Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Gruppe um sich, der er allerhand Unterhaltung vormachte. Er konnte einen Silbertaler durch die Tischplatte stecken, ohne daß ein Loch war. Er konnte durch zwei Zauberworte ein entzweigeschnittenes Schürzenband wieder zusammenfügen, ohne daß eine Spur des Schnittes zurückblieb. Er konnte einen langen Karrenstrick verschlucken und bei den Ärmeln wieder herausspinnen. Mit Spielkarten machte er unzählige Künste, und allemal bedurfte er nur ein paar Beschwörungsformeln in der Kirchensprache (im Lateinischen), um die Zaubereien zu vollführen. Einige Zuschauer waren von diesen Dingen vollends gefangen genommen; mit schallender Verwunderung oder nachdenklichem Kopfschütteln begleiteten sie die unheimlichen Taten des Waldmeisters. Anderen jedoch waren und blieben die Vorgänge am Lindentisch wichtiger, als der »Leutzumbestenhaber«. Aus der Stube waren sie hervorgekommen, und sie rückten sachte um die beiden Männer zusammen.

      Der Guldeisner hatte seinen schwarzen struppigen Kopf noch tiefer als sonst zwischen seine Schultern eingezogen. Der Hut lag neben ihm auf der Bank. Manchmal fuhr er sich mit der Hand rasch ins Haar, zauste an ihm, ergriff dann ebenso hastig das Trinkglas und goß dessen Inhalt in die Gurgel.

      »Teufel!« brummte er jetzt, »es steigt mir der Graus auf!« Es war ihm verdächtig geworden, daß der Kampelherr für sein Gut eine so hohe Summe geboten hatte. Er schloß daraus, daß es noch weit mehr wert sein müsse und daß ihn der Herr überlisten wolle.

      »Ich habe niemals«, sagte der Kampelherr überaus gelassen, »auch draußen im Flachlande nicht, das Joch durchschnittlich teurer als mit sechzig Gulden bezahlt. Aber ich habe es bezahlt mit dreißig Gulden und habe es bezahlt mit fünfundzwanzig. Ihr Nachbar, der Knatschel, hat zweiundzwanzig Gulden bekommen und steht noch im Vorteil. Das Joch zu fünfundzwanzig trägt mir als Waldboden kaum anderthalb Prozent, kaum! Auf den Guldeisnergrund dreißigtausend Gulden zu dreiviertel Prozent anzulegen ist eine Torheit. Nur der Jagd wegen, offen gesagt, hätt's mir dafür gestanden. Mit Feldbau und Viehzucht haben Sie drei Prozent; so gut wie der Bauer verwertet den Boden keiner. Behalten Sie Ihren Hof, Guldeisner, ich rate Ihnen gut, behalten Sie ihn! – Gefällig?«

      Das Zigarrentäschchen hielt er dem Bauer hin, er selbst hatte sich während der Auseinandersetzungen eine frische in den Mund gesteckt.

      Die Umsitzenden hatten mit gemischten Empfindungen und Gebärden zugehört. Einerseits waren sie überrascht von den hohen Preisen, die sie hier nennen hörten, dann wurmte es sie, daß der Fremde ihre Grundstücke doch so wegwerfend abtat; anderseits hofften sie, daß deswegen der Handel nicht zustande kommen würde.

      »Herr!« sagte nun der Guldeisner hastig, »da mögen Sie weit umgehen, einen Hof, wo alles so beisammensteht, das Vieh, die Fahrnisse doppelt und dreifach, die Gebäude in gutem Zustand, so was finden Sie nicht mehr.« Fast im Flüstertone sagte er es, denn er war nicht gewohnt, sein Besitztum mit Worten zu loben, er wußte zu gut, es lobte sich selbst.

      »Die Gebäude«, antwortete der Kampelherr, »schätze ich nach dem Holzwert. Ich würde sie zu Kohlen verbrennen lassen.«

      Das wollte dem Guldeisner schier ans Herz zucken. Seinen stattlichen Guldeisnerhof zu Kohlen brennen! – Allein das Herrenschlössel draußen in Krebsau, das er sich bereits beschaut hatte, ist noch vornehmer, als das alte Bauernhaus da oben, es ist aus Backsteinen gebaut und mit Schiefern gedeckt, das kann nicht zu Kohlen gebrannt werden. Holz ist Holz, und Geld ist Geld. Jeder ein Narr, der sich's besser machen kann und tut's nicht...

      »Herr Kampelherr«, sagte der Großbauer und seine Stimme bog sich weicher, als es ihm selber lieb war, »das einunddreißigste Tausend machen Sie voll! Werden nachher mit der Wirtschaft um so mehr Glück haben.«

      »Dreißigtausendsiebenhundert Gulden und keinen Kreuzer mehr«, sagte der Kampelherr gleichmütig.

      »Wenigstens«, flüsterte der Guldeisner und legte sich mit dem Oberkörper über den Tisch hin, »wenigstens einen guten Leihkauf dazu!«

      »Pfui Teufel!« brummte einer am Nebentische, »der Großbauer bettelt!«

      »Leihkauf?« fragte der Kampelherr, »für wen denn? Der Guldeisner hat ja, so viel ich weiß, keine Frau.«

      »Das nicht, Frau nicht. Ist eh' so«, stotterte der Bauer und trank.

      »Ich bitte Sie, Stepper!« rief der Kampelherr dem vorübergehenden Wirt zu, »sagen Sie meinem Kutscher, daß er einspannen soll.«

      »Geschwind wie der Wind«, entgegnete der dienstfertige Mann und eilte davon.

      Der Guldeisner hatte sehr rote Wangen bekommen, seine Nasennüstern zuckten stark, seine Augen rollten lebhaft hin und her, und mit den Fingernägeln trommelte er auf dem Tische. Plötzlich riß er sein rotes Taschentuch aus dem Sack und rieb sich damit von der Stirne die Schweißtropfen. Hoch vom Bergesrücken herab winkten ihm die alten Tannen und Lärchen seines Waldes. Hinter jungem Anwuchs ragten die Kronen auf, von den Schirmbäumen seines Hauses. Einen Augenblick war ihm, als ob eine Stimme durch die Luft weine: Franz! Franz, bleib' uns getreu! – Die Stimme der Vorfahren, die im Grabe schliefen. – Der Kampelherr zog die Geldtasche hervor, um dem Wirte die Zeche zu bezahlen, und als der Guldeisner die großen Banknoten sah, die ganz unordentlich in das Lederfach hineingepfercht waren, da verlor er die Besinnung. »Gottswill, Kampelherr, der Guldeisnerhof gehört dein!« rief er und schlug in die Hand.

      Mehrere der Umsitzenden sprangen von ihren Bänken auf.

      »Schade um die braven Eltern, die du gehabt hast!« sagte einer halblaut. Das hörte der Guldeisner; sonst hätte er derlei Anzüglichkeiten mit stiller Verachtung bestraft, jetzt fühlte er die Notwendigkeit, sich zu verteidigen.

      »Meine Eltern!« schmetterte er scharf auffahrend, »was habt ihr mit ihnen?« Dann sagte er gemütlicher: »Unsere Vorfahren – euere wie meine – sind selbst nicht in Altenmoos geblieben. Keiner! Kein einziger.«

      »Freilich sind sie nicht in Altenmoos geblieben«, lachte der jetzt herbeigekommene Dreisam, »weil man sie hat hinausgetragen auf den Sandebener Kirchhof.«

      »Schon gut. Ganz gut«, sagte der Guldeisner, aber jetzt war er heiser, »die mögen nicht einmal begraben liegen in Altenmoos. Und unsereiner sollt' da lebendig vermauern? Ein Narr müßt' einer sein!«

      Der Kampelherr brach eine frische Flasche an. Der Guldeisner hieb mit der Faust auf den Tisch, daß die Bretter surrten. »Aus ist's und gar ist's!« rief er. »Jetzt haben wir Feierabend. Jetzt ist's lustig, jetzt hebt der Festtag an!«

      Der Kampelherr zählte ihm gleichgültig, als wären es Spielkartenblätter, die Banknoten vor. Dabei wollte sich der Wind einmischen, dieser war der Meinung, so viel Geld sollte nicht einem einzigen Menschen zufallen, und er suchte die Tausender ein wenig unter der Gesellschaft zu zerstreuen. Aber der Kampelherr beschwerte das gezählte Banknotenbüschel mit seinem Taschenmesser, daß er dem Bauern nun auch die Hunderter vorziffern konnte. Der Guldeisner nahm die Zigarre aus dem Mund, klemmte sie aber sofort wieder zwischen die Zähne; die Leute sollen sehen, daß ein Guldeisner wegen des Indensacksteckens von dreißigtausend Gulden das Tabaksfeuer nicht ausgehen läßt. Er bog den Papierbuschen mit scheinbarer Gleichgültigkeit zusammen und schob ihn in seine Brusttasche.

      Da hieb ihm auf einmal der Altknecht des Reuthofers, der Luschelpeterl, die Hand auf die Achsel: »Franzel, namla wohl wahr, heut' zahlst eins!«

      »Seit wann?« fragte der Guldeisner und wendete sich um, »seit wann sind denn wir zwei so gute Kameraden miteinand'?«

      »Gute Kameradschaft ist alleweil schön. Gewiß auch«, versetzte der Knecht, »wenn ich auch frei ein bissel älter bin als du, und ein Bauernknecht, desweg bin ich nicht hochmütig und verachte niemand. Bist auch

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