Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter Rosegger страница 247

Автор:
Серия:
Издательство:
Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

Скачать книгу

Vielleicht mag's der Nachbar Reuthofer.«

      »Ja, ist schon recht«, sagte der Bauer und grub emsig weiter.

      Der Oberförster ging davon. Fast unmutig packte er einen Fichtenbaum, schüttelte ihn, daß dürre Zapfen herabfielen und knirschte: »So muß man es schütteln, dieses Altenmoos. Was reif ist, fällt, was heut' nicht fällt, fällt morgen. Fest anpacken.« – Er ging gegen den Reuthof.

      Der Jakob war eben dabei, seinen Angerzaun, der das Gehöfte umfriedete, auszubessern. Er trieb frische Stecken je zu zweien in den Boden, legte lange Querstangen dazwischen und befestigte sie mit Weidenbändern. Er rüttelte nun an einem solchen Steckenpaar und sagte: »Halten mußt!« Da stand der Waldmeister vor ihm.

      Dieser reichte ihm sogleich biedermännisch die Hand, in die der Jakob die seine ohne viel Gegendruck legte.

      Zaun machen, das könne der Reuthofer, lobte der Oberförster, indem auch er einmal und mit Kennermiene an den Stecken rüttelte. Und er denke, der Reuthofer würde auch in anderen Stücken klüger sein, als manch' anderer Altenmoos-Bauer.

      »Ja«, sagte der Jakob, »ich will's probieren und gleich die Gelegenheit beim Schopf packen.«

      »Recht hast«, entgegnete der Waldmeister rasch und griff nach seiner Geldtasche.

      »Ah na«, sagte der Jakob abwehrend, »zahlen werd' schier ich müssen. Um die Viehweide auf der Breitalm, wenn ich wieder bitten dürfte.«

      »Mit dem besten Willen nicht, Reuthofer«, beschied der Waldmeister. »Es ist unglaublich, was die Viecher den jungen Baumpflanzungen schaden.«

      »Ich treibe ja keine Ziegen und keine Schafe hinauf«, sagte der Jakob, »und die Rinder rühren kein Bäumel an, wenn sie Gras haben. Ehrlich sein, Herr Waldmeister. Er hat's ja selber schon gesagt, daß wir der Hirschen wegen abgewiesen werden.«

      »Nun, wenn du's weißt, wozu noch anfragen?« lachte der Oberförster. »Es ist so, die Ochsen sprengen uns den ganzen Wildstand. Können nichts mehr verstatten. Sei klüger, Steinreuter, wie dein Nachbar, der Dreisam, der Narr hat mich mit dem Gelde wieder davongehen lassen. Mußt wissen, ich habe Geld bei mir!«

      Er solle es nicht verlieren, meinte der Jakob.

      Ob er es nicht da lassen dürfte? fragte der Waldmeister.

      »Bedank' mich schön«, sagte der Jakob, »wir brauchen kein's.«

      Der Waldmeister stutzte. Er begriff nicht, wie auf der weiten Welt ein Mensch leben könne, der kein Geld braucht. Ja nicht einmal welches haben wolle! Das müsse doch schon eine ganz verkommene Kreatur sein.

      Für den Kampelherrn gehe er um, erklärte der Förster. Vorhin sei er auch beim Klachel-Bauer gewesen. Der sei ein kluges Köpfel, der Klachel, und verstehe seinen Vorteil. Dem habe er das Haus abgekauft.

      »Der Reuthof ist nicht feil. Behüt' Gott!« Mit diesen Worten des Jakob war der Mann abgefertigt, der nun kopfschüttelnd wieder seines Weges ging. Ging diesmal aber nicht weit, ging nur ins Haus hinein, wo Maria, die Bäuerin, am Herde stand und das Mittagsmahl kochte. Zum Vorwand nahm er, daß er am Herd eine Zigarre anbrennen wolle, sagte hierauf der Bäuerin einige Artigkeiten über ihr junges gesundes Aussehen. Es wäre erstaunlich, schon so große Kinder und noch so glatt beisammen! Na, draußen auf der Ebene erst, wenn sie von harter Arbeit frei wäre und sich nichts abgehen lassen müsse, da würde sie erst sehen! – Sie, die Frau, würde diesmal hoffentlich vernünftiger sein als der Mann, der sich eben einmal in den steinigen Boden hinein verbissen habe. Der Jakob würde sich noch alle Zähne ausreißen, und es sei schade drum.

      »Bei so was red' ich nichts drein«, sagte die Maria, »er wird schon selber wissen, was ihm taugt oder nicht.«

      Es seien andere Zeiten, fuhr der Waldmeister unbeirrt fort, Vieh und Hafer werde von Tag zu Tag billiger, Holz habe gar keinen Preis, besonders nicht im entlegenen Altenmoos, die Dienstboten seien kostspieliger und ungebärdiger als je. Früher habe Haus und Grund den Besitzer von dem Soldatenleben befreit, das sei nicht mehr. Früher habe ein Bauerngut beisammenbleiben müssen und hätten die Kinder des Hauses ihr Lebtag daran ein Heim gehabt; heute dürfe jedes Bauerngut zerrissen werden, wie man einen Papierwisch zerreißt, der nichts mehr gilt. Dazu die hohen Steuern, und wer sie rechtzeitig nicht zahlen könne, dem lasse der Staat das Haus verganten ohne Barmherzigkeit. Früher sei der Bauernstand ein Ehrenstand gewesen, heute mache sich über den Bauern jedermann lustig, weil er ja wahrhaftig ein Tor wär', wenn er es nicht einsehe, daß für ihn die Zeit aus ist.

      Wenn der Reuthofer – fuhr der Waldmeister in seinen Auseinandersetzungen fort – sein Gütl verkaufe, so könne er das Geld in die Sparkasse oder auf Wertpapiere anlegen und davon alle Jahre seine Fexung machen ohne Müh' und Sorge. Wolle er sich nebenbei 'was erwerben oder wollen es die Kinder, so stünden Eisenwerke und hundert Fabriken in der Welt, wo der Mensch glänzenden Verdienst finde. Der Kampelherr meine es nur gut mit den Leuten und gebe ihnen Gelegenheit, das Glück zu ergreifen. Er wolle einen größeren Fleck beisammen haben und zahle die Häuser besser als gut. Das möge sie – die brave Frau – ihrem Manne begreiflich machen. Komme der Kauf zustande, so lege er, der Oberförster, ihr extra zehn nagelneue Dukaten auf die Hand.

      »Sagen will ich ihm's schon«, entgegnete die Maria, »aber bestechen laß ich mich nicht.«

      Damit war der Oberförster auch hier fertig. Überlaut ein munteres Liedel pfeifend, insgeheim über den »dummen Bauernstolz« knirschend, so ging er von hinnen.

      Als er hinter dem Gehöfte am Moosbarren vorüberschritt, hörte er sich rufen. Aus der Fensterluke schaute ein schöner, aber verwilderter Knabenkopf.

      »Lieber Herr Waldmeister!« rief der, »lasse mich aus. Sie haben mich dahier eingesperrt!«

      Der Oberförster blieb stehen. »Was?« fragte er, »eingesperrt? Was hast du nur angestellt?«

      »Fort will ich. Bleiben will ich nicht mehr in diesem Altenmoos. Die Welt will ich sehen. Deswegen haben sie mich eingesperrt. Geh', laß mich aus!«

      »Da hört sich doch alles auf!« murmelte der Waldmeister. »Die Jugend versteht ihre Zeit. Mit Gewalt aber wird sie gefangen gehalten in Gebirgswinkeln. Mit Gewalt! Alsdann bleibt sie freilich hocken und rostet ein. Und das nennen sie Heimatsliebe! Hundsfötter sind's! – Bist du dem Reuthofer sein Sohn, Kleiner? Gut ist's. Ich will den Kerl so lange würgen, bis er dich ausläßt.«

      »Mein Vater ist kein Kerl, und dem wirst du nichts tun!« rief der Knabe, »auslassen sollst mich.«

      »Habe ich den Schlüssel?«

      »Geh' nur um die Ecke herum, dort ist die Tür. Die ist auswendig mit einer Kette angehängt. Die Kette mußt du abhakeln, sonst hast du nichts zu tun.«

      Der Waldmeister kam dem Auftrage nach, wie ein Knecht dem Befehl des Herrn. Als er das Kettlein losgehakelt hatte, wurde die Tür von innen aufgerissen, der Knabe fuhr heraus, rannte dem Oberförster den Kopf an die Beine und lief gegen den Wald hin.

      Der Herr Oberförster-Oberjäger-Waldmeister war durch den plötzlichen, so unvorhergesehenen Anprall zu Boden gestürzt. Als er sich fluchend erhob, um den wilden Knaben zu züchtigen, war dieser freilich schon verschwunden in den Strüppen des Abhanges.

      Übrigens ward dem Manne für die Unbill, die er an diesem Tage von den Altenmooser Leuten erfuhr, eine Genugtuung, noch bevor die Sonne überging. Er war ärgerlich seinen Wäldern zugeeilt und seinen Rehböcken, Hirschen und

Скачать книгу