Die Gespenstersonate. August Strindberg

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Die Gespenstersonate - August Strindberg

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das war er; der zweite sind Sie – ist es möglich, daß Sie ein Verwandter von Großhändler Arkenholz sind?

      DER STUDENT. Er war mein Vater.

      DER GREIS. Wunderlich sind die Wege des Schicksals … ich habe Sie als kleines Kind unter sehr schwierigen Verhältnissen gesehen …

      DER STUDENT. Freilich, ich bin wohl mitten in einem Bankrott zur Welt gekommen …

      DER GREIS. Das stimmt.

      DER STUDENT. Dürfte ich um Ihren Namen bitten?

      DER GREIS. Ich bin Direktor Hummel.

      DER STUDENT. Sind Sie … Da entsinne ich mich …

      DER GREIS. Sie haben meinen Namen oft in Ihrer Familie nennen hören?

      DER STUDENT. Ja.

      DER GREIS. Und vielleicht mit einem gewissen Unwillen nennen hören?

      DER STUDENT schweigt.

      DER GREIS. Ja, das kann ich mir denken! – Man sagte wohl, ich hätte Ihren Vater ruiniert? – Alle, die sich durch dumme Spekulationen ruinieren, glauben sich von dem ruiniert, den sie nicht haben übervorteilen können. Pause. Es verhält sich indessen so, daß Ihr Vater mich um 17000 Kronen brachte, die damals meine ganzen Ersparnisse ausmachten.

      DER STUDENT. Es ist sonderbar, wie Geschichten auf zwei ganz verschiedene Weisen erzählt werden können.

      DER GREIS. Sie glauben doch nicht, daß ich die Unwahrheit rede?

      DER STUDENT. Was soll ich glauben? Mein Vater log nicht!

      DER GREIS. Das ist so wahr! Ein Vater lügt nie … aber ich bin auch Vater … folglich …

      DER STUDENT. Wo wollen Sie hinaus?

      DER GREIS. Ich errettete Ihren Vater aus dem Elend, und er belohnte mich mit dem ganzen entsetzlichen Haß der Dankesschuld … er lehrte seine Familie, mich zu hassen.

      DER STUDENT. Vielleicht trieben Sie ihn zur Undankbarkeit, indem Sie die Hilfe mit unnötigen Demütigungen vergifteten.

      DER GREIS. Jegliche Hilfe ist Demütigung, mein Herr!

      DER STUDENT. Was verlangen Sie von mir?

      DER GREIS. Ich fordere kein Geld; wenn Sie mir aber kleine Dienste leisten wollen, so bin ich wohl bezahlt. Sie sehen mich als Krüppel; einige sagen, es sei mein eigener Fehler, andere schieben die Schuld auf meine Eltern. Ich möchte glauben, daß es das Leben selbst mit seiner Hinterlist ist, denn weicht man der einen Falle aus, so geht man geradeswegs in die andere hinein. Indessen, ich kann keine Treppen laufen, nicht an Türglocken klingeln, deswegen sage ich: helfen Sie mir!

      DER STUDENT. Was kann ich tun?

      DER GREIS. Erstens: schieben Sie meinen Stuhl so, daß ich die Anschlagzettel lesen kann; ich will sehen, was heute abend gespielt wird.

      DER STUDENT schiebt den Rollstuhl. Haben Sie keinen Diener bei sich?

      DER GREIS. Freilich, aber er macht eine Besorgung … kommt gleich zurück … Ist der Herr Mediziner?

      DER STUDENT: Nein, ich studiere Sprachen, weiß übrigens nicht, was ich werden soll …

      DER GREIS. Hahaha! – Können Sie Mathematik?

      DER STUDENT. Ja, so ziemlich.

      DER GREIS. Das ist gut! – Möchten Sie vielleicht eine Anstellung haben?

      DER STUDENT. Ja, warum nicht?

      DER GREIS liest die Anschlagzettel. Die Walküre wird als Nachmittagsvorstellung gegeben … Dann ist der Oberst mit der Tochter da, und da er immer am äußersten Ende der sechsten Reihe sitzt, so setze ich Sie daneben … Wollen Sie in den Telephonkiosk dort gehen und eine Karte auf der sechsten Bank, Nummer 82 bestellen?

      DER STUDENT. Soll ich heute mittag in die Oper gehen?

      DER GREIS. Ja, und Sie sollen mir gehorchen, dann wird es Ihnen wohl ergehen! Ich will, daß Sie glücklich, reich und geehrt werden; Ihr Debüt gestern als der mutige Retter macht Sie morgen berühmt, und da ist Ihr Name viel wert.

      DER STUDENT geht nach dem Telephonkiosk. Das ist ja ein lustiges Abenteuer …

      DER GREIS. Sind Sie Sportsmann?

      DER STUDENT. Ja, das war mein Unglück …

      DER GREIS. Dann soll es sich in Glück verwandeln! – Telephonieren Sie jetzt! Er liest seine Zeitung.

      Die dunkelgekleidete Dame ist auf den Bürgersteig hinausgetreten und spricht mit der Pförtnersfrau; der Greis lauscht, aber das Publikum hört nichts.

      DER STUDENT kommt zurück.

      DER GREIS. Ist die Sache klar?

      DER STUDENT. Es ist besorgt.

      DER GREIS. Sehen Sie das Haus da?

      DER STUDENT. Ich habe es betrachtet … ich ging hier gestern vorüber, als die Sonne in die Fenster schien – und indem ich mir all die Schönheit und den Luxus vorstellte, die da drinnen herrschen – sagte ich zu meinem Kameraden: Wer jetzt eine Wohnung dort hätte, vier Treppen hoch, eine schöne junge Frau, zwei liebe kleine Kinder und 20000 Kronen Zinsen …

      DER GREIS. Haben Sie das gesagt? Haben Sie das gesagt? Sehen Sie! auch ich liebe das Haus …

      DER STUDENT. Spekulieren Sie in Häusern?

      DER GREIS. Hm – ja! Aber nicht auf die Weise, wie Sie meinen …

      DER STUDENT. Kennen Sie die Leute, die dort wohnen?

      DER GREIS. Alle. In meinem Alter kennt man alle Menschen, ihre Väter und Vorfahren, und man ist immer auf irgendeine Weise mit ihnen verwandt – ich bin kürzlich achtzig Jahre alt geworden – aber niemand kennt mich richtig – ich interessiere mich für die Schicksale der Menschen …

      Das Rouleau im runden Salon wird in die Höhe gezogen: man sieht den Obersten drinnen in Zivil; nachdem er nach dem Thermometer gesehen, geht er in das Zimmer zurück und bleibt vor der Marmorstatue stehen.

      DER GREIS. Sehen Sie, da ist der Oberst, neben dem Sie heute mittag sitzen sollen …

      DER STUDENT. Ist das – der Oberst? Ich begreife nichts von dem Ganzen, aber es ist wie ein Märchen …

      DER GREIS. Mein ganzes Leben ist wie ein Märchenbuch, mein Herr; aber obwohl die Märchen verschieden sind, so hängen sie durch einen Faden zusammen, und das Leitmotiv kehrt regelmäßig wieder.

      DER STUDENT. Wer ist die Marmorstatue da drinnen?

      DER GREIS. Das ist natürlich seine Frau …

      DER STUDENT. War sie denn so liebenswert?

      DER GREIS. Hm – ja! Freilich.

      DER STUDENT. Erklären Sie sich!

      DER GREIS. Wir vermögen nicht

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