Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik
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»Gegengift? Gegen unser Dynotherm?«
»Ja, Franke! Es gibt ein Mittel, und ich habe es. Wird es auf die Puderstellen gestreut, so wird die Wirkung des Dynotherms gebunden … Aber die Sache ist nicht ohne Gefahr. Sie müßten noch jetzt in dieser Nacht mit einem Schiff, von dem alle Kennzeichen der E. S. C. entfernt sind, den Flug unternehmen …
Sie dürfen keine Lichter führen … Sie müssen sehr tief fliegen … Schon das ist nicht ohne Gefahr … Dazu kommt, daß von gelber Seite … vielleicht auf Sie geschossen werden wird … Überlegen Sie in aller Ruhe …«
»Da ist nichts zu überlegen, Herr Isenbrandt. Was sollte ich da noch überlegen? Schon das freut mein altes Herz, daß Sie mir so viel Vertrauen schenken, mir Ihr Geheimnis sagen. Und dann noch das Vergnügen, den verdammten Gelben einen Streich zu spielen … Daß ich denen ihr Handwerk legen kann … das macht mir einen Höllenspaß … da kommt’s mir keinen Augenblick darauf an, meine alten Knochen zu riskieren.«
»Ich wußte, lieber Franke, daß ich mich auf Sie verlassen kann, und danke Ihnen von ganzem Herzen …
Er schüttelte die Hand des alten Gefährten mit kräftigem Druck.
»Nehmen Sie meine Maschine! Die Veränderungen, die an dem Flugschiff zu treffen sind, machen Sie am besten selber. Sie werden das am besten einzurichten wissen. Ich mache Ihnen inzwischen den Streutank fertig. Den wollen wir dann zusammen unter die Maschine hängen.«
Eine knappe halbe Stunde später schoß die schnelle Maschine, von dem alten Schmelzmeister gesteuert, in den dunklen Abendhimmel und verschwand nach Osten zu.
Georg Isenbrandt hat die Maschine und den Alten nie wiedergesehen. Der blieb von dieser Stunde an verschollen. Es ist auch niemals bekannt geworden, ob der Alte bei der Schleichfahrt durch die dunklen Berge gegen eine Felsschroffe rannte oder ob er mit seiner Maschine das Opfer chinesischer Kugeln wurde. Niemals auch wurden irgendwo irgendwelche Spuren von ihm gefunden. Aber es muß ihm doch gelungen sein, den Auftrag Isenbrandts zum weitaus größten Teile auszuführen. Erst ganz am Ende seiner abenteuerlichen Fahrt muß er zugrunde gegangen sein, denn schon am übernächsten Tage ließ der plötzliche Zustrom aus den chinesischen Bergen nach, und bereits am Ende der Woche herrschten wieder normale Wasserverhältnisse im Ilital.
In jener ersten Flutnacht ging es freilich desto stürmischer zu.
Der Staudamm bei Terek bot ein wildromantisches Bild. Brüllend und gurgelnd stauten sich die Wildwasser hinter ihm zu einem Riesensee. Die mächtigen, millionenkerzigen Scheinwerfer der Bauleitung beleuchteten die brodelnde Wasserfläche von den Ufern aus.
An eine so schnelle und plötzliche Inanspruchnahme jenes großen, eben erst vollendeten Staubeckens hatte niemand gedacht. Noch waren die jetzt schon überfluteten Flächen mit Baugerät, mit Häusern, ja mit ganzen, wenn auch noch unbewohnten Dörfern besetzt.
Das alles hatten die wilden Wasser aufgewühlt und wirbelten es in gigantischem Spiel durcheinander. Hier trieben abgerissene Schindeldecken … da Prähme … dort Rüstzeug aller Art. Und zu dem, was hier schon gewesen, kam das, was die Fluten unterwegs mitgenommen hatten.
… Ganze Herden von ertrunkenem Vieh … Teile zertrümmerter Brücken … zerstörte Behausungen … und dazwischen in erschreckender Menge die Leichen von Menschen. Die Wasser mußten schon auf chinesischem Gebiet furchtbar gehaust haben.
Jetzt stand die Oberfläche dieses höllischen Wirbels kaum noch einen Meter unter der Dammkrone. Stieg das noch weiter, so mußten die Fluten über die Krone hinweg in breitem Schwall zu Tal stürzen … Vorausgesetzt, daß der Damm hielt.
Hier lag die Gefahr. Der Damm war in den zuletzt gefertigten Teilen noch nicht fest abgebunden. Die Möglichkeit war vorhanden … war nur allzu groß, daß der gesteigerte Druck der aufgestauten Wassermengen diese neuen Teile aus dem Damm herausbrach … und dann …
Schon auf die ersten Nachrichten von dem bedrohlichen Steigen der Fluten hatte Georg Isenbrandt die Siedler im unteren Ilital telegraphisch warnen lassen. Sobald ihn der alte Schmelzmeister verlassen, bestieg er selbst ein Flugschiff und fuhr nach den Terekanlagen.
Er kam, sah … und fand seine schlimmsten Befürchtungen übertroffen. Die Dammkrone war menschenleer. Das hatte die Bauleitung in Terek bereits aus eigenem angeordnet, denn unmöglich konnten die frischen Dammteile dem enormen Wasserdruck noch lange standhalten. Jeder Augenblick konnte die Katastrophe, den Dammbruch bringen.
Schnell gab Isenbrandt seine Befehle. Er ließ alle Sirenen talabwärts aufheulen … er gab nochmaligen dringenden telegraphischen Alarm, den ganzen Ili stromabwärts bis zum Balkaschsee … aber Isenbrandt sah noch weiter. Nur ein Mittel gab es noch, der drohenden Katastrophe zuvorzukommen. So schnell wie möglich mußte man die neuen, noch weichen Teile des Dammes von dem Wasserdruck entlasten, den Stausee absenken.
Das war nur möglich, wenn man einen Einschnitt von gehöriger Tiefe und Breite in den alten, gesunden Teil der Staumauer einsprengte. Dort mußte es geschehen, denn der neue, noch schwache und schon überlastete Teil der Mauer hätte die Beanspruchung einer Explosion nicht ertragen. Er wäre sicherlich sofort in seiner ganzen Ausdehnung zu Bruche gegangen.
Nur mit den schärfsten Sprengmitteln und mit großen Mengen davon ließ sich aber die Sprengung in den granitharten Dammassen des alten Teiles bewerkstelligen. Gelang sie, so würden sich freilich sehr gewaltige Wassermengen durch die gesprengte Lücke talabwärts ergießen. Sie würden sicherlich beträchtlichen Schaden anrichten. Aber dieser Schaden und diese Gefahr blieben immerhin in übersehbaren Abmessungen. Und der Spiegel des Stausees mußte sich dann schnell senken. Der Druck auf den schwachen Teil des Dammes mußte sofort nachlassen. Das Schlimmste war dann überwunden, die schwerste Gefahr vermieden.
Nach den Anordnungen Isenbrandts lief das Sprengkommando Über die Dammkrone nach der anderen Berglehne hinüber. Im mittleren Teil war die frische Stelle. Am Nordufer, im harten alten Teil, sollte die entlastende Scharte ausgesprengt werden.
Im taghellen Lichte der Scheinwerfer sah man vom Ufer aus die Mannschaft über die Dammkrone eilen. Sie mochte etwa die Mitte erreicht haben, als ein Blitz an dieser Stelle aufzuckte, ein krachender Donner das Toben der Elemente übertönte.
An der schwachen Stelle des Dammes war eine schwere Sprengladung explodiert. Einen Moment noch stand die Mauer dort zitternd im Strudel. Dann riß sie breit auf, neigte sich zu Tal und brach in Riesenbrocken auseinander. In wütendem, stoßendem Schwall stürzten die entfesselten Fluten wie ein einziger starrer Block zu Tal.
Verschwunden war an dieser Stelle der Damm … Verschwunden die Leute des Sprengkommandos auf ihm.
Ein Schrei des Entsetzens aus vielen tausend Kehlen.
Isenbrandt selbst stand unter der Wucht der Katastrophe wie erstarrt.
Wie war das möglich gewesen? … Wie konnte das geschehen? … Der Sprengstoff trug noch keine Zündung. Auch wenn einem der Träger eine Kiste entglitt, konnte sie doch nicht explodieren.
Ein Verbrechen? … Nur ein Verbrechen konnte es sein. Von wem? … Es bedurfte keiner Frage.