Fürstenkinder 4 – Adelsroman. Melanie Rhoden

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Fürstenkinder 4 – Adelsroman - Melanie Rhoden Fürstenkinder

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Ich brauche sie! Sofort… ich habe nicht mehr viel Zeit.«

      Schwester Maria lief fort, nahm einfach aus der großen Vase in der Empfangshalle der Privatklinik einen Blumenstrauß und brachte ihn dem Fürsten. Gleich darauf klopfte Rainer von Wildberg-Kallau an Tür Nummer neunzehn. Sein Herz schlug zum Zerreißen heftig, als ihn die noch immer recht schwache Stimme seiner Schwiegermutter zum Eintreten aufforderte.

      »Rainer!« rief sie, als sie ihn, noch in der Tür stehend, erkannte. »Wie schön, daß du mich besuchst! Jetzt glaube ich erst, daß alles wieder gut wird, denn du siehst wirklich blendend aus. Setz dich zu mir, Rainer! Eine kleine Stunde eines so lieben Besuchs müssen mir auch diese verständnislosen Ärzte gewähren. Stell dir vor, Rainer, sie wollen mich noch ein paar Wochen hierbehalten, was ich völlig unsinnig finde. Man sollte mich nur aufstehen lassen, und ich würde diesen Unmenschen beweisen, daß ich zumindest mit Krücken humpeln könnte!«

      Rainer von Wildberg war seiner Schwiegermutter von Herzen dafür dankbar, daß sie ohne Unterlaß redete und redete. Selbstverständlich begriff er, daß sie damit ihre panische Angst übertönen wollte. So rasch er nur konnte, ging er auf sie zu, neigte sich zu ihr herunter und streifte ihre Wangen mit den Lippen. Mit Mühe verbarg er sein Erschrecken darüber, wie tief diese Wangen in den letzten Tagen eingefallen waren. Die Augen lagen in dunklen Höhlen, wirkten stumpf und trüb.

      »Ein paar Blumen«, sagte er und schaute auf die Blüten, um dem angstvoll forschenden Blick der Fürstin auszuweichen. »Wir wollen einer Schwester läuten, denn ohne Wasser…«

      Er wußte nicht mehr weiter und spürte, daß er am Rande seiner Kräfte war.

      »Ohne Wasser sterben sie schneller und nicht so schön«, sprach Thea von Vingenstein seine Gedanken zu Ende aus. »Rainer, ganz schnell, ehe die Schwester kommt: Sag mir die Wahrheit! Vera?«

      Fürst Rainer sank schwer auf den Stuhl, der neben dem Bett stand. Sein Atem ging röchelnd. Dennoch zwang er sich zu einem Lächeln und behauptete: »Liebe Mama, ich bin auf dem Weg zu Vera. Sie befindet sich schon auf dem Schloß…« Sein Blick wurde starr, sein Gesicht wirkte wie versteinert. »Ja, ich gehe zu Vera, sie wartet auf mich…«

      In dem Augenblick öffnete sich die Tür, und rasch trat die Krankenschwester in den Raum. Mit einem Blick erkannte sie die Situation, weshalb sie überschwenglich die schönen Blumen bewunderte. Sie holte eine Vase.

      »Die Kinder!« drängte Fürstin Thea gehetzt. »Bitte, Rainer, sag du es mir! Weißt du, die Ärzte hier lügen mich alle an und meinen, ich merkte das nicht. Aber ich lasse mich nicht einfach so beruhigen, sondern… Rainer, sag du es mir! Von dir weiß ich: Du bist der einzige Mensch auf dieser Welt, der mich nie belügen würde! Du sagst mir die Wahrheit! Auch wenn… Mein Gott, was bin ich für eine geschwätzige alte Frau. Ich lasse dich gar nicht erst zu Wort kommen.«

      In ihrem hager gewordenen und noch immer schönen Gesicht stand die Angst vor der Wahrheit. Aber schon das Lächeln auf den Zügen Rainers beruhigte sie wieder einigermaßen.

      »Die Kinder sind unverletzt. Cilly hat sie schon heimgeholt, und ich freue mich unsagbar heute auf das Wiedersehen. Liebste Mama, in einer Viertelstunde etwa wird der Mietwagen kommen und mich abholen.«

      Fürstin Thea hielt die Augen geschlossen. Jetzt glaubte sie, daß ihre Tochter lebte, kaum verletzt und schon nach Schloß Wildberg vorausgefahren. Die beiden heißgeliebten Enkelkinder unverletzt! Es waren Freudentränen, die über ihre schmalen Wangen sickerten.

      Ich habe die unerschütterliche Verpflichtung, dieser wunderbaren Frau die Wahrheit zu verschweigen und alles zu tun, um sie nie das Grauenhafte erfahren zu lassen! schwor sich in diesen Augenblicken der Fürst.

      »Rainer!« riß ihn die Stimme der Gelähmten, der dem Tod geweihten Fürstin Thea, aus seinen Gedanken. »Rainer, versprich mir, daß du mich bald, sehr, sehr bald von hier weg- und heimholen wirst! Ich möchte so gern wieder bei Vera sein!«

      »Ja, bei Vera«, murmelte der Fürst.

      Eine Viertelstunde später brachte ihn ein Mietwagen fort. Als der Chauffeur startete, bat ihn Fürst von Wildberg-Kallau : »Fahren Sie so schnell, wie Sie nur können. Aber ohne Risiko! Gefährden Sie niemanden.«

      Der Berufsfahrer trat den Gashebel nieder. Er wußte nichts von dem Schicksalsschlag, der vor wenigen Tagen die fürstliche Familie getroffen hatte. Deshalb fragte er arglos: »Werden Sie denn so dringend erwartet?«

      »Ja«, sagte der Fürst knapp, und sein Gesicht wirkte wie versteinert. »Von meiner Frau.«

      Dann sprach er kein Wort mehr, bis der Wagen nach stundenlanger Fahrt in den Park von Schloß Wildberg einbog.

      »Geschafft!« rief der Chauffeur erleichtert und fröhlich, denn der stumme Gast im Auto war ihm beinahe schon unheimlich geworden. Im nächsten Augenblick allerdings verschlug es ihm den Atem, denn die Szene wirkte so makaber. Soeben noch blühende Welt, erfüllt von Schönheit und Leben. Aber vor dem Schloß wartete eine schwarzgekleidete Trauergesellschaft. Inmitten von Rosen stand ein Sarg aufgebart. Zu sich, nicht zu dem Fahrer, sagte Fürst Rainer halblaut: »Vera, meine Frau, ich komme schon…«

      Dann sprang er aus dem ausrollenden Wagen. Diener stürzten herbei und halfen ihm über die Freitreppe hinauf. Schweigend verneigten sich die Trauergäste, aber der Fürst sah sie kaum.

      *

      »Es war falsch, Durchlaucht, die Kinder mit zum Begräbnis zu nehmen!« begehrte die sonst meist wortkarge, mürrische Cilly auf, als der Fürst von ihr verlangte, sie sollte Ronni und Reni endlich beruhigen. Seit zwei Stunden lagen sie in ihrem Kinderzimmer und weinten.

      Fürst Rainer ahnte, daß dieses Kindermädchen mit den Vorwürfen gegen ihn recht hatte. Sie verstand es, Ronni und Reni vorbildlich zu pflegen; aber sie hatte noch nie Zugang zu den Seelen der Kleinen gefunden.

      »Man kann sich nicht früh genug darin üben«, bemerkte der Fürst, zutiefst verbittert, »das Leidvollste mit Haltung zu ertragen. Meine Kinder sollten und mußten sich von ihrer Mutter verabschieden. Ich denke, das war richtig so. Jetzt werde ich selbst noch einmal zu ihnen hinübergehen.«

      Fürst Rainer hörte das leise, unterdrückte Schluchzen auch durch die geschlossene Tür. Behutsam klopfte er an, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Tränen fortzuwischen. Als er eintrat, brachte er ein maskenhaftes Lächeln zustande. Sie hatten beide rotgeweinte Augen, und auch jetzt noch wurde der kleine Körper Renis von unterdrücktem Schluchzen geschüttelt.

      »Kommt doch zu mir«, forderte er seine Kinder auf. Gleich sprangen sie aus den Bettchen und setzten sich zu Papa auf den Boden, auf das weiße, weiche Lammfell. »Nun will ich euch ein Märchen erzählen, und dann werdet ihr schlafen, ja?«

      »Ja«, sagte Ronni.

      Reni nickte nur.

      Der Fürst bemühte sich, aus seinem Gedächtnis das Märchen vom ›Tränenkrüglein‹ zu erzählen. Da war auch – er wandelte das Original etwas ab – einem Kind die Mutter gestorben. Das Kind weinte soviel, daß deshalb die Tote keine Ruhe finden konnte. Also kam sie und bat, man sollte um sie nicht mehr länger weinen, das Krüglein mit den Tränen wäre schon randvoll. Da weinte das Kind nicht mehr, um der toten Mutter die Ruhe nicht zu stören.

      »Ihr werdet auch nicht mehr weinen«, bat Fürst Rainer. »Versprochen?«

      Die beiden Kleinen versprachen es mit Kopfnicken. Dann hob der Fürst erst seinen Jungen, nachher

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