Hôtel Buchholz: Ausstellungs-Erlebnisse der Frau Wilhelmine Buchholz. Julius Stinde

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nicht seine unbedingte Billigung. Es ist ihm schon oft so ergangen. Weißt Du, es giebt Menschen, die ausgezeichnete Pläne entwerfen und hoch erfinderisch sind, bei der Konkurrenz nachher aber haben sie jedesmal die falsche Katze beim Schwanz.«

      »Hm. Und was stellt er jetzt vor?«

      »Er ist Inspectorist.«

      »Was inspectorirt er denn?«

      »So beim Kalchlöschen und was sonst beim Bauen verknippert ist. Ohne ihn würde das Meiste falsch ausfallen oder doch sehr aus dem Loth.«

      »Auch nicht bitter. Wilhelmine, wenn Du besser nicht schriebest...«

      Ich warf meinem Karl einen Blick zu von der Sorte, bei der man auf Nachbestellung verzichtet.

      »... ich meine nicht über Architektur.«

      »Die gehört wesentlich dazu. Und sieh', Karl, selbst, wenn ich wollte — ich kann nicht mehr zurück. Ich habe schon drei Toiletten für die Ausstellung in die Mache gegeben, die ich Dir nicht zuwälze. Nein, mein Karl, die schreibe ich mir zusammen, namentlich die eine mattstrohgelbe mit geklöppeltem Fichu, traumhaft gediegen, der Hut mit gelblichem Kräuselwerk und weiße Handschuhe mit schwarzen Raupen. Du sollst sehen, es wird verblüffend.«

      Er war besiegt, der gute Karl, besiegt durch die unumstößliche Gewalt der Thatsachen, ohne Widerspruch und Ränke, wie so viele Frauen anwenden, um ihren Willen durchzusetzen. Meine Seele war sauber wie ein Dutzend unangebrochener Taschentücher direct aus dem Laden.

      Gebäude sind allerdings nicht leicht zu knacken, jedoch mit Kriehberg überwinde ich sie. Er hat allerdings über Vieles ein geradezu vernichtendes Urtheil und merkwürdiger Weise meistens über das, was mir so gut gefällt, wogegen er furchtbar lobt, was meine Anschauung unberührt läßt. Aber ich nehme wie aus zwei Kochrezepten von uns beiden das Beste. Männer allein sind stets einseitig.

      Mit Onkel Fritz hatte ich leichten Kampf.

      »Schreib, Minchen,« sagte er. — Darauf sollte ich »Nein« antworten, aber ich that ihm den Gefallen nicht. Haben wir Frauen erst mal Prinzipien, sind wir auch nicht wieder herunter zu bringen, und mein Prinzip lautet: Widerspruch giebts nicht mehr. Das heißt nur, wenn er nöthig ist. Dann aber feste!

      Nun hat Onkel Fritz es an sich, seine Nebenmenschen mit Spitzfindigkeiten so lange zu triezen, bis er Recht kriegt, immer mit Vergnügtheit, aber mit Absicht. Um dies Spielwerk von vorne herein aus dem Gang zu bringen, sagte ich: »Ihr habt ja ausgestellt, Du und mein Karl, und ich — ich schreibe. Aber was ich von Euren Gegenständen in die Blätter setze, hängt von Eurem Betragen gegen mich ab.«

      »Das ist Erpressung,« rief Onkel Fritz.

      »Nothwehr!« entgegnete ich. »Du kannst mir dreist Zucker versprechen, ehe meine Entschlüsse wanken. Schlecht machen werde ich Euch nicht...«

      »Das könnte Dir eklig in die Blusen regnen,« warf Onkel Fritz ein, jedoch nicht mit gewohnter Sicherheit. Er wurde schon klein.

      »Weiß ich,« fuhr ich unbeirrt fort. »Wer sich Geschäftsschädigung zu Schulden kommen läßt, kann mit mehr oder weniger Erfolg in Anklagezustand erhoben werden. Aber was viel schlimmer ist und wogegen keine Abhilfe möglich: ich kann Euch todtschweigen.«

      »Hu,« rief Onkel Fritz, aber es war ein ziemlich benautes Hu, ohne jegliche komische Wirkung. Er fühlte, daß die Druckerschwärze mir Gewalt über ihn gab. Kein Zeugnißzwang vermag auch nur eine einzige anerkennende Zeile aus mir herauszupressen oder selbst nur den bloßen Namen. Und das weiß sowohl Fritz wie mein Mann. Und genannt wollen sie sein. Es ist freilich viel Einbildung dabei, denn was nützt das Genanntwerden, wenn das Publikum kurz von Gedächtniß ist, aber ich ließ sie dabei. Es puckerte ordentlich in mir, wie ich so das Herrschergefühl verspürte und Onkel Fritz an der Strippe hatte.

      Natürlich werde ich mich nie zu solcher Gewaltthätigkeit entschließen. Eine wie die Maria Stuart'sche Elisabeth unterhaut Todesurtheile in der eigenen Familie; in unserem Jahrhundert grassirt dagegen die Humanität. Nein, ich werde meines Karls Sachen gehörig herausstreichen und ebenso Onkel Fritzens, wenn auch erst gegen Schluß der Ausstellung, damit sie nicht zu früh wieder üppig werden. Drohen kostet nichts. Allerdings hält es auch nicht vor.

      Mein Schwiegersohn, der Sanitätsrath, ist Feuer und Flamme für die Ausstellung, soweit er brennbar ist. Er spitzt unbändig auf die elektrischen Verkehrsverbindemittel zwischen Berlin und Treptow, wohin er jedes Jahr einmal mit seinen medicinischen Vereinsbrüdern zum Krebsbundes-Essen reist: auf dem Schiff hin und in einem eigens bestellten Nachtkremser zurück. Sie sind immer in vorwurfsfreiem Zustande wieder in Berlin abgeliefert, weil der Weg so lang ist, daß sie sich ausheitern, bevor sie versuchen, ob die Hausschlüssel passen. Ob die raschere elektrische Beförderung mehr von ihrer Vereinsthätigkeit verrathen wird, bleibt dahingestellt; aber da sie diesmal ihr Krebsgelage auf der Ausstellung feiern wollen, wird hoffentlich mehr Licht in die Sache kommen.

      Er ist noch nie elektrisch gefahren und verspricht sich besonderen Genuß davon, worauf ich mir zu bemerken erlaubte: »Wagen ist Wagen, Herr Schwiegersohn.«

      »Damit ist nichts gesagt,« erwiderte er.

      »O doch. Es ist mit den elektrischen Wagen wie mit den Klößen aus Mahlmühlen-Mehl oder aus Dampfmehl: mehr als glitschen können sie nicht.« — Er lachte beifällig, worüber ich stutzte und die nachfolgende Erläuterung erwartete, die jedoch nicht von ihm ausging, sondern von seiner Gattin.

      »Mama,« fing Emmi verlegen an, »Mama, Franz meint, namentlich sei es überaus angenehm, daß wir die elektrische Bahn nahe vor der Thür haben und deshalb öfter hinausfahren können.«

      »So ist es recht,« pflichtete ich bei. »Die Ausstellung ist eine Veranstaltung des Gemeinwesens, die man durch persönliches Erscheinen nicht genug unterstützen kann. Wer Bürgersinn hat, lege ihn hier klar; die Gelegenheit ist günstig.«

      »Ja, Mama, das ist auch unsere Ueberzeugung. Aber siehste, da Du Berichte schreibst, mußt Du doch die Hände voll Freibillete haben, die Du nicht allein absitzen kannst...«

      »Ih, seht einmal,« rief ich. »Aus diesem Perspectiv kuckt ihr? Nein, mein Schatz, was Ihr Euch ausgedacht habt, ist nicht. Erstens giebt es keine Freibillets, denn die Ausstellung ist kein klassisches Theaterunternehmen, und zweitens, mit welcher Nothlage wollt Ihr Eure Bedürftigkeit nachweisen? Nee, Kinder, für Nichts ist Nichts. Die Ausstellung liegt in Treptow und nicht in Nassau.«

      Dieser kalte Strahl verschnupfte. Emmi zog einen Flunsch, und bei ihm, wo er sich schon als Persona gratis geschmeichelt hatte, wurde die Heiterkeit so alle, als wäre sie auf einem elektrischen Extrawagen abgeblitzt.

      »Mama«, sagte Emmi patzig, »Du hast oft genug gepredigt, Kinder legten Eltern Sparsamkeit auf, damit sie nicht als junge Armuthsraben in das Leben flattern und nun wir für unsere Kleinen nach Deinen Worten thun, willst Du's nicht wahr haben.«

      »An Euch sollt Ihr schinden, aber nicht an mir. Außerdem ist die Ausstellung ein Bildungsmittel und wer seine Bildung vernachlässigt, schädigt sich selbst.«

      »Vergnügen ist wohl nicht draußen?« fragte er maliziös.

      »Gewiß, zur Belohnung für die Bemühungen, die industrielle Entwicklung der Kultur zu erfassen. Bewundert, was Menschenhände geschaffen haben und dann dürft Ihr Euch stärken. Wissenschaft als solche ist trocken. Das sieht man an dem Flüssigkeitsverbrauch der Studenten. Und deshalb

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