Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel

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mal wieder nich leuchtete –“

      Ah – sie war etwas rot und verlegen geworden! Harsts Anzapfung hatte dies bewirkt.

      „Es – es gibt solche Sterne,“ sagte sie schnell. „Wo liegt denn Ihre Stube im Schloß?“

      „Na – in ’n ersten Stock nach Nordost raus – nach ’n Wald zu. Der Stern funkelte jrade so überm Walde.“

      Sie blickte zu Boden, rief dann:

      „Bitte, hier haben Sie noch jeder eine Birne. Ich muß wieder an die Arbeit gehen –“

      Wir bedankten uns und schlenderten weiter den Feldweg entlang.

      Auf einem Kartoffelacker nahm ein Knecht Kartoffeln aus. Harald brauchte plötzlich Feuer für seine Zigarette, gab auch dem Knecht dann eine Zigarre, die er vorher mir abgefordert hatte, und erfuhr in kurzem, daß die Erzieherin Fräulein Elly Schenk seit dem ersten April bei Besitzer Jeschke in Stellung sei und daß Jeschke nie Sommergäste nehme; auch sonst gebe es hier auf eine Meile in die Runde niemand, der an Berliner für den Sommer vermiete. Nur der Wirt vom Gasthof Drei Eichen im Dorfe Plenkwitz drüben habe manchmal Fremde, aber nur selten.

      Wir wanderten also die halbe Stunde nach Osten zu bis Plenkwitz und frühstückten im Dorfkruge Zu den drei Eichen. Doch auch hier wohnte keine Dame, die vielleicht Orstra hätte sein können.

      Gegen elf Uhr machten wir kehrt, schlugen einen anderen Weg ein und gelangten in den Wald, der sich dicht an Jeschkes Gehöft hinzog.

      Bisher hatte Harald sich über die Erzieherin völlig ausgeschwiegen. Nun erklärte er unvermittelt:

      „Du siehst jetzt wohl ein, daß Elly Schenk diejenige war, die Erwin Balks Lichtdepesche in Empfang nahm und erwiderte. Traust Du ihr etwas Schlechtes zu? Wohl kaum! Ich auch nicht!“

      „Aber – wozu denn in aller Welt diese Heimlichkeiten?! Sie mag Balks Verlobte sein. Weshalb –“

      „Die Wissenschaft!“ fiel Harst mir ins Wort. „Weit wichtiger ist nun die Frage: wer war der Mann, der in der verflossenen Nacht das Schloß verlassen hat und mit dem Paket zurückkehrte?! – Meine erste Annahme, daß dieser Mann sich durch die Lichttelegraphie mit Orstra in Verbindung gesetzt hatte, trifft nicht zu. Die Depeschen sind harmlos und haben mit Orstra nichts zu tun. Weit wahrscheinlicher ist, daß Orstra und der Mann schon vorher ein Stelldichein verabredet hatten und daß dieser Mann nicht mit Balk identisch ist, sondern daß es der Diener Gottlieb Krause war. Es laufen hier eben zwei Geheimnisse nebeneinander her: Balk, Elly und die Lichttelegraphie, und zweitens Gottlieb Krause, der Spuk und Orstra –“

      Harald war plötzlich stehen geblieben.

      „Hier führt etwas wie ein Pfad über die Lichtung. Hier ist jemand wiederholt hin und her gegangen,“ meinte er. „Und – die Eindrücke da in dem sandigen Fleck rühren von Damenstiefelabsätzen her. Wir wollen dieser Fährte folgen. Aber – Vorsicht, mein Alter! Auch Elly Schenk darf uns nicht sehen!“

      Harst blieb abermals stehen.

      „Dort die Eiche vor uns – die ist’s!“ sagte er. „Ein kolossaler Baum, in der Tat! Nun werden wir untersuchen, wie Elly Schenk dort auf die Eiche hinaufgelangt. Sie kann doch nicht jede Nacht, wenn sie mit Balk telegraphiert, eine lange Leiter hierher schleppen! Ich hoffe, wir werden – Na – die Praxis geht über die Theorie!

      Die Eiche stand einsam auf einem Hügel. Harst schaute sich wiederholt mißtrauisch um, bevor er der Eiche zuschritt. Nur eine weiße Ziege mit langen Hörnern weidete etwa hundert Meter nach Süden zu an einem dicken Strick.

      Ich war dicht hinter Harald. Er drehte jetzt den Kopf, meinte sehr gedehnt:

      „Wer läßt eine Ziege so weit ab von jeder menschlichen Behausung allein im Walde weiden?! Wo steckt der Besitzer der Ziege?“

      „Ein Ziegenbesitzer dürfte uns kaum stören,“ erwiderte ich.

      „Wenn er uns beobachtet und dann weitererzählt, wir hatten hier sehr seltsame Dinge getrieben, könnte dies auch zu Ohren Ellys, Balks oder Krauses kommen, und dann würde „man“ wohl an unserer Handwerkerechtheit zweifeln und – Lunte riechen!“

      „Wir brauchen ja nicht seltsame Dinge zu treiben. Weshalb soll man nicht eine Eiche erklettern. Das ist doch kaum so sehr seltsam!“

      Harald schwieg. Wir waren unter dem Baume angelangt, hoben die Köpfe.

      Und – fuhren beide leicht zurück.

      Da stand auf dem untersten sehr dicken Ast an den Stamm geschmiegt ein Weib mit stark gepudertem Gesicht in Sportanzug und Sportmütze – scheinbar ein Weib, in Wirklichkeit Ottmar Orstra!

      Der blanke Revolver in seiner Rechten war auf uns gerichtet; und das ironische Lächeln galt uns beiden.

      „Hände hoch!“ befahl er kurz.

      Wir mußten gehorchen.

      Dann balancierte er auf dem Ast ein Stück weiter, ließ uns dabei keinen Moment aus den Augen, warf mit dem Fuße eine Strickleiter, die bisher zusammengerollt und unsichtbar dort gelegen hatte, herab und fragte:

      „Herr Harst, haben Sie diese Strickleiter hier angebracht? Ich habe den dünnen Draht zufällig gefunden, der von diesem Ast durch Ösen am Stamm hinabläuft –“

      Harald wollte etwas erwidern.

      Da – hinter uns ein Knall – ein Büchsenschuß vom Westrande der Lichtung.

      Orstras Arme schnellten nach oben.

      Dann – fiel er herab, fiel unten in das Gras.

      „Holla!“ kam auch schon eine tiefe Stimme vom Waldrande herüber. „Das war wohl die höchste Zeit! Der Kerl hätte Sie niedergeknallt!“

      Gutsbesitzer Domke tauchte auf, lief keuchend auf uns zu, hielt noch die rauchende Büchse in der Hand.

      „Meine Herren – ich hätte doch vielleicht nicht so voreilig sein sollen!“ stammelte er jetzt und starrte auf den regungslosen Körper.

      Orstra lag auf dem Rücken. Die Büchsenkugel war dicht über der Nase in den Kopf eingedrungen. Der Tod mußte blitzartig erfolgt sein.

      „Sie glaubten uns in Lebensgefahr, Herr Domke,“ sagte Harald leise. „Das erklärt vieles –“

      „Wer – wer ist der – Mann?“ fragte Domke zögernd. „Ist es denn überhaupt ein Mann? Das – das gepuderte Gesicht sieht doch –“

      „Es ist ein Verbrecher, Herr Domke! Es ist ein gewisser Ottmar Orstra –“

      „So?! Orstra?! Ich höre den Namen zum ersten Male –“

      Harald erwiderte ebenso leise: „Es ist – die Radlerin, der Sie gestern begegneten, Herr Domke –“

      „Mein Gott!“ stieß der alte Herr hervor. „Die Radlerin?! Was – was bedeutet das alles. Die Strickleiter da, und –“ – Er zog sein Taschentuch hervor und trocknete sich den Schweiß von der Stirn.

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