DSA 128: Der Pfad des Wolfes. Alex Spohr

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DSA 128: Der Pfad des Wolfes - Alex Spohr Das Schwarze Auge

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zurücksprang. Druans Sinne waren von jahrelanger Jagd im Dunkeln geübt, und so konnte er hören, wohin es rannte, ohne es genau zu sehen. Dort, wo es über den Boden sprang, splitterte das Holz der Bäume, und der weiche Boden gab schmatzende Geräusche von sich.

      So schnell wie niemals zuvor rannte Druan hinter der Bestie her. Wie lange die Verfolgung währte, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen, doch nach zahlreichen Sprüngen über Steine, Pfützen und Äste fand die Jagd ein jähes Ende.

      Direkt auf einem gewaltigen Felsen inmitten des Sumpfes hatte das Ungeheuer Platz genommen. Der Nebel umrahmte es, doch die Schwaden waren hier weniger dicht. So sah Druan eine Bestie von der Größe eines jungen Mammuts, mit messerscharfen Krallen und dolchähnlichen Zähnen. Die roten Augen musterten ihn, während der Leib des riesigen Wolfes angespannt blieb, angespannt, um jederzeit bereit zu sein, sich von dem Felsen auf Druan zu stürzen.

      Fast bewegungslos starrte Druan das Ungetüm an. Er überlegte, wie er es schaffen könnte, die Bestie zu töten, ohne dabei als Mahlzeit für sie zu enden. Umso überraschter war er, als sich der Riesenwolf plötzlich friedfertig auf den Felsen legte und Druan eine kehlige Stimme in seinem Kopf hörte: »Bist du Druan bren Anargh?«

      Druan war davon so verwirrt, dass er nach kurzem Zögern mit der üblichen Vorstellung der Gjalsker begann. »Ich bin Druan bren Anargh vom Haerad Mortakh, geboren am zweiten Tag der Welke im Ahnenmond des Jahres …«, antwortete er, bevor er unterbrochen wurde.

      »Das reicht. Ich wollte nur deinen Namen wissen, nicht alles, was du in deinem Leben getan hast. Das weiß ich schon.«

      »Wer … was bist du?«

      »Ich bin der, nach dem du gesucht hast.«

      Druan musste schwer schlucken. Nun verstand er, dass diese Bestie der Große Madadh, sein Odûn, war. Doch hatte er sich ihn immer anders, friedlicher, kleiner vorgestellt.

      »Wenn du der Madadh bist, dann sage mir, was ich tun muss. Ich folge deinem Ruf schon seit meiner Kindheit, als dein Diener mich rettete.«

      Es verging ein Augenblick, bis die Stimme des Wolfes wieder in seinem Kopf ertönte: »Heute gibt es nichts, was du für mich tun kannst. Du bist hierhergekommen, um mich zu finden, und du hast mich gefunden. Das Band zwischen uns wird heute bekräftigt, und für immer werden wir verbunden sein, du und ich. Meine Stärke soll in dir sein, wenn du oder dein Rudel sie benötigen. Vergiss nie, dass du auf dich selbst vertrauen musst. Die Geister des Bösen, die Diener der Mutter der Dämonen, die Calyach’an Mochûla, sind stärker geworden in den letzten Wintern. Sie werden dich herausfordern, und du musst diese Herausforderung annehmen. Bestehe deine eigene Prüfung, dann werden wir uns wiedersehen – denn so, wie du mich brauchst, werde auch ich dich brauchen. Die Dunkelheit wird stärker werden. Niemand wird sie allein bezwingen können.«

      Druan spürte gegenüber dem Wolf eine Vertrautheit, die über die Bande der Familie, des Haerads oder seiner Freunde hinausging.

      Der Wolf schien Druans innere Ruhe zu bemerken. »Es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir uns sehen. Nein, wir werden uns, so die Götter und das Schicksal keine anderen Pläne mit dir haben, noch oft sehen. In deinen Träumen werde ich dir folgen. Doch nun ist die Zeit gekommen, dass du meinen Hauch empfängst, meine Stärke, meine Weisheit.«

      Druan hatte noch viele Fragen, doch alles ging so schnell.

      Er spürte, wie sich neben ihm ein rötlicher Nebel bildete und ihn nach wenigen Augenblicken vollständig umgab. Als das rote Schimmern vollständig von ihm aufgesogen worden war, fühlte er sich erschöpft. Ihm war zumute, als habe er eine ganze Nacht lang gekämpft oder sei bis nach Amanma Rudh gerannt, ohne eine Pause einzulegen. Und zugleich fühlte er sich auch mit dem Großen Madadh verbunden, als könne er dessen Gefühle spüren, als seien sie beide eins. Dieses Gefühl war ungemein beruhigend für Druan, der letzte Rest von Angst vor seinem Odûn wich, und eine innere Ruhe breitete sich in ihm aus.

      »Höre mir nun genau zu. Von nun an, Druan, Sohn des Anargh, kannst du meine Kraft und Geschicklichkeit in dich rufen. Schnell wie ein Wolf wirst du sein, wenn du es willst, die Ausdauer eines Rudels wirst du haben. Und du kannst dich an deine Beute anschleichen, ohne dass sie dich hört. Ich werde weiter über dich wachen. Doch nun ist die Zeit gekommen, den Pfad des Wolfes wieder zu verlassen.«

      Gänzlich ergriffen und immer noch verwirrt, wollte Druan noch etwas fragen, doch da spürte er wieder den seltsamen Schmerz an seiner Schläfe. Die Trommelgeräusche waren zurückgekehrt und wurden immer lauter. Abermals sank er zusammen, und der Wolf vor ihm wurde immer undeutlicher, bis Druan schließlich wieder das Bewusstsein verlor.

      Als er aufwachte, lag er auf dem Rücken in der Nähe der Lichtung, wo er Daragh das letzte Mal gesehen hatte. Das Gefühl der Verbundenheit mit seinem Odûn, dieses mächtige, kaum zu beschreibende Gefühl war noch immer da, doch er spürte, dass alles um ihn herum fremder war, als habe er seine Heimat, den Pfad des Wolfes, verlassen und sei in die Ferne gezogen. Doch er war daheim. Er war noch immer im Ugnarmoor.

      Er war geradezu erschrocken, als er den Brenoch-Dûn vor sich sah, der aufgehört hatte, auf der Trommel zu spielen.

      »Daragh, wo warst du? Was ist geschehen? Wie bin ich hierher zurückgekehrt?«

      »So weit war es gar nicht, ich habe dich von dort, wo du hingefallen bist, ein paar Schritte hierhergezogen, mehr nicht«, antwortete der Schamane mit einem verschmitzten Lächeln.

      Druan stand auf. Ihm war übel, und er verspürte großen Durst. Sein Mund war ausgetrocknet. »Wie lange war ich ohne Bewusstsein?«

      »Zwei Tage lang. Aber mach dir keine Sorgen. Das ist durchaus üblich bei der Krallessa eines Durro-Dûn. Manche waren sogar länger als du in Marthyr, der Geisterwelt. Du bist niemals mit deinem Körper von hier fortgegangen. Nur dein Geist wechselte dorthin. Deshalb hattest du auch ein anderes Gespür für Ort und Zeit. Beides wiegt anders in der Geisterwelt als hier bei uns.«

      Druan war überrascht. Was Daragh erzählte, stimmte nicht mit dem überein, was er erlebt hatte. Die Reise in die Geisterwelt hatte sich real angefühlt, und sie hatte höchstens Minuten gedauert, nicht Stunden oder gar Tage. Als er in sich hineinhorchte, bemerkte er ein seltsames neues Gefühl – es war, als sei der Große Madadh immer noch bei ihm. »Ich spüre seine Kraft ihn mir. Es ist ein seltsames Gefühl.«

      »Habe keine Furcht davor. Du wirst bald lernen, die Kräfte, die dir der Madadh gegeben hat, zu nutzen. Ganz von allein wirst du sie meistern.«

      Druan, der sich immer noch in einem entrückten Zustand befand, nickte.

      »Lass uns nun nach Hause gehen«, sagte Daragh, nahm seine Trommel und ging voran.

      ***

      »Was hast du nun vor?«, fragte der alte Durro-Dûn auf dem Weg zum Haerad. Während sie weitermarschierten, dachte Druan lange Zeit über diese Frage nach. Wenn er ehrlich war, so musste er zugeben, dass er darauf keine Antwort wusste. Jahrelang hatte er sich darauf vorbereitet, endlich seinem Odûn zu begegnen. Ein größeres Ziel hatte er nicht vor Augen gehabt. Sicherlich, er wollte für sein Haerad da sein, er wollte seinem Rudel so gut es ging dienen, die Götter ehren und seinen Körper und Geist stählen, um Ruhm zu erlangen.

      Doch wie sein weiterer Weg nun aussah, darüber hatte er sich bislang noch keine Gedanken gemacht. »Ich weiß es nicht. Eigentlich habe ich gehofft, dass der Madadh mir sagen würde, was er von mir erwartet.«

      »Der Große Wolf wird dir gewiss noch sagen, was er von dir will. Heute jedoch solltest du dich

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