Historische Romane von Henryk Sienkiewicz. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane von Henryk Sienkiewicz - Henryk Sienkiewicz

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mit einem polnischen Ritter, einem der Mannen von Spytko aus Melsztyn, der auch von Rotgier erschlagen worden war. Sein Antlitz strahlte, sein Herz ward von Stolz geschwellt, hatte er doch dem jetzt schon mit Ruhm bedeckten Ritter Rotgier die ersten Anleitungen in der Kriegsführung gegen die Litauer gegeben. So liebte er ihn denn auch gleich einem Sohne, er liebte ihn mit der Innigkeit, deren nur solche Menschen fähig sind, die lange Jahre hindurch gezwungen waren, die Sehnsucht nach der Allgewalt der Liebe in ihrem Herzen zu verbergen. Und nun stand dieser geliebte Sohn im Begriff, abermals das Blut eines verhaßten Feindes zu vergießen, um dann mit Ruhm bedeckt zurückzukehren. »Das Gottesgericht wird für ihn entscheiden,« sagte sich Zygfryd, »und kein Verdacht mehr wird auf dem Orden lasten! Das Gottesgericht!« Plötzlich regte sich in dem Herzen des alten Mannes ein unbestimmtes Angstgefühl. In diesem todbringenden Kampfe stritt Rotgier für die Unschuld der Ordensritter – doch er kämpfte für eine Lüge, denn jene waren schuldig. »Wie wenn sich ein Unglück ereignen würde!« murmelte Zygfryd vor sich hin. »Nein, daran ist nicht zu denken. Noch drei Tage, dann kehrt Rotgier zurück – als Sieger kehrt er zurück!«

      Durch diese Erwägungen allgemach ruhiger geworden, zog nun der alte Kreuzritter den Fall in Betracht, ob es nicht ratsamer wäre, Danusia in eine der entfernteren Burgen bringen zu lassen, welche jedem Angriff der Masuren standhalten konnte. Doch gleich darauf wies er diesen Gedanken wieder von sich. Nur Danusias Ehegemahl konnte einen Ueberfall planen, voraussichtlich war er aber schon unter den Streichen Rotgiers gefallen. Was mochte aber von seiten des Fürsten und der Fürstin geschehen? Sie konnten Nachforschungen anstellen, Schreiben versenden, Klagen vorbringen! Was aber erreichten sie damit! Nichts, als daß sich die Sache noch verwickelter, noch geheimnisvoller gestaltete und kein Ende abzusehen war. »Ehe sie zum Ziele gelangen würden,« dachte Zygfryd, »werde ich tot sein, Jurands Tochter aber wird vielleicht in einem der Kerker des Ordens dahinwelken.« Gleichwohl gab er Befehl, die Burg in Verteidigungszustand zu setzen, die Wege zu bewachen, wußte er doch selbst noch nicht, was nach seiner Beratung mit Rotgier geschehen werde. In solcher Weise gerüstet, harrte er auf dessen Ankunft.

      Allein die festgesetzte Frist verstrich, ohne daß Rotgier zurückgekehrt wäre. Tag auf Tag verging, keiner seiner Mannen erschien vor dem Thore Szczytnos. Endlich am fünften Tage – es dunkelte bereits – ertönte ein Hornsignal vor dem Turme des Thorwarts. Zygfryd hatte gerade sein Abendgebet vollendet. Sofort entsandte er einen Knaben, um zu hören, wer angelangt sei.

      Schon nach wenigen Minuten kehrte der Knabe zurück. Da jedoch das Gelaß durch das in einem tiefen Kamine brennende Feuer nur schwach erhellt wurde, bemerkte der alte Kreuzritter die Bestürzung seines Abgesandten nicht.

      »Sind sie gekommen?« fragte er rasch.

      »Ja,« erwiderte der Knabe in einem Tone, der Zygfryd sofort beunruhigte.

      »Und Bruder Rotgier?«

      »Sie haben ihn hierher gebracht.«

      Langsam erhob sich Zygfryd von seinem Armstuhl, stützte sich schwer auf dessen Lehne, wie um nicht zu fallen, und sagte mit einer seltsamen, fast erloschenen Stimme: »Reiche mir meinen Mantel!«

      Der Knabe hing ihm den Mantel um die Schultern. Da richtete sich der alte Kreuzritter, der seine Fassung wiedergewonnen hatte, hoch auf und schritt, die Kapuze über das Haupt ziehend, aus dem Gelasse.

      Bald befand er sich in dem Burghofe. Es dunkelte schon völlig. Ueber den knirschenden Schnee schritt er auf das Gefolge zu, das noch immer in der Nähe des Thores stand. Pechfackeln, die von einigen Kriegsknechten gehalten wurden, verbreiteten hier etwas Licht. Schon hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt. Beim Anblick des alten Ordensbruders wichen die Kriegsknechte zur Seite. In dem Scheine der Pechfackeln zeigten sich allenthalben bestürzte Gesichter, von überall her ließen sich gedämpfte Schreckensrufe vernehmen: »Bruder Rotgier …«

      »Bruder Rotgier ist erschlagen …«

      Zygfryd näherte sich dem Schlitten, worin, auf Stroh gebettet, ein mit einem Mantel bedeckter Leichnam lag. Rasch hob er den Mantel empor.

      »Leuchtet!« befahl er hierauf einigen Söldnern, indem er seine Kapuze zurückschob.

      Ein Kriegsknecht trat mit einer Fackel heran, und vor dem alten Kreuzritter lag Rotgier mit schneeweißem Antlitz, ein dunkles Tuch um das Kinn gebunden, damit der Mund nicht offen bleibe. So klein war das Gesicht geworden, daß er kaum noch zu erkennen war. Bläuliche Flecken zeigten sich an den Schläfen und um die Augen, die durch den Frost erstarrten Wangen glänzten wie Glas.

      Schweigend blickte der Komtur lange Zeit auf den Toten. Tiefe Stille herrschte, denn alle, die umherstanden, wußten, daß Zygfryd für Rotgier ein Vater gewesen war, daß er ihn innig geliebt hatte. Doch keine Thräne trübte die Augen des alten Kreuzritters. Nur blickte er noch finsterer als gewöhnlich darein und sein Gesicht sah in seiner eisernen Ruhe wie versteinert aus.

      »So haben sie ihn hierher zurückgebracht!« murmelte er schließlich.

      Dann wandte er sich an den Burgverwalter und sagte: »Laßt noch vor Mitternacht einen Sarg zimmern, laßt den Toten in die Kapelle tragen.«

      »Es ist noch einer von den Särgen vorhanden, die ich für die von Jurand Erschlagenen verfertigen ließ,« entgegnete der Verwalter. »Ich muß nur noch den Befehl erteilen, daß dieser Sarg mit Tuch ausgeschlagen werde.«

      »Und daß man einen Mantel über den Toten breiten solle,« ergriff Zygfryd das Wort, indem er das Gesicht Rotgiers wieder bedeckte, »doch keiner wie dieser hier soll es sein, sondern ein Ordensmantel. Der Deckel aber darf noch nicht geschlossen werden,« fügte er nach kurzer Pause hinzu.

      Während sich nun die Leute an den Schlitten drängten, zog Zygfryd, sich zum Gehen anschickend, wieder die Kapuze über den Kopf. Plötzlich jedoch schien ihm noch etwas in den Sinn zu kommen, denn er blieb stehen und fragte: »Wo ist van Krist?«

      »Er wurde auch erschlagen!« antwortete einer der Mannen. »Ihn aber mußte man in Ciechanow bestatten, da er schon in Verwesung überging.«

      »Es ist gut.«

      Langsamen Schrittes entfernte er sich. In sein Gemach zurückgekehrt, ließ er sich in dem gleichen Armstuhl nieder, in dem ihm die schlimme Nachricht zugekommen war. Unbeweglich, wie ein Bild von Stein, saß er so, lange, lange. Voll Unruhe schaute der Knabe immer häufiger durch die Thüre. Stunde auf Stunde verrann. Immer stiller wurde es in der Burg, nur von der Kapelle her ertönte dumpfer Hammerschlag. Erst gegen Mitternacht fuhr der alte Kreuzritter aus seinem Brüten empor und rief den Knaben.

      »Wo ist Bruder Rotgier?« fragte er.

      Der Knabe, welcher augenscheinlich durch das Geschehene und infolge der durchwachten, unruhvollen Stunden ganz verwirrt war, schaute ängstlich empor, indem er mit zitternder Stimme erwiderte: »O Herr, ich weiß es nicht! …«

      Ein herzzerreißendes Lächeln spielte um die Lippen des Greises, als er in mildem Tone sagte: »Ich meinte, Kind, ob er schon in die Kapelle gebracht worden ist.«

      »Ja, Herr!«

      »Es ist gut. Sage Diderich, er möge mit einer Laterne hierherkommen und mich hier erwarten. Ein Becken mit Kohlen soll er auch mitbringen. Ist es in der Kapelle hell?«

      »Zu beiden Seiten des Sarges brennen Kerzen.«

      Den Mantel umwerfend, entfernte sich Zygfryd.

      Nachdem er in die Kapelle getreten war, vergewisserte er sich zuerst, ob außer ihm niemand anwesend sei. Dann schloß er behutsam die

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