Die Colonie: Brasilianisches Lebensbild. Dritter Band. Gerstäcker Friedrich

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Die Colonie: Brasilianisches Lebensbild. Dritter Band - Gerstäcker Friedrich

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Antwort. Im Zimmer war Alles todtenstill, und doch konnte sie durch das Schlüsselloch erkennen, daß das Licht noch drinnen brannte.

      »Helene! Sprich wenigstens mit mir!«

      Kein Laut tönte von innen heraus, und seufzend wandte sich die Frau Gräfin endlich ab und suchte ihr eigenes Lager.

      3. Auf Köhler's Chagra

      Es war noch früh am Morgen des nächsten Tages, als schon in Bohlos' Hotel die Pferde für Herrn von Schwartzau und seinen Begleiter, so wie die nöthigen Packthiere gesattelt und vorgeführt wurden, denn Günther schien jetzt ernstlich gewillt, seine noch nöthigen Arbeiten aus allen Kräften vorzunehmen und zu beenden, um damit seine sechsjährige Thätigkeit in Brasilien abzuschließen.

      Baron Jeorgy, welcher dem Hotel schräg gegenüber wohnte, hatte diese Zurüstungen gesehen, sich angezogen – er machte überhaupt jeden Morgen zu einer genau bestimmten Zeit einen genau bestimmten Spaziergang – und war hinuntergegangen, zögerte aber heute, seine gewöhnliche Bahn einzuschlagen, und hielt sich noch in der Nähe des Hotels auf, als ob er Jemanden erwarte.

      Indem er in der Straße auf und ab ging und hier und da vor einer Thür oder einem Fenster stehen blieb, um mit den dort wohnenden Handwerkern ein paar huldvolle Worte zu wechseln – er zeigte sich gern herablassend, wo er genau wußte, daß er seiner Stellung Nichts vergab – kam er auch zu Pilger's Fenster, der dahinter still und allein bei seiner Arbeit saß, und den hineingerufenen Gruß freundlich aber nur kurz erwiederte.

      »Nun, Pilger, wie geht's?« sagte der Baron, indem er seine Hand auf das Fensterbret legte – »immer so fleißig?«

      »Muß wohl, Herr Baron,« sagte der Mann, ohne von seiner Arbeit aufzusehen, »um das Bißchen Brod zu verdienen und – die Zeit todt zu schlagen. Was soll man anders thun?«

      »Hm,« sagte der Baron, der mit dieser Ansicht vom »Zeit todt schlagen« nicht so ganz einverstanden schien – »ja – ist eigentlich ein einsames Leben in der Colonie.«

      »Das weiß Gott!« seufzte der Mann aus voller Brust vor sich hin, und stach nur so viel eifriger in das Leder.

      »Apropos,« fuhr der Baron fort, der durch den Seufzer an die Familienverhältnisse des Schuhmachers erinnert wurde – »Nichts wieder gehört von Eurem Proceß?«

      »Mit der Geistlichkeit?«

      »Ja.«

      »Nicht das Geringste und – werde auch wohl Nichts wieder darüber hören, als daß Alles beim Alten bleibt. Der neue Director will so Nichts damit zu thun haben, weil er meint, gegen die Gesetze des Landes ließe sich nicht ankämpfen – der alte hätte mir vielleicht besser beigestanden. Der Herr Pastor zuckt ebenfalls mit den Schultern, da – hab' ich denn natürlich Unrecht, und kann meine Schuhe ruhig weiter flicken.«

      »Böse Geschichte,« sagte der Baron, welchem das Gespräch unangenehm wurde – »sehr böse Geschichte! Na, guten Morgen, Pilger!«

      »Guten Morgen, Herr Baron,« sagte der Mann, an sein Mützchen greifend, ohne jedoch weiter von dem Herrn Notiz zu nehmen.

      Die Straße herunter kam ein anderer Colonist, der Schneider Berthold, der für den Baron arbeitete.

      »Guten Morgen, Herr Baron! Wissen Sie's schon?« sagte der Mann, indem er vor dem Baron stehen blieb und seine Mütze abzog.

      »Guten Morgen, Meister Berthold – ob ich was weiß?«

      »Der Justus ist fort – der Kernbeutel, mein' ich, der andere Schneider – den verrückten Kerl haben Sie ja doch gekannt?«

      »Fort? Wohin? Durchgegangen?«

      »Niemand weiß es,« sagte der Mann. »Er war neulich Abends von Haus fortgegangen, um Zuhbel auf seiner Chagra zu besuchen, dort hat aber Niemand Etwas von ihm gesehen, und er ist auch seit der Zeit – es sind nun schon ein paar Tage her – nicht wieder nach Haus gekommen. Die Frau jammert nun und wehklagt, daß er sie ohne einen Groschen Geld habe sitzen lassen, und die Soldaten sind heute Morgen in der Nachbarschaft herumgeschickt, um nach ihm zu suchen, denn er ist Gott und der Welt schuldig, der Lump!«

      »Hm, hm, hm, was man nicht Alles hört – guten Morgen, Meister!« sagte der Baron, und brach das Gespräch kurz ab, denn in Bohlos' Hotelthür erschien eben der junge Fremde, der sich hier in der Colonie unter dem Namen Randolph eingeführt, und trat zu seinem Pferd, um dessen Gurt noch einmal nachzuziehen. Der Baron kam an der nämlichen Seite der Straße herauf, als ob er nur zufällig dort vorbeiging, und als er dem jungen Mann gegenüber war, blieb er stehen wandte sich gegen ihn und sagte lächelnd:

      »Ei, guten Morgen, mein junger Freund. Der gestrige Abend scheint Ihnen gut bekommen zu sein, daß Sie so früh schon wieder zur Reise gerüstet sind.«

      »Ah, guten Morgen, Herr Baron – auch schon auf?«

      »In meinem Alter muß man sich an ein regelmäßiges Leben gewöhnen, wenn man gesund bleiben will,« sagte achselzuckend der Baron. Sie jungen Leute können freilich noch mit Ihrem Körper machen was Sie wollen, ohne augenblicklich dafür gestraft zu werden. Aber wo soll die Reise hingehen, wenn man fragen darf?«

      »In den Wald,« sagte fröhlich der junge Graf, indem er den Baron leicht auf die Schulter schlug – »in den Wald, mein lieber Herr, daß ich einmal eine Zeit lang keine Schornsteine und Glasscheiben mehr zu sehen brauche. – Ich gebe Ihnen mein Wort, ich habe einen wahren Ekel vor der Civilisation.«

      »Dann wollen Sie wohl unter die Indianer gehen?« lächelte der Baron etwas verlegen, denn diese Ansichten waren ihm zu barock, als daß er ihnen hätte folgen können.

      »Vielleicht,« lachte Felix – »und ich glaube bei Gott, ich passe besser zu ihnen, als in diese erlogenen und künstlichen Verhältnisse, die wir im gewöhnlichen Leben die Gesellschaft nennen.«

      »Das sind ja wahrhaft haarsträubende Ansichten,« sagte der Baron schmunzelnd, »aber – ehe wir Sie denn für immer verlieren, um da draußen im Walde mit Federschmuck und Blasrohr umher zu laufen – und wenn Sie zurückkommen, müssen Sie mir das einmal vormachen, wie sich die Indianer auf den Rücken legen und den Bogen mit den Füßen spannen, um einen Vogel aus der Luft zu schießen – möchte ich noch eine Frage an Sie richten, lieber Graf.«

      »Graf?« sagte Felix und drehte sich ihm rasch zu.

      »Bst, bst,« lächelte der Baron – »ich weiß recht gut daß Sie ein Schelm sind – hier mein kleiner Finger hat es mir gesagt – aber ganz unter uns, versteht sich, wenn Sie nicht selber mit dem Ihnen gebührenden Rechte hier auftreten wollen – doch – eine Frage müssen Sie mir beantworten, ehe Sie gehen« – und er schob dabei seinen Arm in den des jungen Grafen und führte ihn etwas die Straße hinauf, denn er wollte sicher sein, daß sie nicht gleich gestört würden.

      »Und die ist? Ich bin doch begierig.«

      »Glauben Sie auch um Gottes willen nicht,« wehrte der Baron im Voraus jeden falschen Verdacht ab, »daß ich aus bloßer ungerechtfertigter Neugierde frage, denn ich bin ein intimer Freund der Frau Gräfin Baulen und der liebenswürdigen Comtesse, und nehme deshalb den innigsten Antheil an ihrem Wohlergehen.«

      »Das ist eine lange Vorbereitung, Herr Baron.«

      »Ich komme gleich zur Sache – Sie – machten gestern Abend der Frau Gräfin eine Entdeckung.«

      »Sie standen in der Nähe?« sagte Graf Rottack

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