Die Colonie: Brasilianisches Lebensbild. Dritter Band. Gerstäcker Friedrich

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Die Colonie: Brasilianisches Lebensbild. Dritter Band - Gerstäcker Friedrich

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style="font-size:15px;">      »Aber was hattest Du nur vorher mit dem jungen Fremden, Mama?« fragte Helene; »er verließ uns auch nachher so plötzlich.«

      »Er hatte sich schon vorher bei mir empfohlen,« sagte die Mutter, die ihre ganze Fassung schon lange wieder gewonnen und ihren weiteren Plan entworfen hatte – »wir sind wirklich alte Bekannte von Deutschland her – er ist der Sohn einer Jugendfreundin von mir, der Gräfin Rottack.«

      »Ein Graf Rottack?« rief Herr von Pulteleben erstaunt, und Helene sah ihre Mutter überrascht und fragend an.

      »Ja – ist das etwas so Außerordentliches?« fuhr aber diese fort – »Randolph war nur sein Vorname, und er theilte mir eine erschütternde Nachricht mit – den Tod einer Verwandten von ihm, was mich etwas angegriffen hat. Übrigens will er hier nicht gekannt sein, lieber Arno, und ich bitte Sie darum, sich nicht merken zu lassen, daß ich sein Geheimniß verrathen habe – aber Sie gehören ja doch jetzt natürlich mit zur Familie. Was ich Euch Beiden nur noch sagen wollte – ich habe mir die Sache heute hin und her überlegt, und – da Ihr doch jetzt mit einander verlobt seid, so – thut es eigentlich kein Gut, die Sache zu lange hinaus zu schieben, und ich wünsche deshalb, daß die Hochzeit recht bald – so bald als irgend möglich gefeiert werde.«

      »Beste Mutter, Sie machen mich so unendlich glücklich!« rief Herr von Pulteleben entzückt aus.

      »Aber, Mama, das ist ganz gegen unsere Abrede,« sagte Helene, und ein eigenes eisiges Gefühl erfaßte ihr Herz.

      »Liebes Kind,« sagte die Mutter, »die Verhältnisse reißen uns zu Zeiten mit fort, ohne daß wir sie nach unseren Wünschen regeln oder beherrschen können, und eben diese Verhältnisse zwingen uns, von hier fort und nach Santa Catharina zu ziehen.«

      »Nach Santa Catharina?« rief Herr von Pulteleben erstaunt – »woraus schließen Sie das?«

      »Ich habe den Gedanken schon einige Zeit mit mir herumgetragen,« fuhr die Gräfin fort, »da besonders für unser Geschäft Santa Clara ein Nichts weniger als passender Platz ist.«

      »Aber wird die Insel besser sein, Frau Gräfin?«

      »Entschieden – aber Du darfst nicht glauben, Helene, daß ich einen solchen Schritt leichtsinnig und auf das Gerathewohl thun würde, und ich habe mich vorher sorgfältig nach allen Verhältnissen der Insel erkundigt. Erstens bekommen wir dort Arbeiter billiger, dann haben wir die Auswahl unter den besten Tabakssorten, die gerade von dort aus in Massen nach dem Süden verschickt werden und viel billiger sind als hier, und dann – die Hauptsache – finden wir selber einen viel besseren Markt für unser Product, da wir von dort aus in directer Verbindung mit dem Süden, ja, selbst mit Montevideo und Buenos-Ayres stehen.«

      »Aber, Mama, wenn Du Dich darin nur nicht irrst, und auf bloße Vermuthung hin eine solche Reise …«

      »Bloße Vermuthung – das Kind glaubt Nichts, Pulteleben, was sie nicht sieht – Sie werden noch Ihre rechte Noth mit ihr bekommen. So laß Dir denn sagen, daß ich, um ganz sicher zu gehen, schon vor mehreren Wochen an die Präsidentin geschrieben und mit dem letzten Dampfer Nachricht bekommen habe, wie die Sachen dort stehen – und zwar sehr günstige Nachricht.«

      »Aber der Brief, welchen Du erhieltest, war ja von Deutschland, mit dem kleinen Wechsel darin.«

      »Das Kind bringt Einen noch zur Verzweiflung, Pulteleben,« lächelte die Mutter – »ich habe zwei bekommen, einen von Deutschland und einen von Santa Catharina, den mir der Director selber mitgebracht; wenn Du dem aber, was ich sage, nicht glauben willst, so sollst Du Dich wenigstens selber überzeugen – hole mir einmal den Brief herüber; er liegt auf meiner Toilette; der in dem gelben Couvert – es ist nur der eine da.«

      Helene erhob sich, um den Auftrag auszuführen, als sie die Gräfin wieder zurückrief.

      »Ach nein, bleib' da,« sagte sie, »ich habe ihn weggeschlossen.«

      »Wenn Du mir den Schlüssel giebst, Mama, hol' ich ihn.«

      »Nein, ich gehe selber, Du reißt mir sonst meine Papiere durch einander,« – und von dem Sopha aufstehend, ging sie in ihre Kammer, aus der sie gleich wieder mit dem gelb couvertirten Briefe zurückkam.

      »Da,« sagte sie, indem sie der Tochter den Brief in den Schooß warf, »nun lies selber, was die Präsidentin schreibt. Danach werden Sie sich ebenfalls überzeugen, lieber Arno, daß wir wirklich gar nicht besser thun können, als nach der Insel überzusiedeln. Die Kosten sind unbedeutend, und wir bringen in zwei Monaten reichlich die möglichen Mehr-Ausgaben wieder ein. Ehe wir aber diese Reise zusammen machen, werden Sie selber einsehen, daß es nöthig ist die Trauung vorher zu halten – schon des Geredes der Leute wegen. Nun, lies nur laut, Helene, Arno soll ebenfalls wissen, wie die Präsidentin über unseren Umzug denkt. Sie ist unendlich liebenswürdig, und bietet uns sogar an in ihrem Hause zu wohnen, bis wir uns eine eigene Wohnung hergerichtet haben.«

      Helene hatte den Brief überflogen, und sah jetzt darüber hinaus ihre Mutter groß und starr an.

      »Nun, was hast Du denn? So lies doch! Die Präsidentin schreibt doch eine ganz leserliche Hand. Aber ich vergaß – der Brief ist ja portugiesisch, und Sie verstehen ihn nicht, Arno – gieb ihn mir, ich werde ihn übersetzen.«

      »Der Brief hier,« sagte Helene mit fast tonloser Stimme, ohne ihn aus der Hand zu geben, oder ein Auge von ihrer Mutter zu verwenden, »ist nicht von Santa Catharina.«

      »Nicht von Santa Catharina?« rief die Gräfin, sich erschreckt halb vom Sopha hebend – »dann – dann habe ich die Couverts verwechselt – gieb ihn mir – gieb ihn mir!« – und in einer Aufregung, die besonders Herrn von Pulteleben staunen machte, streckte sie die Hand nach dem Briefe aus.

      »Laß ihn mir noch eine Weile, Mutter,« erwiederte aber Helene aufstehend – »er ist so interessant, daß ich ihn gern noch einmal lesen möchte – gute Nacht!« – und ehe sie die Mutter daran verhindern, oder der verblüffte Bräutigam ein Wort dagegen einwenden konnte, schritt sie durch die Stube in ihr dicht daran stoßendes Zimmer und riegelte die Thür hinter sich ab.

      »Aber ich begreife gar nicht,« sagte Herr von Pulteleben, ebenfalls aufstehend und seine Schwiegermutter in spe etwas verdutzt ansehend – »was hat nur Helene? Sie war ja auf einmal so furchtbar ernst geworden?«

      Die Gräfin wollte Etwas darauf erwiedern – wollte Herrn von Pulteleben eine ausweichende Antwort geben, aber sie vermochte es in diesem Augenblick nicht.

      »Ich bitte – lieber Arno – lassen Sie – lassen Sie mich jetzt allein,« sagte sie verstört – »ich habe mit dem Mädchen zu reden – Sie – Sie wissen, welche wunderlichen Launen sie hat.«

      »Ich möchte um Gottes willen nicht stören,« sagte der junge Mann, indem er seinen Hut ergriff – »es sollte mir unendlich leid thun, wenn ich vielleicht …«

      »Es ist Nichts – Helene ist – ein verzogenes Kind.«

      »Aber liebenswürdig verzogen,« lächelte Herr von Pulteleben in einem vollständig mißglückten Versuch, dem Gespräch eine freundlichere Richtung zu geben. Er fühlte selber, daß er in diesem Augenblick hier unten total überflüssig sei – wenn er auch noch lange nicht begriff weshalb, und in tiefen Gedanken stieg er die Treppe zu seinem eigenen Zimmer empor und legte sich zu Bett. Kaum hatte er das Zimmer verlassen, und die Gräfin hörte ihn auf den knarrenden Stufen, als sie an Helenen's Thür ging, und dort – fast wie schüchtern – anklopfte.

      »Helene!«

      Keine

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