Die Last. Georg Engel

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Die Last - Georg Engel

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wenn du draußen bist!«

      »Elsing – unsere Wirtschaft leidet darunter – ich muß –«

      »Ja, ja – die Wirtschaft – immer die Wirtschaft,« stieß die Kranke hervor und fiel erschöpft in ihre Kissen zurück, »und ich liege hier in meinem Elend – zwei Jahre – zwei ganze Jahre schon, und keiner hilft mir, keiner, zur Last falle ich jedem – auch dir –«

      »Elsing, ich –«

      »Ja, auch dir,« fuhr sie atemlos fort, »ich merk’ das sehr wohl – du hast nur Mitleid für mich – nur Mitleid. Und wir haben uns doch aus Liebe geheiratet.«

      Er war zögernd an ihr Bett getreten und plötzlich umschlang sie seinen Hals: »O Gott – o Gott, ich bin wohl sehr häßlich geworden?« forschte sie, am ganzen Leibe zitternd. »Nicht wahr, gesteh’s nur ganz offen.«

      »Elsing,« – die Stimme des Mannes zitterte leicht. Er hatte sich auf den Bettrand gesetzt und ließ ein paar Strähnen ihrer langen, blonden Haare durch seine Finger gleiten. »Elsing,« beteuerte er dann, »für mich bist du noch so schön, wie in der ersten Stunde – sieh doch bloß deine langen, weichen Flechten – und der kleine Mund und die lieben, blauen Augen – alles so hübsch, mein armes Kind.«

      Es mußte ihn doch übermannt haben, denn er schloß sein Weib in beide Arme und küßte es zärtlich auf die Lippen. Die Kranke schmiegte sich befriedigt an seine Brust und für einen Augenblick schien sie beglückt und hoffnungsfreudig. Wenigstens wandte sie sich bald auf die Seite und forderte ihn mit ihrer erregten Stimme auf: »Wilms, gib mir die Bibel von dem Tisch – so, und nun geh – geh nur und schlag ein Auge auf die Wirtschaft – es muß ja doch sein.«

      Da ging der Mann schwerfällig hinaus; allein als sich die Tür geschlossen hatte, blieb er stehen und lauschte zurück.

      Und trübe schüttelte er den Kopf. – Mit welch fieberhafter, leidenschaftlicher Glut sein Weib dort drinnen las. Sie sang beinahe; – ekstatisch, wie berauscht tönten die heiligen Worte:

      ›Und siehe, ein Weib, das zwölf Jahre siech war, trat zu ihm und rührete seines Kleides Saum an.

      Da wandte sich Jesus um und sahe sie und sprach: Sei getrost, meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Und das Weib ward gesund zur selbigen Stunde.‹

      »Und ward gesund zur selbigen Stunde,« wiederholte es drinnen, wie verzückt. Dann einen Moment Stille, aber plötzlich mit herzzerreißendem Schluchzen: »O Gott – und ward gesund – lieber – lieber – Gott.«

       Inhaltsverzeichnis

      Als Wilms auf den Hof heraustrat, atmete er tief auf. Hier wehte doch frische Luft, hier beengte ihn die Hitze der Krankenstube nicht mehr, und erfrischend rieselte der Regen auf sein entblößtes Haupt.

      Merkwürdig. – Er hatte doch schon so oft mitten auf seinem Gehöft gestanden, aber heute befiel ihn zum erstenmal der Gedanke, daß all sein Hab, Häuser und Scheunen, Ställe und Gerätschaften, Menschen und Vieh wie von einem drückenden Traum befangen wären.

      Es zerfiel und zerbröckelte alles, es wurde morsch und verging. – Und er selbst?

      Erschreckt fuhr er auf.

      Drüben in dem Strohdach der Kornscheuer klaffte eine beträchtliche Spalte. Ungehindert floß der Regen hindurch und machte ihm die Wintersaat faulen. Keiner meldete ihm den Schaden, er selbst hatte ihn nicht bemerkt.

      Früher war er als der werktätigste Landwirt Vorpommerns bekannt gewesen; er allein wußte, wie durch Zauber, dem fetten Boden dreifach die goldigen, Nahrung bringenden Körner abzugewinnen; jetzt stand es anders. – Es ging bergab mit ihm.

      Ein Lastwagen lag in einer Ecke des Hofes auf drei Rädern. Das vierte gebrochen daneben. – Ob man nach dem Stellmacher geschickt hatte?

      Gerade schlich ein Knecht hinter dem Gefährt träge dahin, Wilms rief ihn laut an; aber der Mann wußte von nichts, und schon wollte ihn der Landwirt mit einem kräftigen Fluch zurechtweisen, da dachte er an die Kranke, und beinahe flüsternd befahl er dem Manne, den Stellmacher zu holen.

      Der Knecht trottete davon, und Wilms setzte seine grobe Mütze auf und schritt schwerfällig die Landstraße entlang. Zu beiden Seiten dehnten sich seine Felder.

      Auf das braunschollige Ackerland rauschte hörbar der Regen, und nur allmählich vermochte der Landwirt seine Leute zu erkennen, so dicht wogte der schwere Nebel um sie herum. Grau und gespenstig tauchten Männer und Frauen aus den Wolken hervor, und verschwanden bald wieder, als hätte sie der Boden eingesogen.

      »Wie steht’s mit den Kartoffeln, Karl?« fragte Wilms endlich einen jungen, flachsköpfigen Burschen, der tiefgebückt die gesammelten Knollen in einen Korb warf.

      »Der Herr weiß ja – der Regen – es dauert schon zu lang.«

      »Ja, ja« – Wilms ballte die Fäuste, und in sein ernstes, ehrliches Antlitz gruben sich tiefe Falten. Wie er sich jetzt langsam und ermüdet auf einen eisernen Pflug niederließ, der auf dem kotigen Acker herumlag, da hätte man ihn für einen alten, gebrochenen Mann halten können. Und er zählte doch erst zweiunddreißig Jahre und stand in der Blüte der Kraft.

      Und die Nebel krochen um ihn herum, formten sich, ballten sich, und es war, als ob sie ein häßliches, graues Weib bildeten, zahnlos, mit wackelndem Kopf – eine dürre Vettel, wohlbekannt allen Bedrückten – die Not, die grinsende Not, und sie hinkte auf ihn zu und streichelte ihn.

      Er sank immer tiefer in sich zusammen und ließ seine Leute schaffen, was sie wollten.

      Da klang Wagengerassel die Landstraße herab. Ein elendes, ächzendes Gefährt näherte sich, und herab stieg ein wohlbeleibter Mann mit grauem Stoppelbart, und in den Stoppeln saß ein sehr rotes, verschwollenes Gesicht, aus dem ein Paar wässerige Äuglein und eine Hakennase lustig hervorlugten. Der Ankömmling hieß »Herr Rosenblüt«, klimperte im Augenblick mit einer dicken goldenen Kette und war der Kompagnon einer in dem Landstädtchen Grimmen sehr angesehenen Viehexportfirma. – Ein gesetzter, umgänglicher Mann.

      Heute zeigte sich der Viehhändler indes sehr aufgeregt. Er schritt gleich auf den Landmann zu und pflanzte sich prustend und atemholend vor ihm auf.

      »Herr Wilms,« begann er unvermittelt und fuchtelte mit seinem Stock hin und her. »Was soll das heißen? – Was ist denn geschehen – bei Ihnen zu Haus? Als ich vorbeigefahren bin ...«

      »Doch nicht meine Frau?« stammelte Wilms und sprang auf – »nicht wahr? – So sagen Sie’s doch,« wiederholte der unglückliche Mann heiser.

      »Nein, nein, nicht Ihre Frau – ich meine bloß – – es ist da einer von den Blauen, von den Gerichtsvollziehern. Na kommen Sie schnell auf meinen Wagen« – und leise setzte er hinzu: »Was wollen Sie erst einen Aufstand vor Ihren Leuten machen? Beeilen Sie sich, Herr Wilms.« Bald knarrte und ächzte das Fuhrwerk auf Wilms’ Gehöft zu, und Herr Rosenblüt saß neben dem Besitzer und starrte ihm ängstlich ins Gesicht, bis sie den Wirtschaftshof erreicht hatten.

      Hier hielt der Wagen, und der Bauer sprang herab und blickte sich scheu um.

      Mitten

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