Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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nachdem er in sein Zimmer gestürzt war, packte Stephan sämtliche Kleidungsstücke aus dem Schrank in die Reisetasche. Dann schlüpfte er in seine Lederjacke und die festen Schuhe. Maria, das Hausmädchen, sah ihn verwundert an, als er die Treppe wieder herunterkam.

      »Müssen S’ schon wieder abreisen?« fragte sie erstaunt.

      »Allerdings«, gab er knapp zurück. »Hier wird’s mir nämlich zu eng.«

      Mit diesen Worten ging er zur Tür hinaus. Vor einer der beiden Garagen stand sein Wagen. Der Student ließ das Fahrzeug unbeachtet. Statt dessen holte er sein altes Geländerad aus dem Schuppen, schnallte die Reisetasche hinten auf den Gepäckträger, und radelte los.

      Tief atmete er die frische Luft ein. Wie lange war es her, daß er sich so frei gefühlt hatte? Frei von allen Zwängen, die seit Jahren auf ihm lasteten, seit jener Zeit, in der ihm bewußt geworden war, was man von ihm erwartete.

      Betriebswirtschaft sollte er studieren, um später einmal die väterliche Fabrik zu übernehmen. Dabei hätte er viel lieber etwas gelernt, wobei er draußen in der freien Natur arbeiten konnte. Schon immer war er lieber im Freien gewesen, als irgendwo drinnen eingesperrt zu sein. Mehr aus familiären Zwängen als aus freier Entscheidung hatte er sich damit abgefunden, zu studieren. Doch immer wieder spürte er, daß es ein Fehler war, und endlich hatte er sich entschlossen, diesen Mißstand zu beenden. Zunächst einmal wollte er nur fort, dann würde er schon entscheiden, wie sein weiterer Lebensweg aussehen sollte. Eine Arbeit wird sich schon finden lassen. Und wenn’s sein mußte, dann würde er sich auch als Knecht auf einem Bauernhof verdingen. Daran sollte es nicht scheitern.

      Ohne Ziel war er losgeradelt. Nach einer guten Stunde machte er Rast. Unterwegs hatte er sich mit Saft und Brot versorgt, nun saß er am Wegesrand und überlegte, wohin er sich wenden sollte. Die Semesterferien hatten gerade begonnen, vielleicht gelang es ihm, seinen Studienfreund dazu zu bewegen, ihn für ein oder zwei Wochen auf einen Urlaubstrip in die Berge zu begleiten. Markus Reinders wohnte gar nicht weit entfernt von hier. Die beiden hatten schon viel zusammen unternommen und genauso wie Stephan, war auch Markus ein begeisterter Wanderer und Kletterer.

      Ein Hoch auf die Technik, dachte Stephan, während er auf dem Handy Markus’ Telefonnummer wählte.

      Dabei verschwendete er allerdings keinen Gedanken daran, daß auch dieses Mobiltelefon aus der Fabrik seines Vaters stammte…

      »Grüß’ dich, altes Haus«, rief er, nachdem Markus sich gemeldet hatte.

      »Hey, Stephan«, gab der Freund zurück. »Wo steckst du denn?«

      »Ganz in deiner Nähe. Eigentlich bin ich auf dem Weg zu dir, wollte bloß erstmal hören, ob du überhaupt daheim bist. Ich hab’ dir nämlich einen Vorschlag zu machen.«

      »Laß hören.«

      »In einer halben Stunde, bei dir.«

      »Okay, mein Alter, ich freu’ mich. Bis gleich.«

      Stephan steckte das Handy ein und stieg wieder aufs Rad. Der Gedanke an einen Wanderurlaub durch die Alpen ließ ihn kräftig in die Pedale treten. Bestimmt würde Markus von der Idee genauso begeistert sein, und wer wußte schon, was sie unterwegs alles erlebten…

      *

      Bei den zwei Bewohnern des Ponyhofes herrschte helle Aufregung. Gestern war der Anruf des Nachlaßverwalters gekommen, der den Besuch der Erbin ankündigte. Die beiden konnten sich gar nicht vorstellen, jemals woanders zu arbeiten. Immerhin hatte Pfarrer Trenker eine gute Nachricht überbringen können, wenngleich immer noch die Möglichkeit bestand, daß das Fräulein Haller den Hof doch nicht behalten wollte. Aber daran mochte Resi gar nicht denken. Seit dem Tode der alten Frau Brunnengräber hatten sie und Hubert in banger Erwartung weitergemacht, ohne zu wissen, was der nächste Tag für sie bringen würde. Lohn gab es keinen mehr, aber beide waren, da sie sparsam gelebt hatten, überein gekommen, erstmal von diesen Ersparnissen zu leben. Dr. Sonnenleitner hatte dagegen keine Einwände gehabt. Es war ihm sogar ganz lieb gewesen, daß die beiden alten Leute sich dazu bereit erklärten, auf dem Hof zu bleiben. So hatte der Nachlaßverwalter jemanden vor Ort, der sich auskannte, und dem er vertrauen konnte.

      Resi hatte in der Küche den Kaffeetisch gedeckt und sah ungeduldig auf die Uhr. Gleich drei, und von Hubert war immer noch nichts zu sehen. Endlich hörte sie ihn durch die Tür kommen. Wenig später stand Hubert Bachmann in der Küche. Der alten Magd fielen beinahe die Augen aus dem Kopf.

      In den vierzig Jahren, die sie gemeinsam auf dem Ponyhof verbracht hatten, gab es gerade mal eine handvoll Anlässen, an denen Hubert sich so hergerichtet hatte, wie heute!

      Nicht nur, daß er seinen besten Anzug, dunkelbraun mit Streifen, trug, offenbar hatte Hubert sogar ein Bad genommen, sich rasiert und – sich mit soviel Kölnisch Wasser eingeduftet, daß in Sekunden die ganze Küche danach roch. Die alte Magd stand einen Moment völlig verdattert da, bevor sie ihn anfuhr:

      »Sag mal, bist’ auf Freiersfüßen, oder was ist los?«

      »Wieso?« fragte der Knecht und deutete auf Resis gutes Kleid und die saubere weiße Schürze. »Du hast dich doch auch fein gemacht.«

      Das stimmte zwar, Hubert übersah aber die Tatsache, daß Resi schon immer Wert auf ihr Äußeres gelegt hatte, ob es nun ein besonderer Tag war oder nicht. Was man von ihm nicht behaupten konnte.

      Die Magd bedachte ihn mit einem merkwürdigen Blick, den der Alte allerdings ignorierte. Mit zwei Schritten war er am Küchentisch und streckte seine Hand nach dem Teller mit dem frisch gebackenen Napfkuchen aus.

      Erst Resis scharfe Stimme ließ die Hand zurückzucken.

      »Finger weg!« sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Der ist für das Fräulein.«

      »Nun hab’ dich doch net so«, maulte Hubert und setzte sich gekränkt auf die Eckbank. »Das merkt doch keiner.«

      »Doch«, erwiderte Resi. »Ich.«

      Kleine Zankereien gehörten zu den beiden, wie das Salz in die Suppe. In den gemeinsamen Jahren auf dem Hof hatten sich beide aber so gründlich kennengelernt, daß jeder von ihnen wußte, wann die Grenze vom Spaß zum Ernst überschritten war. Und etwas in Resis Blick hielt Hubert davon ab, sich dennnoch von dem Kuchen zu bedienen.

      »Wie spät ist es denn?« wollte er schließlich wissen. »Die müßte doch längst hier sein.«

      »›Die‹ ist Fräulein Haller«, antwortete die Magd spitz.

      »Und wenn wir Glück haben, unsere neue Chefin. Was weiß ich, wo’s bleibt. Vielleicht hat’s sich verfahren.«

      »Glaubst’ wirklich, daß hier alles beim Alten bleibt?«

      Resi antwortete nicht. Sie stand am Fenster und schaute hinaus. Alles beim Alten? Sie hätte es selber gerne gewußt, aber wenn sie sich den Hof so anschaute… Das alte Haus, dessen Anstrich schon vor Jahren hätte erneuert werden müssen, dann das kleine Gästehaus, das auch nicht mehr besser aussah, die Ställe mit den maroden Dächern, der zerbrochene Zaun, der Geräteschuppen, der einzustürzen drohte…

      Resi hätte die Liste beliebig fortsetzen können. Konnte man all dies einem jungen Madel zumuten? Konnte man wirklich von ihm erwarten, sein Studium aufzugeben und hier in den Bergen einen heruntergewirtschafteten Ponyhof zu übernehmen und in eine ungewisse Zukunft zu führen?

      Die

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