Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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so war es hier Unwille und beleidigter Stolz, der vorzüglich zum Grunde lag. Unwille und Zorn, daß fremde Söldlinge eines Mannes, den sie sich nicht besser dachten, als sich selbst, es wagen durften, ihr friedliches Land als Feinde zu betreten und ihnen eine Stadt und ein Flußgebiet wegnehmen zu wollen, die sie ehrlich mit ihrem Gelde bezahlt und deren sie bedurften, um ihre Produkte zu Markte zu bringen.

      Weniger war es Furcht, ihr Eigentum zerstört oder ihre Wohnungen geplündert zu sehen. Ihre fahrende Habe konnten sie leicht auf einigen Wagen in das Innere der Wälder schaffen, in die zu dringen auch der verwegenste Feind nicht wagen durfte, und ihre zerstörten Wohnungen würden mit Hilfe einiger Nachbarn in kurzer Zeit wieder hergestellt worden sein. Dieser Feinde, gleich reißender Tiere, die in ihr Gehöfte eingedrungen, sich zu entledigen, war eigentlich was man ihre Meinung über diesen Punkt nennen konnte.

      Es war an einem hellen, frischen Dezembermorgen; die Strahlen der Sonne hatten gerade hinlängliche Kraft, die Nebel und Dünste zu zerstreuen, die sich in dieser Jahreszeit über die Flüsse und Seen dieses Landstriches häufig wochenlang hinlagern. Im Countystädtchen von Opelousas gab es einen gewaltigen Auflauf. Es schien wunderbar, woher die vielen Menschen aus der dünn bevölkerten Gegend gekommen waren, und wer so in die Mitte des Gedränges von Männern, Weibern und Kindern hineingeworfen worden wäre, dürfte schwerlich erraten haben, was die Veranlassung dieses plötzlichen und sich noch immer mehrenden Zudranges sein mochte. Nach dem schmählichen Trinken, Tanzen, Fechten und den Bocksprüngen zu schließen, hatte eine Art Kirchweihe statt; aber es waren auch Waffen zu sehen; ganze Kompagnien hatten sich gebildet, und jeder hatte wenigstens etwas Militärisches bei oder an sich. Einige hatten Uniformen noch aus dem ersten Revolutionskriege, die nun etwas länger als dreißig Jahre am Leben waren, andere schulterten, stellten sich in Reih und Glied und wurden von einem selbstgewählten Leutnant in einen Winkel hineinmanövriert, aus dem herauszubringen ihm nur das Kommandowort fehlte. Ein anderes Korps hatte als Feldmusik einen Geiger, der, wütend auf seinen zwei Saiten streichend, stolz neben dem zeitweilig geschaffenen Kapitän einherschritt. Die sich noch nicht an eine Truppe angeschlossen hatten, schulterten ihre Stutzen, Vogelflinten oder eine alte Reiterpistole, an der bloß das Schloß fehlte, und die, welchen auch diese Bewaffnung mangelte, hatten sich mit einem tüchtigen Knüttel versehen.

      Dies waren jedoch nur Außenposten. In der Mitte des Städtchens war dem Anschein nach der Kern der Bürger in zwei dichten Haufen versammelt. Der eine, der aus den jüngern Männern bestand, hatte sein Hauptquartier vor einer Schenke aufgeschlagen, deren Bestimmung durch eine Art Schild angedeutet war, dessen Malerei, nach unserer festen Überzeugung, weder Denon noch Champollion zu entziffern gelungen wäre. Unter diesem war, für die, welche es lesen konnten, geschrieben, daß hier Einkehr für Mann und Vieh zu haben sei. Im Innern dieses Etablissements war eine zweite Geige zu hören, die jedoch, weniger kriegerisch, sich begnügte, den Hopsasa aufzuführen und einem Tanze Leben zu geben, der so ziemlich mit dem Marsch der ersten Geige gleichen Schritt hielt.

      Die andere Gruppe, allem Anschein nach ernster gestimmt, hatte sich einen respektablern Standpunkt gewählt, und zwar vor einem der Krämerladen des Städtchens, der, als Miscellaneen, ein Dutzend irdene Krüge, einen Kegel Kautabak, ein Faß Whisky und ein Fäßchen Pulver und Blei enthielt, mit einigen Wollhüten, einigen Paaren Schuhe und einem Schock Messer, Gabeln und Löffel.

      Über der Türe war ein Brett mit der Inschrift aufgenagelt: Neuer Laden, wohlfeil für bar Geld, und an der Mauer des baufälligen Framehauses war mit Kreide geschrieben: Whisky, Brandy, Tabacco, Postoffice.

      Auf einem Baumstumpfe stand ein Mann, der, seinem neuen Kastorhute, frisch gewaschenen Hemdkragen und nagelneuen pompadurroten Fracke und seinen Beinkleidern nach zu schließen, auf nichts weniger als auf eine der von dem souveränen Volke zu vergebenden Offizierstellen Anspruch machte. Nahe an diesem erhöhten Standpunkte standen einige andere, deren elegantes Äußere ähnliche Ansprüche zur Schau trug, was auch die Ungeduld, mit der sie den Redner anhörten, noch mehr bekräftigte.

      Verhältnismäßig herrschte hier Ruhe und Ordnung, den Lärm der Tanzenden ausgenommen, und ein gelegentliches Gebrüll des einen oder des andern Zechers, der im Doppeltschritte durch den Kot hin und her marschierte, mit dem die einzige Straße des Städtchens knietief gepflastert war. Zuweilen wurde auch diese Stille durch die Insubordination der erwähnten Quasikompagnie, die außerhalb des Städtchens manövrierte, oder durch die gellende Stimme eines Weibes oder Mädchens unterbrochen, das Pfefferkuchen, Äpfel und Zider ausschrie. Alle diese Hindernisse schien jedoch die Lunge des gegenwärtigen Redners für nichts zu achten, und er begann mit einer brüllenden Stimme zu verkünden, wie er diese verdammten Briten züchtigen wolle, die er mehr als Polkatzen verabscheue. Er war gerade im besten Zuge, dieses recht augenscheinlich darzutun, als er durch ein lautes »Hallo!« zweier Kumpane unterbrochen wurde, die bereits lange durch die Straßen geschwankt und gerollt und gestolpert, sich weit gegen den Waldsaum zu verloren hatten, und nun plötzlich so laut zu schreien und so schnell zu rennen anfingen, als es ihr einigermaßen überladener Zustand gestattete.

      Die Worte: »halt, verdammte Rothaut!« wurden deutlich vernommen. Dies waren natürlich zu interessante Töne, um nicht bei Hinterwäldlern angenehme Empfindungen zu erregen, und so schlichen denn ein Dutzend Zuhörer den beiden nach, »just um zu sehen, was die verdammten Narren vorhätten, und warum sie so verteufelten Lärmen machten.« Es dauerte nicht lange, so wurden mehrere von demselben löblichen Verlangen getrieben, vielleicht ein tüchtiges Boxen zu sehen, und zuletzt blieben bloß einige dreißig noch um den Redner. Das böse Beispiel hatte unter den Jüngern schnell und reißend um sich gegriffen: auch in den beiden Korps, die sich dem Waldrande genähert hatten, war Insubordination ausgebrochen, und ein Drittel der exerzierenden Mannschaft kam dem Walde zugelaufen. – Nur die zweite Gruppe vor dem Krämerladen hielt ernst beisammen.

      Aus den dunkeln Zypressenwäldern, die sich etwa eine Viertelmeile vom Ufer des Atchafalaya gegen Süden hinabziehen, war eine Figur zum Vorschein gekommen, die, nach ihrer Kleidung zu schließen, der roten Rasse angehörte. Der Wilde hatte sich scheu am Rande des Waldes hingeschlichen, um sich der Stadt zu nähern, war aber wahrscheinlich durch den wüsten Lärmen abgeschreckt worden, die Straße heraufzukommen, und hatte einen Seitenweg über ein Kottonfeld eingeschlagen. Gerade aber, als er die Umzäunung überklettern wollte, hatte ihn das Auge der erwähnten zwei Spaziergänger erfaßt, die, obwohl ihre Köpfe bereits ziemlich vom Whiskygeiste erfüllt waren, kaum den Indianer ersehen hatten, als sie auf ihn zugesprungen kamen. Der eine hatte jedoch erst sein Pintglas hinter dem Zaun in Sicherheit zu bringen; dann folgte er seinem Vorläufer, der, ein schnellfüßiger Sohn des Westens, den Indianer bereits in seinen Klauen hatte. Dieser schien so erschöpft zu sein, daß er augenscheinlich nicht mehr viel weiter konnte. Der schwankende Zustand seines Verfolgers mochte ihm jedoch nicht entgangen sein, und so gab er ihm vorläufig einen Ruck, der den Hinterwäldler der Länge nach in den Kot hinstreckte. »Halt!« schrie er nun von seiner Lagerstätte auf, »oder ich will deine Backenknochen so einrichten, daß dir das Essen eine ganze Woche vergehen soll.«

      Der Indianer schien die Sprache zu verstehen und hielt, jedoch nicht ohne sich vorher in einigen Verteidigungszustand versetzt zu haben, der den festen Entschluß verkündete, sich seiner Haut zu wehren. Er faßte sein Schlachtmesser und sah keck seinen Verfolgern entgegen, die beide an ihn herangekommen waren und ihn mit jener mißtrauischen Neugierde maßen, der etwas verdächtig erscheint, und die sich berechtigt glaubt, der Sache auf den Grund zu kommen.

      Die Erscheinung eines Indianers in diesen Gegenden war nichts weniger als ungewöhnlich, da sie kaum hundert Meilen gegen Nordwesten zu ihre Dörfer hatten, und ihre Exkursionen sie häufig mehrere hundert Meilen in allen Richtungen ins Land hinein und selbst in die Hauptstadt führten. Ihre sich mit jedem Jahre vermindernde Anzahl hatte ihnen schon seit langen Jahren nicht mehr erlaubt, etwas Feindseliges gegen ihre immer näher rückenden weißen Nachbarn zu unternehmen, und ihre gesteigerten Bedürfnisse, worunter besonders ihre unersättliche Begier nach dem köstlichen Feuerwasser, hatte sie in der Tat zu Jagdsklaven der in den Städten und auf dem Lande zerstreuten Krämer gemacht, die den Elenden kaum den

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