Nach Amerika! Ein Volksbuch. Vierter Band. Gerstäcker Friedrich
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Читать онлайн книгу Nach Amerika! Ein Volksbuch. Vierter Band - Gerstäcker Friedrich страница 2
»Dürfte ich Sie da vielleicht um eine Auskunft bitten über Jemand, der in Ihrer Nähe wohnt? frug sie ihn, und erschrak fast, als der kleine Fremde ganz zutraulich den kleinen Steg vom Radkasten nieder und zu ihr auf die Gallerie kam. Sie machte dabei eine fast unwillkürliche Bewegung zurück, und sah sich nach ihrer Cajütenthür um, Charley aber, der die Bewegung falsch verstand, sagte freundlich:
»Hat Nichts zu sagen, mein Fräulein; ich darf überall hin, der Capitain kennt mich und ist mein intimer Freund. Habe selber erst eine kleine Reise nach Napoleon gemacht, um dort nach Sachen zu sehen, die für mich von New-Orleans heraufkamen und mit denen das Boot nahe bei Napoleon verunglückte, habe aber ziemlich Alles wieder bekommen und die ganze Geschichte gleich selber mitgenommen. Und nach wem wollten Sie sich erkundigen, wenn ich fragen darf?«
»Kennen Sie einen Graf Olnitzki, der in der Nähe der Oakland grove eine Farm hat und dort ebenfalls schon mehre Jahre ansässig ist?«
»Graf Olnitzki – Graf Olnitzki?« sagte Charley Fischer, wie er sich selbst genannt hatte, sein Kinn dabei mit der rechten Hand streichend, während er die linke tiefer und tiefer in die entsprechende Rocktasche hineinbohrte – »Graf Olnitzki – den Namen habe ich doch oft genug gehört; er muß auch schon einmal bei mir in Little Rock gewesen sein – was hat er denn nur da gewollt – ich glaube irgend etwas zum Verkauf gebracht?«
»Wahrscheinlich seine Produkte – türkischen Weizen oder Baumwolle – « sagte Fräulein von Seebald.
»Ne, ne – es war etwas anderes,« meinte Charley.
»Oder der Ertrag seiner Jagden – Hirschhäute und Bärenschinken.« —
»Ne, ne,« beharrte der kleine Deutsche, »es war was ganz absonderliches; Jemine noch einmal, daß ich mich jetzt nicht mehr darauf besinnen kann.«
»Aber das hat ja auch gar Nichts zu bedeuten. – Sie kennen jedenfalls die Lage und können mir sagen, wo ich vom Dampfboot abgehen muß den Platz am leichtesten zu erreichen. Der Capitain meinte, ich würde bis Little Rock mitfahren müssen.«
»Jedenfalls, jedenfalls,« sagte Charley schnell, »können dann bei mir logiren, ich halte auch seit einiger Zeit ein Hotel; mein Bruder hält zwar ebenfalls eins, und wir haben dadurch gewissermaßen eine Opposition gegeneinander, aber die Opposition ist ja die Seele der Gesellschaft, der Lebenstrieb, der unsere ganzen Staaten zusammenhält; was wären wir hier alle mit einander ohne Opposition?«
»Aber ich gedenke mich gar nicht in Little Rock aufzuhalten,« sagte Fräulein von Seebald ausweichend.
»Es wird aber wohl Abend werden bis wir hinkommen,« meinte Charley – »doch das können Sie sich noch überlegen; hier haben Sie jedenfalls meine Adresse.«
»Und welchen Weg schlage ich von Little Rock ein?« frug die junge Dame, mit einer leicht dankenden Verbeugung die Karte nehmend – »der Platz liegt soviel ich weiß auf der anderen Seite des Stromes – .«
»Oakland grove? – ja wohl, aber an der Straße – prächtige Straße dorthin – ein Bischen naß, wenn's geregnet hat, aber sonst breit und famos durch den Wald ausgeschlagen.«
»Und wann geht die Post dorthin ab?« frug Fräulein von Seebald.
»Die Post?« – sagte Charley, sie rasch und erstaunt dabei ansehend, setzte aber, sich besinnend, hinzu: »die Briefpost meinen Sie? – der Mailrider3 geht die Woche zweimal nach Batesville hinauf und kommt zweimal wieder.«
»Und die Fahrpost?«
»Fahrpost, hahaha« – lachte Charley, »die Bären und Panther würden ungemein erstaunt sein, wenn sie einmal eine Fahrpost zwischen sich durchrasseln hörten. Segne Ihre Seele, mein Fräulein, dahinein geht keine Fahrpost. Nichts wie ein berittener Bote, und wenn Sie nach Oakland Grove wollen, so müssen Sie entweder zu Fuß gehen oder reiten. Ihr Gepäck können Sie indessen zu mir in's Haus stellen.«
»Das wäre ja schrecklich!« rief Fräulein von Seebald.
»Oh es steht dort ganz sicher,« sagte Charley.
»Nein ich meine den Weg zu Fuß oder zu Pferde zu machen; – ich habe noch nie auf einem Pferd gesessen.«
»Das ist ganz leicht,« sagte Charley, »der linke Fuß kommt in den Steigbügel und das rechte Knie nehmen Sie, sehn Sie, so, – über die Knuppe hinauf, die an dem Damensattel sitzt, dann können Sie gar nicht herunter fallen, und hängen oben wie eine Klette.«
»Und wie weit ist der Platz von Little Rock?«
»Oakland Grove?«
»Nein, wo Graf Olnitzki wohnt?«
»Ja das weiß ich wahrhaftig nicht genau,« sagte Charley achselzuckend, »ich bin nach der Richtung hin noch gar nicht gekommen; aber dahin müssen Sie sich doch einen Führer mit Pferden nehmen, und Ihr Herr Gemahl – Sie sind doch verheirathet, wenn ich fragen darf?«
Die Frage kam so plötzlich, daß Amalie von Seebald unwillkürlich darüber erröthete, aber lächelnd antwortete:
»Nein; ich bin nicht verheirathet.«
»Aber Sie haben doch jedenfalls Begleitung,« sagte Charley.
»Ich bin ganz allein,« erwiederte die Dame.
»Ganz allein? – und wollen ganz allein in den Wald hinein?«
»Und warum nicht?«
»Nu hören Sie, das nehmen Sie mir nicht übel,« sagte Charley, freundlich lächelnd, »das ist denn nun doch wohl blos Ihr Spaß?«
»Aber weshalb um Gottes Willen?« frug Fräulein von Seebald wirklich beunruhigt über das ganze Wesen des Mannes – »was kann mir denn im Wald geschehn? Sind noch Indianer dort?«
»Indianer? – nein; am Fluß lagern vielleicht welche, aber die stehn unter Aufsicht und sind harmlos.«
»Oder wilde Thiere?«
»Nun ja, es giebt wohl Bären und Panther da, aber man hört doch selten davon daß sie Jemanden angefallen haben.«
»Was sollte mich also sonst hindern?«
»Ih nun ja« sagte Herr Fischer – »es ist wahr, es ginge schon, aber – ich weiß doch nicht, ich möchte nicht alleine und ohne Gewehr nach Oakland Grove und von da noch weiter in den Wald hinein gehn, und ich bin doch nun schon zwölf Jahr in Arkansas. Überhaupt, es ist nirgends besser wie in Little Rock; das ist ein capitaler Fleck und sollte mich gar nicht wundern, wenn es einmal die erste Stadt in der Union würde. Nachher ist aber Charley Fischer am Platz, denn ich habe eine ganze Parthie Lots gekauft und die müssen einmal einen heillosen Werth bekommen.«
»Aber es hat doch ungemein viel Romantisches, so allein durch den Wald zu gehn« sagte Fräulein von Seebald.
»Romantisches, Du lieber Gott« erwiederte achselzuckend der kleine praktische Mann, »das kauf ich nicht theuer, denn das bringt Nichts ein. Habe schon mehre Leute hier gekannt – auch deutsche junge
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