Baupläne der Schöpfung. Johannes Huber

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Baupläne der Schöpfung - Johannes Huber

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des Staates? Was ist der Sinn des Lebens, und warum gibt es das Böse in der Welt?

      Die Antworten schwammig bis gar nicht zu vermitteln, ist einer der Gründe, warum die Kirche in der Krise steckt und den weltanschaulichen Amtsträgern das Vokabular fehlt. Vor allem das moderne Vokabular, mit denen alte Geschichten, etwa die aus der Bibel, neu interpretiert werden könnten.

      Stattdessen reißen die Verfechter der Gottlosigkeit die Brücken zur Transzendenz ab, und zwar mit einer Leichtigkeit und Nonchalance, als würde man sich endlich längst veralteter Gesinnungen entledigen. Oder eine alte Socke wegwerfen. Die Abkehr vom Glauben fällt in jenen Erdteilen leicht, die sich trotz globaler Armut zu Genusstempeln umstrukturieren und deswegen dem Diesseits treu bleiben müssen. Ich denke, also bin ich – vermögend. Materiell wirkt schnell. Um das auch intellektuell rechtfertigen zu können, beginnen die Reichen und Satten, die Wissenschaft zu vergöttern. Sie bestätigt ihnen, dass der große Pan wirklich tot ist. Jawoll. Es braucht keinen Gott, wenn etwas anderes Anbetungswürdiges da ist. Reichtum. Eine Schatztruhe, auf der Freiheit steht. Als könnte man sich das Glück kaufen. Paradoxerweise hat diese Apotheose, diese götzenhafte Verherrlichung der mechanistischen Aufklärung, schon Nietzsche beklagt. Wissenschaft ist das, was Wissen schafft. Mit der Weisung zwischen den Zeilen: In einem wachen Geist hat der Glaube keinen Platz. Glauben sollen die Nicht-Intellektuellen. Die Armen und die simplen Gemüter.

      Und so reduziert sich heute bei vielen Menschen das Grundwissen über christliche Offenbarung und Tradition im besten Fall auf einige Geschichten, die man noch aus der Volksschulzeit kennt. Ein Phänomen, das nicht nur die Theologie, sondern auch andere Wissensgebiete betrifft, man möge nur gelegentlich im österreichischem Hörfunk über jene Antworten meditieren, die der sogenannte Mikromann, ein lustiger Reporter, auf seine Fragen bekommt.

      Rund um Weihnachten ging er durch die Straßen und fragte wahllos Passanten:

       Wie heißt der Sohn von Maria und Josef?

      Eine ältere Dame wusste sofort: Lukas!

      Eine andere war sich nicht ganz sicher: Johannes?

      Der Mikromann hakte nach: Die Eltern von Jesus sind Maria und Josef. Wie heißt dann der Sohn von Maria und Josef?

      Und wieder kam: Lukas!

      Für den Hörer ist die Crux mit dem Jesukindlein komisch, für die Kirche zutiefst traurig. Obwohl das Christentum die reflektorisch intensivste Religionsmacht der Welt ist, unterliegt sie dennoch einer kommunikativen Schwäche. Aufklärung passiert nicht. Heute würde man sagen: Die Basis kennt die Basics nicht. Kreuzweg, Tod und Auferstehung sind, wenn sie nicht gerade von Hollywood aufgegriffen werden, etwas, das die Menschen kennen oder zu kennen glauben. Der Rest ist Nebensache. Medien erklären, was es mit dem Eiersuchen zu Ostern auf sich hat, wieso Halloween heuer besonders gruselig wird oder warum Kim Kardashian eine durchsichtige Bluse am Strand trägt und dem Fotografen ihr phänomenales Gesäß in die Linse hält. Mein Gott, die Bibel sollen die Leute selber lesen oder in die Kirche gehen. Die Kirche allerdings, so meine ich, könnte sich ein bisschen mehr aufs Marketing konzentrieren und ihr Image aufpolieren. Glauben ist cool, ja warum denn nicht? Stattdessen geht man den anderen Weg. Den eigenen Canossagang. Aus der Versuchung heraus, ihren Exilgedanken – das Zentrum der Botschaft – in Sozialarbeit, Solidarität und Caritas umzukodieren, um ja nicht ironisiert zu werden. Aber Church ist nicht gleich Charity. Mildtätigkeit für die Medien bringt nur kurzen Applaus.

      Manche christliche Kirchen haben sich immer mehr zu einem Funktionärsverband mit spiritueller Ausrichtung entwickelt, mit festen Sitzen in Kommissionen und Rundfunkräten. Funktioniert prächtig, bringt den Gläubigen null, aber macht nichts. Was fehlt, ist ein eigenes, aus dem Glauben geschweißtes Bekenntnis, das durchaus provokant sein darf. Ein Leitsatz, der vielleicht sogar mahnt und zum Denken anregt, etwas in der Art:

      Wir können uns auf diesem Planeten nicht einrichten wie in einem ewigen Haus.

      Wenn jemand im Wald einen Baum umarmt, um sich mit dem Transzendenten zu vereinen, finden das viele mannhaft. Manager schmusen mit Fichten, recht so, lass es raus. Besucht man dagegen sonntags die Kirche, muss man es möglicherweise verschweigen, um sich nicht einem Augenverdreher auszusetzen. Du gehst in die Kirche? Da schau her!

      Dabei wird oft mit zweierlei Maß gemessen: Während die Toleranzgesellschaft buddhistische und islamische Glaubensinhalte kommentarlos oder wohlwollend zur Kenntnis nimmt, gibt man christliche Werte mühelos der Lächerlichkeit preis – und das noch unter der vermeintlichen Assistenz der Naturwissenschaft.

      Den großen Pan wird das nicht kratzen.

      2

      Weltwissen und Weltanschauung

      Es ist ein Zielgebot der Moderne und appelliert an die Vernunft weltlicher Geisteshaltung: Wissenschaft und Religion sollen strikt getrennt bleiben. Sonst wird die Religion nur die Lücken der Wissenschaft ausfüllen. Kein Glaube darf die weißen Flecken auf der Landkarte der Erkenntnis schwärzen. Kein Zauber soll den Scharfblick der Forschung trüben. Kein Gebet soll dem Denker auf der Suche nach der Wahrheit die Hände binden.

      Der Grat ist freilich ein schmaler. Mir ist es nie darum gegangen, Fragen, bei denen die Wissenschaft vielleicht heute noch ansteht, schlicht und einfach durch die Allmacht der Religion zu beantworten. Religion soll keinesfalls als Lückenbüßer für theoretisches oder praktisches Unwissen daherkommen. Ein Joker, der einsagt und immer recht hat. Der deus ex machina einer Theorie. Es soll jedem Menschen erlaubt sein, Agnostiker, Atheist oder Theist zu sein. Den religiös Musikalischen wird trotzdem oft die Frage gestellt, ob sie es – unter Berufung auf die Naturforscher – als vernünftig einstufen, an transzendente Inhalte zu glauben.

      Die große Frage, ob es jenseits unseres Mesokosmos, also unserer greifbaren Welt, transzendente Wirklichkeiten gibt, kann und darf die Naturwissenschaft nicht beantworten. Wie umgekehrt auch die Theologie naturwissenschaftliche Erkenntnisse nicht vereinnahmen soll.

      Einverstanden. Allerdings muss sehr wohl ein Blick auf unseren derzeitigen (auch naturwissenschaftlichen) Erkenntnisstand erlaubt sein, wenn die Vernünftigkeit des Glaubens erklärt wird. Genau diese Vernünftigkeit des Glaubens ist es, worum es geht.

      Obwohl nun Glaube und Wissenschaft getrennte Wege gehen sollen, idealerweise ohne sich jemals gegrüßt zu haben, wurde die Wissenschaft immer wieder missbraucht, um Jenseitigkeiten zu ironisieren. Gott zeigt sich nicht durchs Mikroskop? Dann kann er nicht real sein. Andererseits haben große Naturforscher die Entschlüsselung von physikalischen und biologischen Gesetzen als Erkenntnis einer großen Ordnung, die ein Weltenbaumeister etabliert hat, erlebt.

      Heute zeigt uns die spekulative Physik des 20. Jahrhunderts ihre Grenzen des menschlichen Erkenntnishorizonts auf und lässt es zumindest nicht unvernünftig sein, jenseits und unabhängig dieser Welt unsere persönliche, sinnstiftende Antworten anzusiedeln. Was lange Zeit von den intellektuellen Mechanikern der Aufklärung so stupid abgetan wurde wie Gretchens Frage an Faust.

       Margarete: Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?

       Du bist ein herzlich guter Mann,

       Allein ich glaub’, du hältst nicht viel davon.

       Faust: Laß das, mein Kind! Du fühlst, ich bin dir gut;

       Für meine Lieben ließ’ ich Leib und Blut,

       Will niemand sein Gefühl und

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