Quantumdrift. Tilo Linthe
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"Entschuldige, ich weiß ja, dass das nicht dein Stil ist", hörte Sam Lariana neben sich sagen.
"Mh … Es lässt sich sowieso nichts mehr daran ändern." Er wusste, dass sie es nur gut mit ihm meinte, aber ihre Vorschläge stärkten nicht sein Selbstbewusstsein. Wenn sich seine Arbeitskollegen wieder einmal etwas Neues ausgedacht hatten, konnte er nur dastehen und alles über sich ergehen lassen. Kein Laut des Protests, nicht der leiseste Hauch einer Gegenwehr kam dann über seine Lippen. Kein Wunder, dass sie sich ausgerechnet ihn als Opfer ausgesucht hatten. Sam hasste sich dafür selbst, und wieder stieg Wut in ihm hoch. Prompt trat er fester aufs Gas, sodass der Wagen wieder beschleunigte und damit auch der Takt, in dem die Bäume an ihnen vorbeizogen. Die Landstraße lag verwaist da, als wollten die anderen Autos die Nähe von Sams Polo meiden. Dessen Motor klang genauso gemartert wie seine Seele. Der Auspuff röhrte, das Lenkrad vibrierte immer mehr und zum ohnehin schon seltsamen Geruch aus der Lüftung mischte sich nun noch der von verbranntem Gummi. Sam wusste, dass er viel zu schnell fuhr. Und plötzlich war etwas anders.
Beunruhigt sah er von rechts nach links, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Spielten ihm seine überreizten Nerven einen Streich?
"Was ist denn jetzt los?" Lariana hatte es auch bemerkt, also bildete er sich das nicht nur ein. "Schau mal … der Regen."
Sam konnte nichts erkennen. Immer noch klatschten die Regentropfen gegen die Windschutzscheibe und gewannen den Kampf gegen die abgenutzten Wischerblätter. Doch als er aus dem Seitenfenster sah, erschrak er. Da waren unzählige silbrig glänzende Tropfen, und sie schwebten in der Luft, als wären sie schwerelos. Wie ein Perlenvorhang schwebten sie über dem Boden. Ein unheimliches Flimmern hatte sich um jeden einzelnen Tropfen gelegt und ließen sie leuchten wie Abermillionen Glühwürmchen. Und da fiel Sam endlich auf, was sich verändert hatte: Es war still geworden. Außer dem Quietschen des Scheibenwischers war nichts zu hören. Das Geräusch zerplatzender Regentropfen auf dem Blech des Autos war verstummt.
"Was zum …?!"
Lariana kurbelte das Seitenfenster herunter, um ihre Hand rauszustrecken. Das merkwürdige Phänomen beschäftigte sie deutlich mehr als Sams unberechenbarer Fahrstil.
"Merkwürdig. Das fühlt sich gar nicht an wie Regen … eher als würde man seine Hand durch eine volle Badewanne ziehen." Ein überraschter Aufschrei ließ Sam zu ihr hinüberblicken. Ungläubig sahen sie beide auf die dünne Schicht aus Wasser, die sich wie ein Fäustling um ihre Hand gelegt hatte. Als sie versuchte, das Wasser mit der anderen Hand fortzuwischen, blieb ein Teil davon an ihrer anderen Hand haften.
"Was ist hier los?" fragte sie mit einem Anflug von Panik in der Stimme. "Halt an. Halt sofort an!"
Sam trat das Bremspedal voll durch. Das metallische Rattern übertrug sich durch das Bremspedal auf seinen Fuß - das Antiblockiersystem sprang an. Doch sonst passierte nichts. Mit unverminderter Geschwindigkeit rutschte das Auto wie bei Blitzeis weiter über die Fahrbahn. Sam umklammerte das Lenkrad mit weiß hervortretenden Knöcheln. Jetzt legte sich das allgegenwärtige Flimmern der Regentropfen auch auf die Windschutzscheibe und bildete eine durchsichtige Decke. Der Scheibenwischer sorgte lediglich für sanfte Wellenbewegungen, wischte nichts fort. Verschwommen sah Sam, dass die immer noch verwaiste Straße eine Kurve beschrieb, und versuchte zu lenken … Keine Reaktion. Nach wie vor raste der Polo geradeaus auf eine Eiche mit ausladender Baumkrone zu.
"O mein Gott ..." Lariana krallte ihre Finger in den abgenutzten Saum ihres Sitzes.
Das Letzte, was Sam in seinem Leben hörte, waren der spitze Schrei aus ihrer Kehle und das Krachen, als der Wagen gegen den Stamm knallte. Sein letzter Gedanke: Schade ist es um den Polo nicht.
Ankunft
Alles um ihn herum war schwarz und er konnte sich nicht bewegen. Doch bevor die Panik über Sam zusammenschlagen und sein Bewusstsein mit sich reißen konnte, hörte er etwas: wispernde Stimmen. So leise, dass er die Worte nicht verstand. Sam beruhigte sich etwas. Wahrscheinlich war er in einem Krankenhaus und das Flüstern kam von Ärzten, die draußen vor der Tür seinen Fall diskutierten. Allerdings wurde das Wispern mal lauter und deutlicher, dann wieder leiser, als würden sich die Personen vor seinem Zimmer auf und ab bewegen. Verstehen konnte Sam aber trotzdem nichts, und das störte ihn, denn in ihm keimte ein unbestimmtes Gefühl, dass es wichtig war. Sprachen sie zu ihm oder über ihn? Wollten sie ihm etwas sagen oder diskutierten sie nur seinen Fall? Die Stimmen wurden schließlich leiser und verloren sich in der unendlichen Schwärze, die ihn von allen Seiten umgab.
Dann waren sie verschwunden und hinterließen in ihm Niedergeschlagenheit und das unbestimmte Gefühl, eine Gelegenheit verpasst zu haben.
Als Sam eine Erschütterung spürte, hielt er das für ein gutes Zeichen. Obwohl er sich nicht regen konnte, spürte er seinen Körper wieder. War er gerade vom OP-Tisch ins Krankenbett gehoben worden? Schob man ihn gerade aus dem OP-Saal? Sam schlug die Augen auf und sog scharf Luft ein. Nein, dies war definitiv kein Krankenhaus. Er befand sich in einer Halle mit golden leuchtenden Wänden, die von Zugängen unterbrochen wurden, hinter denen goldschimmernde Korridore aus dem gleichen merkwürdigen Material zu sehen waren. Doch woher das indirekte Licht stammte, konnte er nicht ausmachen. Es gab keine Fenster, keine Übergänge, keine Nahtstellen. War diese Halle aus einem massiven Block dieses goldglänzenden Materials herausgefräst worden? Wände und Decke wirkten makellos. Keine Kratzer, keine Flecken, keine Unebenheit verunstaltete das Bild. Hier herrschte vollkommene Leere - keine Möbel, keine Gegenstände, nicht ein Staubkorn lag herum.
Sam fühlte sich wie in einem Albtraum gefangen, als hätte seine Psyche die innere Isoliertheit seines Selbst nach außen gekehrt und in dieser Halle verstofflicht. Wo war er? Und was passierte mit ihm? Immer noch konnte er keinen Finger rühren, spürte zwar seine Gliedmaßen, aber sie fühlten sich so fremd an, als hätte er sie noch nie benutzt. Eine erneute Erschütterung ging durch den Boden und Sam bekam es mit der Angst zu tun. Warum konnte er sich nicht bewegen?!
"Los, aufstehen!"
Und sofort stand Sam auf seinen Füßen. Die Stimme hatte mit so viel Autorität gesprochen, dass seine Glieder ohne bewussten Befehl seines Gehirns gehorcht hatten. Die Gestalt, von der der Befehl gekommen war, hätte aus einem Superheldenfilm stammen können. Sie trug einen martialisch aussehenden Anzug, wie die futuristische Version einer Samurai-Rüstung, und noch bedrohlicher wirkte die unförmige Waffe, die auf Sams Brust gerichtet war. Sie erinnerte ihn an ein schlichtes Rohr - allerdings eines, an das ein Abzugshebel montiert worden war. Langsam hob Sam die Arme.
"Wer sind Sie? Was machen Sie hier?", klirrte ihm die Stimme aus verborgenen Lautsprechern wie Eis entgegen.
"Ich … ich weiß es nicht." Sam blickte unwillkürlich an sich herab und bekam den nächsten Schock. Seine Haut glänzte so golden wie die Wände, als hätte man ihn von Kopf bis Fuß angemalt. Er betastete sich, als steckte er im Körper eines Fremden. Halb erwartete er, gar nichts zu spüren, aber es waren definitiv seine Hände, sein Körper. Trotzdem - etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Selbst wenn er den Unfall überlebt hatte, musste er doch schwere Verletzungen davongetragen haben. Aber er spürte keinen Schmerz, fühlte sich wie neugeboren.
"Runterkommen!"
Erst jetzt bemerkte Sam, dass er auf einer kreisrunden Plattform aus eben jenem rätselhaft goldenen Material stand. Zögernd stieg er die Stufen hinab und registrierte erstaunt, dass die Seiten der Plattform so rau waren, als hätte man sie grob aus dem Stein gehauen. Krater und Risse durchzogen die Seiten und bildeten einen eigenartigen Kontrast