Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth страница 11
KARL
finster: Ganz von allein. Hörst du?
MAX
schluckt: Ganz von allein. Gut. Lassen wir den Spiritismus.
Im Zimmer über der Halle fällt ein Stuhl um. Karl, Max starren empor. Das Grammophon bricht plötzlich ab.
MÜLLER
erscheint in der Eingangstüre; hält auf der Schwelle: Na guten Tag! Mein Name ist Müller, Vertreter der Firma Hergt und Sohn. Ich will mal Direktor Strasser sprechen.
MAX
Herr Direktor ist leider im Augenblick –
MÜLLER
unterbricht ihn: Nanana! Wann kommt denn der Augenblick, in dem man bezahlt wird? Wann denkt man denn hier, die Rechnung zu begleichen? Oder wird hier geglaubt, die Schulden werden erlassen, wie?
MAX
Da ich nur Kellner bin, kann ich diese Fragen nicht beantworten. Ich kann nur sagen, daß ich den Eindruck habe, als würde es uns sehr schwerfallen zu bezahlen. Wir haben seit fünf Monaten nur einen einzigen Gast, eine alte Dame, die sich hierher zurückzog, um still leben zu können.
Im Zimmer über der Halle lacht eine Frau kreischend; das Grammophon ertönt wieder.
MÜLLER
lauscht: Nur ein Gast?
MAX
Leider.
MÜLLER
grinst: Nur Mut, junger Mann! Nur Mut! Die Masse macht es nicht! Qualität ist Trumpf! Einer zählt für zwanzig, einer zahlt für zwanzig, wenn er eine Persönlichkeit ist!
Wieder fällt im Zimmer über der Halle ein Stuhl um; und dann hüpft jemand hin und her, daß alles erzittert.
Toll! – Still leben. Und zurückgezogen. Mit wem hat sie sich denn zurückgezogen? Er wiehert.
MAX
Mit dem Kaiser von China.
MÜLLER
Nanana, Kellner! – Seit wann ist unser Freund und Meister Direktor Strasser, Besitzer dieses Etablissements, Kaiser von China, Sohn des Himmels? – Na denn auf Wiedersehen! Ab.
Strasser mit schiefsitzender Krawatte und zerwühlter Frisur; steigt langsam die Treppen herab; hält auf der letzten Stufe und ordnet Krawatte und Frisur.
Das Grammophon verstummt: schläft ein.
KARL
hatte sich gesetzt; erblickt Strasser: Na endlich!
STRASSER
Der nächste.
Karl erhebt sich und ordnet sich die Uniform.
Baronin dürften sogleich erscheinen. Baronin ziehen sich nur an.
KARL
Haben Baronin mit Stühlen jongliert?
STRASSER
Baronin tanzten.
KARL
Menuett!
STRASSER
Wie ein Roß. Er erblickt Max. Mensch! Wie siehst du wieder aus?
MAX
Wie?
STRASSER
Zieh dir doch den Frack an! Das will Kellner sein!
MAX
Erstens: will ich ja gar nicht Kellner, und zweitens: eigentlich bin ich ja –
STRASSER
unterbricht ihn: Laß das! Erstens, zweitens, drittens: du bist Kellner! Daß du ursprünglich Plakate entworfen, Kunstgewerbler oder dergleichen Schnee warst, geht uns hier nichts an! Erwähne ich denn mein Vorleben?
MAX
Im eigenen Interesse? Kaum!
STRASSER
Kehre ich jemals den Offizier hervor? Betone ich jemals, daß ich eine Hoffnung, ja mehr als das, eine Erfüllung der europäischen Filmindustrie war? Daß ich ein Bonvivant, einmalig!
MAX
Aber der Bonvivant hat Pech gehabt.
STRASSER
Ich verbitte mir das! Das ist ja alles nicht wahr! Das sind gemeine Verleumdungen! Das war schon lange vorher! Der Bonvivant hat sich dieses Hotel gekauft, weil seine Augen die Jupiterlampen nicht ertragen konnten!
MAX
Wird gesagt.
STRASSER
Halt dein Maul! Und Schluß! Jetzt bist du Kellner! Verstanden?! Ob du noch vor einem Jahre Autos verschoben hast –
MAX
unterbricht ihn: Mit dir!
STRASSER
Mit mir. – Ja, was soll denn das?
MAX
Ich meinte nur.
STRASSER
Der Zeigefinger hat mir nicht gefallen, der Zeigefinger!
MAX
Der? – Das war ja gar nicht der Zeigefinger, nur der kleine Finger. Der kleinste Finger.
STRASSER
Jetzt hast du dir den Frack anzuziehen. Was sollen denn die Gäste denken?
MAX
Es kommen keine Gäste. Höchstens Vertreter. Ab und zu.
STRASSER
War einer da?
MAX
Ja. Ein Herr Müller.
STRASSER
Ich bin nicht zu sprechen.
MAX