Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman. Marisa Frank
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Читать онлайн книгу Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman - Marisa Frank страница 40
»Ich habe das gar nicht so gemeint«, entschuldigte sich Angelina ein wenig verlegen. »Aber könnte es nicht sein, daß Sie sich täuschen?«
Die Oberin schmunzelte.
»Ich glaube nicht. Er hat es direkt gesagt. Und er befürchtet, daß du nichts mit ihm zu tun haben willst, weil er dir zu alt ist.«
»Zu alt?« rief Angelina fassungslos. »Aber er ist doch nicht zu alt, oder?«
»Ich finde nicht«, erwiderte die Oberin vergnügt. »Aber frage doch mal euren alten Gärtner, der ja wohl mehr ist als nur dein Angestellter.«
»Ja«, stimmte Angelina herzlich zu. »Herr Buchner ist viel mehr als nur ein Angestellter. Er ist mein väterlicher Freund, dem ich voll und ganz vertraue.« Sie nickte, als sie das sagte, zu dem alten Gärtner hin, der eben aus dem Verkaufsraum hereinkam, um Blumen für einen Kunden aus dem Kühlraum zu holen. Er strahlte bei ihren Worten über sein ganzes zerfurchtes Gesicht und ging eilig hindurch, weil es ihm ziemlich peinlich war, so gelobt zu werden, und weil er auch nicht recht wußte, wie er darauf reagieren sollte. Nur eines war für ihn klar: Für seine Komteß würde er sich in Stücke reißen lassen!
»Ich glaube, ich brauche ihn nicht zu fragen«, sagte Angelina inzwischen zur Mutter Oberin. »Er redet die ganze Zeit auf mich ein, liebenswürdiger zu Dr. von Hohenried zu sein. Ich vermutete bisher, daß es ihm hauptsächlich um das Geschäft geht, aber jetzt…« Sie brach ab und fragte nochmals: »Sind Sie sich auch ganz sicher, liebe Mutter Oberin?«
»Nun, wenn ein Mann wie Hohenried von Heirat spricht, darf man doch annehmen, daß er es ernst meint. Schließlich hat er keinen Grund, sich deiner alten Lehrerin anzuvertrauen.«
Das war richtig.
»Es ist so schwer vorstellbar«, seufzte Angelina. »Weil ich doch…«
»Wieso schwer vorstellbar? Du bist ein selten schönes Mädchen, und Hohenried findet sogar, daß du das schönste Mädchen bist, das er jemals gesehen hat.«
»Aber mein Bein…« Fast hätte Angelina bei der Erwähnung ihres Gebrechens zu weinen angefangen, so verwirrte sie alles, was die Mutter Oberin ihr erzählte.
»Ach, dein Bein. Natürlich ist es schade, daß du diesen Fehler hast, aber wenn man dein Gesicht und dein Herz sieht, dann, mein Kind, fällt das wirklich nicht mehr ins Gewicht.«
»Ich möchte das alles so gern glauben«, flüsterte Angelina.
»Nun, dann glaube, daß der liebe Gott wiedergutmachen möchte, was immer an dir verschuldet wurde. Und jetzt: Gottes Segen, mein Kind! Ich versuche, am Wochenende in die Stadt zu kommen und dich zu treffen, wenn du nichts Besseres vorhast.«
»Was könnte ich Besseres vorhaben?« rief Angelina voller Vorfreude.
»Man kann nicht wissen«, war die liebevolle Antwort.
»Herr Buchner, Herr Buchner, haben Sie gehört?« Angelina vergaß ihre sonstige Scheu und lief, so rasch sie konnte, in den Verkaufsraum.
»Wir brauchen ein Dutzend von unseren blauen Rosen, Komteß«, sagte Buchner, weil sie erschrocken stehenblieb, der Laden war voller Kundschaft.
»Ja, ich hole sie«, sagte sie schnell und hinkte eilig hinaus.
»Wer ist denn das?« hörte sie die Stimme der älteren Dame, die Buchner eben bediente.
»Das ist die Inhaberin des Geschäftes«, erwiderte er.
»Mein Gott, was für ein schönes Mädchen«, sagte die Dame.
Sie fand sie schön. Hatte sie das Hinken nicht bemerkt oder fand sie sie etwa trotzdem schön? Angelina stand im Kühlraum und wußte nicht mehr, was sie hier sollte. Schließlich kam Buchner, um nachzusehen.
»Ist Ihnen nicht gut, Komteß?« fragte er besorgt, weil sie so verwirrt und hilflos dastand.
Sie wandte sich ihm zu und fiel ihm dann um den Hals.
»Im Gegenteil! Es ist mir so gut, ich kann alles noch immer nicht ganz glauben. Woher hatte Dr. von Hohenried denn die Adresse?« fragte sie und lachte den alten Mann, der jetzt genauso verwirrt war wie sie, an.
Er wurde verlegen.
»War es nicht recht?«
»Es war sehr recht! Vielen, vielen Dank! Und bitte: Darf ich ›Onkel Buchner‹ zu Ihnen sagen.«
Jetzt hatte der Gärtner Tränen in den Augen.
»Mein Gott, Komteß!« Er räusperte sich energisch. »Aber ich muß jetzt wirklich die Kundschaft bedienen.«
*
Am folgenden Morgen stand Angelina lange vor dem Spiegel und betrachtete sich kritisch. Ihre Augen, ihr Haar, ihren Mund – es war richtig, sie war nicht häßlich. Aber so schrecklich blaß! Kränklich sah sie aus. Und dazu ihr Bein! Nein, ihre Mutter hatte leider wohl doch recht. Ein kranker Mensch, ein behinderter Mensch konnte nicht schön sein.
Vielleicht nicht schön, aber ansprechend? Sie seufzte. Wenn das zutraf, was die Mutter Oberin ihr erzählt hatte… vielleicht sah sie frischer aus, wenn sie sich ein wenig schminkte. Wie vor ein paar Tagen, als sie nach Hohenried hinausfuhr, tuschte sie die Spitzen ihrer langen Wimpern und verwendete ein zartes Rot für ihre Lippen. Es erschien ihr nicht genug, und sie legte etwas Rouge auf ihre Wangen.
Angelina war nicht sehr bewandert mit modischem Make-up. Ihre Mutter pflegte zu sagen: Je weniger du tust, je weniger du auffällst, um so besser. Das Ergebnis war danach. Mit einem tiefen Seufzer wischte sie sich das Rouge wieder ab.
Von ihren Kleidern wählte sie einen knöchellangen, schwarzgrau-gestreiften Wickelrock aus Baumwolle in Leinenstruktur, der ihren Schuh fast ganz verbarg. Eigentlich war er zu sommerlich, sie glich es mit einem schwarzen, seidenen Rollkragenpullover aus.
Sie kam sich ziemlich seltsam vor, wie sie, für ihre Verhältnisse aufgeputzt, im Geschäft erschien.
»Bitte, lachen Sie mich nicht aus, Onkel Buchner«, bat sie.
»Ich lache, weil ich mich freue, Komteß, daß Sie endlich ein bißchen eitel werden«, erwiderte er, und das Lachen zauberte zu seinen Furchen hundert kleine Fältchen um seine freundlichen Augen. Als Angelina daraufhin errötete, stellte er zufrieden fest: »Und jetzt haben Sie sogar noch rosige Wangen!«
Jedesmal, wenn das Telefon läutete, zuckte Angelina zusammen. War er das? Jedesmal, wenn die Türglocke anschlug, wurde ihr heiß. Kam er jetzt?
Es wurde Nachmittag, und weil sie nichts von Hohenried hörte, redete sie sich selbst zu: Unsinn! Die gute Mutter Oberin hat etwas geglaubt, was sie sich wünschte. Überlege dir lieber, was du ihm vorschlägst, falls er anrufen sollte wegen dieser Dekoration.
Es ging auf sechs Uhr. Angelina war zutiefst enttäuscht, auch wenn sie sich verzweifelt bemühte, es sich nicht anmerken zu lassen.
Schließlich konnte Buchner es nicht länger mit ansehen.
»Komteß«, sagte er vernünftig, »Sie dürfen nicht vergessen, daß Herr Dr.