DSA 128: Der Pfad des Wolfes. Alex Spohr

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DSA 128: Der Pfad des Wolfes - Alex Spohr Das Schwarze Auge

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Gerade als er ihn gelockert hatte, hörte er erneut das Sausen eines Speers. Schmerz breitete sich vom Rücken bis in seinen Kopf aus, und doch versuchte er noch einmal, den Speer durch eine Kopfbewegung aus seinem Arm zu ziehen. Er schmeckte Blut.

      Wieder ein Sausen. Diesmal kaum Schmerz, dafür fühlte er sich nun taub und steif. Er versuchte, hinter sich zu schauen und sah die beiden Speerschäfte aus seinem Rücken ragen. Angst und Verzweiflung überkamen ihn erneut, doch diesmal konnte er nicht wegrennen. Seine Bewegungen wurden langsamer und immer langsamer, seine Kraft verließ ihn. Dennoch gab er nicht auf, versuchte sich zu befreien und zu entkommen. Ihm war die Ausweglosigkeit seiner Situation noch immer nicht bewusst, er wollte sie nicht wahrhaben.

      Ein weiterer Wurfspeer traf ihn, er versank in Dunkelheit und wachte erst in der Totenwelt Tairachs wieder auf.

      ***

      Als endlich der neue Tag das Lager der Horvasch vollends in Licht hüllte, lebte kein einziger Orkkrieger mehr. Die Gharyakschra hatten alle getötet, alle, die sich ihnen widersetzt hatten. Die Geflohenen waren verfolgt und ebenfalls erschlagen worden.

      Die wenigen Orkfrauen, die im Lager waren, wurden verschont, ebenso die Säuglinge und Kinder, sofern sie keinen Widerstand leisteten, allerdings schickten die Gharyakschra sie nach Süden zurück, einem unbekannten Schicksal entgegen.

      Die menschlichen Sklaven, allesamt Frauen aus dem Svellttal, wurden befreit, bekamen etwas zu essen und zu trinken. Doch die Gharyakschra nahmen sie ebenfalls nicht mit, sondern schenkten ihnen ein paar Waffen und Decken, dann schickten sie auch sie fort. Die meisten waren dankbar, andere fürchteten ihre Befreier mehr als die Orks.

      Zahlreiche Siegesrufe erfüllten das verwüstete Lager, und immer wieder die Rufe nach Ifrunn und Natûru-Gon. Doch inzwischen sahen die Gharyakschra nicht mehr so aus, wie die Orks sie erlebt hatten. Es waren muskulöse Menschen, aber eben nichts weiter als Menschen.

      Irgendwo außerhalb des Lagers saß jedoch ein einzelner Schwarzpelz, in dessen Augen erst Trauer und Verzweiflung zu sehen waren, doch schon bald Wut und Zorn. Keiner der Gharyakschra hatte ihn gesehen, denn er war nicht im Lager gewesen, als es zum Überfall gekommen war. Gerade, als er zurückkehren wollte, hatte er das Feuer gesehen und sich wie ein feiger Hase zwischen einigen Büschen versteckt.

      Krallessa

      Der Himmel über dem Moor war bereits dunkel, Sindarras goldstrahlendes Auge, das Dharra, hatte sich hinter den Horizont zurückgezogen und dem silbernen Auge Makkas Platz gemacht. Es war der Abend der Sommersonnenwende. Eine frische Kühle hatte sich langsam über das Land gelegt und schlich sich auch in die Glieder zweier Männer. Sie marschierten in Richtung des vor ihnen liegenden Hügels inmitten der sumpfigen Landschaft.

      Der eine war ein alter Mann, sein Haar lang und verfilzt. Eigentlich war es bereits ergraut, doch heute hatte er es nach Art der Brenchi-Dûn weiß und rot gefärbt: rot für das Blut und das Opfer, weiß für den Pfad, dem sie folgten. Sein Bart war kurz und gänzlich mit Pflanzensaft und verkrustetem Blut rot gefärbt. Nur wenig trug er mit sich: einen Überwurf aus Fellen, eine Lederkette mit kleinen Steinen, Knochensplittern und Blättern, einen Trinkschlauch und an seinem Gürtel eine Knochenkeule aus dem Bein eines Wolfes sowie eine kleine Trommel.

      Der andere war deutlich jünger, zählte vielleicht zwanzig Winter. Er war kräftig und sein Haar kürzer als das des Älteren. Auch war es nicht ergraut, sondern schwarz. Anstelle der Gewandung eines Schamanen trug er den gewickelten Rock eines Kriegers, an seinem Gürtel hing ein gjalskerländisches Schwert, und auf seinem Rücken pendelte ein Speerköcher mit sechs Wurfspeeren hin und her. Zudem hatte er eine Bakka dabei, eine rituelle Klaue, die aus Bein und Holz gefertigt war. In einer ledernen Tasche trug er ein zusammengewickeltes Fell. Nur ein einziges Thar’an Mór – ein Hautbild – zeichnete sich um seinen Bauchnabel herum ab: das Zeichen der Schlange auf dem Sonnenrund. Er befand sich noch in der Zeit der Blüte – kurz vor seiner Krallessa. Sein Blick war entschlossen, und seine Miene verriet große Anspannung.

      Viele Jahre lang hatte Daragh, der klügste aller Brenchi-Dûn Mortakhs, seinen Freund und Schüler Druan auf diesen Tag vorbereitet. Heute sollte er endlich dem Pfad des Wolfes folgen und die Macht seines Odûn kennenlernen. Seine erste Reise stand kurz bevor, und Daragh hatte bereits alle Vorkehrungen getroffen, um ihm den Weg aufzuzeigen. Nur gehen musste er ihn allein. Lang war es her, dass Daragh Druans Bestimmung erkannt hatte. Wie durch ein Wunder hatte er als Kind den Angriff eines Ogers überlebt, aber auch nur, weil der Madadh selbst ihn beschützt hatte. Es war ein Wolf gewesen, der sein Leben für das des Kindes gegeben hatte. Seither wusste Daragh, dass in Druan ein Durro-Dûn heranreifte, ein Tierkrieger. Seit diesem Tag hatte er ihn in die Wildnis mitgenommen und ihn viel über das Wesen der Götter und der Natur gelehrt. Der wissbegierige Junge war ein gelehrsamer Schüler gewesen. Und nun war endlich die Zeit der Prüfung gekommen.

      »Wann sind wir da?«, fragte der Jüngere.

      »Bald schon. Komm«, antwortete ihm der Brenoch-Dûn.

      Druan verspürte schon seit Tagen eine Anspannung, die er so bisher nicht gekannt hatte. Er malte sich seit Langem in seinen Träumen aus, was passieren würde an jenem Tag, wie es sein würde, in der Welt der Geister, der Heimat des Odûn, zu wandeln. Was würde er sagen, wenn er dem Madadh, dem Großen Wolf, begegnete? Und was würde geschehen, falls er bei dieser Prüfung versagte?

      Druans Bedenken mehrten sich mit jedem Tag. Schon seit Wochen wälzte er sich nachts in seiner Schlafstätte hin und her, das kleinste Geräusch riss ihn aus den Träumen, wenn er denn überhaupt einmal Schlaf fand.

      Nun hatten die Männer endlich das Moor erreicht. Hier lag der Zugang zu der Welt der Odûn.

      Das Ugnarmoor war selbst am helllichten Tag ein unheimlicher Ort. Auch Daragh zog es vor, ihm fernzubleiben. Es waren nicht die wilden Tiere, die den Gjalskern Angst vor dem Sumpf machten. Mit Wölfen, Schlangen und dem Ungeziefer kannten sich Daragh und Druan gut aus und fürchteten höchstens die Schädeleulen, die von großem Hass auf alle Durro-Dûn und Brenchi-Dûn getrieben wurden. Sendboten der Mochûla nannte Daragh sie. Er trug am Hinterkopf die Narbe von einem Angriff einer Eule. Damals war er noch ein Kind gewesen und hatte einen großen Respekt, ja geradezu eine gewisse Furcht, vor den Schädeleulen zurückbehalten.

      Doch dieser Sumpf war den Gjalskern deshalb unheimlich, weil sie hier ihre Toten aufbewahrten. Die Mortakher ließen die Überreste der Verstorbenen an einer bestimmten Stelle in ein Moorloch hinab, wo sie verharren konnten, bis die Zeit der Wanderung nach Amanma Rudh gekommen war. Dann brachte man sie zum Meer, damit sie ihren Flug in Zwanfirs Reich Marthyr vollziehen konnten. An drei dieser Wanderungen nach Amanma Rudh hatte Druan schon teilgenommen, doch noch immer war es für ihn ein unheimliches Ereignis. Wenn es etwas gab, vor dem er sich fürchtete, dann war es die Totenwelt Zwanfirs. Sein Schwert konnte Geistern nichts anhaben, und alles, was nicht bluten konnte, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Das Ugnarmoor war ein Zugang zur Welt dieser Geister. Und das war es, was ihm und anderen Mortakhern Angst machte. Mit zehn Orks gleichzeitig hätte er es aufgenommen. Aber Geister …

      Verkrüppelte Bäume markierten den Weg durch den Sumpf zu dem Geisterpfad, den sie suchten. Druan ging hinter Daragh her, der zielsicher auf einen heiligen und nur den Brenoch-Dûn bekannten Ort zusteuerte. Von dort aus sollte Druans eigentliche Reise beginnen, und je näher sie dieser Stelle kamen, desto nervöser wurde der junge Krieger.

      Ich hoffe, ihr Götter steht mir bei. In vielen Nächten habe ich zu euch gebetet. Nun helft mir, meine Suche zu überstehen. Andernfalls kehre ich in Zwanfirs Reich ein, kann euch nicht mehr anbeten und auch keine Orks erschlagen. Also schenke mir Kraft, Natûru-Gon, und du mir Weisheit, Sindarra

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