Frau Bovary. Gustave Flaubert

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Frau Bovary - Gustave Flaubert

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Segen sollen Sie haben!“ fuhr der Gutspächter fort. „Meine Kleine denkt gewiß nicht anders als ich, aber gefragt werden muß sie. Reiten Sie getrost nach Hause. Ich werde sie gleich mal ins Gebet nehmen. Wenn sie Ja sagt, – wohlverstanden! – brauchen Sie jedoch nicht umzukehren. Wegen der Leute nicht, und auch weil sie sich erst ein bißchen beruhigen soll. Damit Sie aber nicht zu lange Blut schwitzen, will ich Ihnen ein Zeichen geben: ich werde einen Fensterladen gegen die Mauer klappen lassen. Wenn Sie da oben über die Hecke gucken, können Sie das ungesehen beobachten!“

      Damit ging er.

      Karl band seinen Schimmel an einen Baum; kletterte die Böschung hinauf und stellt sich auf die Lauer, die Taschenuhr in der Hand. Eine halbe Stunde verstrich – und dann noch neunzehn Minuten … Da gab es mit einem Male einen Schlag gegen die Mauer. Der Laden blieb sperrangelweit offen und wackelte noch eine Weile.

      Am andern Morgen war Karl vor neun Uhr in Bertaux. Emma wurde über und über rot, als sie ihn sah. Sie lächelte gezwungen ein wenig, um ihre Fassung zu bewahren. Rouault umarmte seinen künftigen Schwiegersohn. Die Besprechung der geschäftlichen Punkte wurde verschoben. Übrigens war noch viel Zeit dazu, da die Hochzeit anstandshalber vor Ablauf von Karls Trauerjahr nicht stattfinden konnte, das hieß, nicht vor dem nächsten Frühjahr.

      In dieser Erwartung verging der Winter. Fräulein Rouault beschäftigte sich mit ihrer Aussteuer. Ein Teil davon wurde in Rouen bestellt. Die Hemden und Hauben stellte sie nach Schnitten, die sie sich lieh, selbst her. Wenn Karl zu Besuch kam, plauderte das Brautpaar von den Vorbereitungen zur Hochzeitsfeier. Es wurde überlegt, in welchem Raume das Festmahl stattfinden, wieviel Platten und Schüsseln auf die Tafel kommen und was für Vorspeisen es geben solle.

      Am liebsten hätte es Emma gehabt, wenn die Trauung auf nachts zwölf Uhr bei Fackelschein festgesetzt worden wäre; aber für solche Romantik hatte Vater Rouault kein Verständnis. Man einigte sich also auf eine Hochzeitsfeier, zu der dreiundvierzig Gäste Einladungen bekamen. Sechzehn Stunden wollte man bei Tisch sitzen bleiben. Am nächsten Tage und an den folgenden sollte es so weitergehen.

      Viertes Kapitel

      Die Hochzeitsgäste stellten sich pünktlich ein, in Kutschen, Landauern, Einspännern, Gigs, Kremsern mit Ledervorhängen, in allerlei Fuhrwerk moderner und vorsintflutlicher Art. Das junge Volk aus den nächsten Nachbardörfern kam tüchtig durchgerüttelt im Trabe in einem Heuwagen angefahren, aufrecht in einer Reihe stehend, die Hände an den Seitenstangen, um nicht umzufallen. Etliche eilten zehn Wegstunden weit herbei, aus Goderville, Normanville und Cany. Die Verwandten beider Familien waren samt und sonders geladen. Freunde, mit denen man uneins gewesen, versöhnte man, und es war an Bekannte geschrieben worden, von denen man wer weiß wie lange nichts gehört hatte.

      Immer wieder vernahm man hinter der Gartenhecke Peitschengeknall. Eine Weile später erschien der Wagen im Hoftor. Im Galopp ging es bis zur Freitreppe, wo mit einem Rucke gehalten wurde. Die Insassen stiegen nach beiden Seiten aus. Man rieb sich die Knie und turnte mit den Armen. Die Damen, Hauben auf dem Kopfe, trugen städtische Kleider, goldne Uhrketten, Umhänge mit langen Enden, die sie sich kreuzweise umgeschlagen hatten, oder Schals, die mit einer Nadel auf dem Rücken festgesteckt waren, damit sie hinten den Hals frei ließen. Die Knaben, genau so angezogen wie ihre Väter, fühlten sich in ihren Röcken sichtlich unbehaglich; viele hatten an diesem Tage gar zum ersten Male richtige Stiefel an. Ihnen zur Seite gewahrte man vierzehn- bis sechzehnjährige Mädchen, offenbar ihre Basen oder älteren Schwestern, in ihren weißen Firmelkleidern, die man zur Feier des Tages um ein Stück länger gemacht hatte, alle mit roten verschämten Gesichtern und pomadisiertem Haar, voller Angst, sich die Handschuhe nicht zu beschmutzen. Da nicht Knechte genug da waren, um all die Wagen gleichzeitig abzuspannen, streiften die Herren die Rockärmel hoch und stellten ihre Pferde eigenhändig ein. Je nach ihrem gesellschaftlichen Range waren sie in Fräcken, Röcken oder Jacketts erschienen. Manche in ehrwürdigen Bratenröcken, die nur bei ganz besonderen Festlichkeiten feierlich aus dem Schranke geholt wurden; ihre langen Schöße flatterten im Winde, die Kragen daran sahen aus wie Halspanzer, und die Taschen hatten den Umfang von Säcken. Es waren auch Jacken aus derbem Tuch zum Vorschein gekommen, meist im Verein mit messingumränderten Mützen; fernerhin ganz kurze Röcke mit zwei dicht nebeneinandersitzenden großen Knöpfen hinten in der Taille und mit Schößen, die so ausschauten, als habe sie der Zimmermann mit einem Beile aus dem Ganzen herausgehackt. Ein paar (einige wenige) Gäste – und das waren solche, die dann an der Festtafel gewiß am alleruntersten Ende zu sitzen kamen – trugen nur Sonntagsblusen mit breitem Umlegekragen und Rückenfalten unter dem Gürtel.

      Die steifen Hemden wölbten sich über den Brüsten wie Kürasse. Durchweg hatte man sich unlängst das Haar schneiden lassen (um so mehr standen die Ohren von den Schädeln ab!), und alle waren ordentlich rasiert. Manche, die noch im Dunkeln aufgestanden waren, hatten offenbar beim Rasieren nicht Licht genug gehabt und hatten sich unter der Nase die Kreuz und die Quer geschnitten oder hatten am Kinn Löcher in der Haut bekommen, groß wie Talerstücke. Unterwegs hatten sich diese Wunden in der frischen Morgenluft gerötet, und so leuchteten auf den breiten blassen Bauerngesichtern große rote Flecke.

      Das Gemeindeamt lag eine halbe Stunde vom Pachthofe entfernt. Man begab sich zu Fuß dahin und ebenso zurück, nachdem die Zeremonie in der Kirche stattgefunden hatte. Der Hochzeitszug war anfangs wohlgeordnet gewesen. Wie ein buntes Band hatte er sich durch die grünen Felder geschlängelt. Aber bald lockerte er sich und zerfiel in verschiedene Gruppen, von denen sich die letzten plaudernd verspäteten. Ganz vorn schritt ein Spielmann mit einer buntbebänderten Fiedel. Dann kamen die Brautleute, darauf die Verwandten, dahinter ohne besondre Ordnung die Freunde und zuletzt die Kinder, die sich damit vergnügten, Ähren aus den Kornfeldern zu rupfen oder sich zu jagen, wenn es niemand sah. Emmas Kleid, das etwas zu lang war, schleppte ein wenig auf der Erde hin. Von Zeit zu Zeit blieb sie stehen, um den Rock aufzuraffen. Dabei las sie behutsam mit ihren behandschuhten Händen die kleinen stacheligen Distelblätter ab, die an ihrem Kleide hängen geblieben waren. Währenddem stand Karl mit leeren Händen da und wartete, bis sie fertig war. Vater Rouault trug einen neuen Zylinderhut und einen schwarzen Rock, dessen Ärmel ihm bis an die Fingernägel reichten. Am Arm führte er Frau Bovary senior. Der alte Herr Bovary, der im Grunde seines Herzens die ganze Sippschaft um sich herum verachtete, war einfach in einem uniformähnlichen einreihigen Rock erschienen. Ihm zur Seite schritt eine junge blonde Bäuerin, die er mir derben Galanterien traktierte. Sie hörte ihm respektvoll zu, wußte aber in ihrer Verlegenheit gar nicht, was sie sagen sollte. Die übrigen Gäste sprachen von ihren Geschäften oder ulkten sich gegenseitig an, um sich in fidele Stimmung zu bringen. Wer aufhorchte, hörte in einem fort das Tirilieren des Spielmannes, der auch im freien Felde weitergeigte. Sooft er bemerkte, daß die Gesellschaft weit hinter ihm zurückgeblieben war, machte er Halt und schöpfte Atem. Umständlich rieb er seinen Fiedelbogen mit Kolophonium ein, damit die Saiten schöner quietschen sollten, und dann setzte er sich wieder in Bewegung. Er hob und senkte den Hals seines Instruments, um recht hübsch im Takte zu bleiben. Die Fidelei verscheuchte die Vögel schon von weitem.

      Die Festtafel war unter dem Schutzdache des Wagenschuppens aufgestellt. Es prangten darauf vier Lendenbraten, sechs Schüsseln mit Hühnerfrikassee, eine Platte mit gekochtem Kalbfleisch, drei Hammelkeulen und in der Mitte, umgeben von vier Leberwürsten in Sauerkraut, ein köstlich knusprig gebratenes Spanferkel. An den vier Ecken des Tisches brüsteten sich Karaffen mit Branntwein, und in einer langen Reihe von Flaschen wirbelte perlender Apfelweinsekt, während auf der Tafel bereits alle Gläser im voraus bis an den Rand vollgeschenkt waren. Große Teller mit gelber Creme, die beim leisesten Stoß gegen den Tisch zitterte und bebte, vervollständigten die Augenweide. Auf der glatten Oberfläche dieses Desserts prangten in umschnörkelten Monogrammen von Zuckerguß die Anfangsbuchstaben der Namen von Braut und Bräutigam. Für die Torten und Kuchen hatte man einen Konditor aus Yvetot kommen lassen. Da dies sein Debüt in der Gegend war, hatte er sich ganz besondre Mühe gegeben. Beim Nachtisch trug er eigenhändig ein Prunkstück seiner Kunst auf, das ein allgemeines „Ah!“ hervorrief. Der Unterbau aus blauer Pappe stellte ein von Sternen aus Goldpapier übersätes Tempelchen dar, mit einem

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