durfte nicht mit. Fred Hammer und Guy Willmers meinten, das ginge nicht, und die Ladies baten so schön, daß ich nicht anders konnte, ich mußte bleiben.

      Später erfuhren wir, daß Holmann für die Lebenszeit in die Zelle gekommen ist.

      Abraham Lincoln ist, wie ich es ihm ja gesagt hatte, nicht beim Lawyer stehen geblieben, sondern hat es bis zum Höchsten gebracht, was ein braver self-man werden kann; er ist Präsident der Vereinigten Staaten geworden und hat leider für das, was er Gutes that und wollte, einen Schuß bekommen; Fluch dem Schurken, der ihn abfeuerte!

      Und ich? Man ließ mir keine Ruhe, ich mußte bei Willmers mein Wigwam aufschlagen. Arrow ist damit nicht zufrieden gewesen, und auch ich habe zuweilen ein so heilloses Zwicken in den Gliedern bekommen, daß ich zu Büchse und Tomahawk gegriffen habe und auf einen Monat oder zwei hinausgeritten bin in die Savanne und die Woodlands, wo ich den Oelgeruch vergessen und den Büffeln oder Indsmen zeigen konnte, daß Tim Kroner noch keine Lust habe, die schöne Prairie mit den ewigen Jagdgründen zu vertauschen. Zwischen Longs Peak und den Spanish Peaks ist mein Jagdrevier, und dort habe ich mir den Namen geholt, mit dem ihr mich vorhin genannt habt, nämlich, der »Coloradomann«, Mesch‘schurs. Und es ist wahr, was ihr vorhin sagtet, daß ich nämlich der beste Jäger weit und breit bin. Möchte einen andern sehen, der es mit mir aufnimmt, mag es sein, in was es wolle. So! Und nun habe ich euch den Willen gethan und bin mit meiner Erzählung fertig.« —

      Der Erzähler hatte die Behauptung, daß es niemand mit ihm aufnehmen könne, im Tone vollen Bewußtseins gesagt. Diese Selbstgefälligkeit schien einem der Anwesenden nicht ganz am Platze zu sein; denn er sagte:

      »Dank für Eure schöne Geschichte, Sir, und allen Respekt vor Euch, Mr. Kroner. Man weiß, was man von dem Coloradomann zu halten hat; aber sollte es doch keinen andern geben, der sich neben Euch stellen kann?«

      »Wer könnte das sein?« fragte der Selbstbewußte.

      »Winnetou zum Beispiel.«

      »Pshaw! Das ist ein Indianer!«

      »Old Firehand?«

      »Habe es oft mit ihm aufgenommen!«

      »Old Surehand?«

      »Kann mich auch nicht irre machen.«

      »Old Shatterhand?«

      »Bin oft mit ihm geritten und habe nichts von ihm lernen können. Das sind alles Leute, an denen der Name das bedeutendste ist. Gerade Old Shatterhand hat in meinem Beisein manchen Fehler gemacht, den ich für unmöglich gehalten hätte. Er hat viel Körperkraft; das ist aber auch alles!«

      Bei diesen Worten stand er auf und näherte sich meinem Tische. Er war kein übler Erzähler, und ich hatte ihm mit Interesse zugehört, obgleich ich mir das Meine dabei dachte. Diese Gedanken schienen sich meinem Gesichte aufgeprägt zu haben, denn er stellte sich jetzt breitspurig vor mich hin und fragte mich:

      »Ich habe vorhin, als Ihr mit Mutter Thick spracht, gehört, daß Ihr ein Dutchman seid, Sir?«

      Das Wort Dutchman wird den Deutschen gegenüber als Schimpfwort gebraucht; dennoch antwortete ich ruhig und gelassen:

      »Nicht ein Dutchman, sondern ein German, Sir.«

      »Das ist ein und dasselbe. Ich sage Dutchman und halte das für das richtige. Ihr habt, als ich erzählte, ein so zweifelhaftes Gesicht gemacht. Warum?«

      »Interessiert Euch mein Gesicht?«

      »Eigentlich ganz und gar nicht. Ihr habt kein Gesicht, dem ich sonst Beachtung schenken möchte; aber in diesem Falle ist es etwas anderes. Es sah grad so aus, als ob Ihr mir keinen Glauben schenktet. Ist‘s so oder nicht?«

      »Liegt Euch so viel daran, zu wissen, was ich glaube?«

      »Alberne Frage! Euer Gesicht galt mir, und da will ich unbedingt wissen, was es zu bedeuten hatte. Oder habt Ihr Angst, es mir zu sagen?«

      »Angst? Nicht daß ich wüßte!«

      »Nun also, heraus damit!«

      Alle Gäste waren still, auch die an den entfernteren Tischen. Sie erwarteten eine Scene und horchten gespannt zu uns her. Ich antwortete lächelnd:

      »Ich habe gar keinen Grund, damit zurückzuhalten, daß ich mich über einen sehr auffälligen Anachronismus gewundert habe, der in Eurer Erzählung vorgekommen ist.«

      »Anachronismus? Was ist das? Redet doch so, daß man es verstehen kann!«

      »Gut, also deutlich! Seit wann ist wohl vorn Petroleum im jetzigen Sinne die Rede gewesen?«

      »Wer kann das wissen!«

      »Ich, nämlich seit dem Jahre 1859. Und wann wurden in den Vereinigten Staaten die ersten Oelquellen entdeckt?«

      »Das mögt Ihr Euch selbst beantworten!«

      »Zwei Jahre vorher, also 1857. Nun sprecht Ihr von einem Oelbohrer jenseits des Coteaus, bei dem Lincoln gewesen sei, nachdem er kurz zuvor Lawyer geworden war. Wann aber ist er Lawyer geworden?«

      »Laßt mich mit Euren dummen Fragen in Ruh!«

      »Sie sind nicht so dumm, wie Ihr denkt, und gehören zu der Auskunft, die ich Euch geben soll. Lincoln etablierte sich nämlich im Jahre 1836 in Springfield als Lawyer, also über zwanzig Jahre vor der Entdeckung der ersten bedeutenden Oelquelle. Wie stimmt das mit Eurer Erzählung, Sir?«

      »Ob es stimmt oder nicht, das ist mir gleichgültig!«

      »Nun, so habt die Güte, gegen mein Gesicht ebenso gleichgültig zu sein!«

      »Wollt Ihr sagen, daß Ihr das von dem Oelbrande nicht glaubt?« fragte er in drohendem Tone.

      »O, daran hege ich nicht den geringsten Zweifel, nur ist der Ort und sind die Personen andere.«

      »Wie so?«

      »Old Shatterhand hat einen solchen Oelbrand erlebt, und zwar im Bluff von New-Venango[4]. Der Oelprinz hieß dort nicht Willmers, sondern Forster.«

      »Das geht mich nichts an und ändert nichts an meinem Erlebnisse; es finden oft Oelbrände statt.«

      »Bei denen die Umstände einander so ungeheuer ähnlich sind? Hm! Uebrigens kenne ich Tim Kroner, den Coloradomann, sehr genau.«

      »Thunder-storm! Wollt Ihr etwa sagen, daß ich nicht Tim Kroner bin?«

      »Es

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<p>4</p>

Siehe »Winnetou« Bd. II, pag. 417.