Soul Surfer. Bethany Hamilton
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Ich weiß, dass ich das, was mir widerfahren ist, als Gelegenheit nutzen will, um den Menschen zu sagen, dass Gott unseres Vertrauens wert ist, und ihnen zu beweisen, dass man weitergehen und wunderbare Dinge machen kann trotz schrecklicher Ereignisse, die eintreten. Ich halte es nicht für gut, herumzusitzen und sich selbst zu bedauern. Ich habe mir selbst eins versprochen: dass ich mich nicht in Selbstmitleid ergehe und jammere: „Ach, ich Arme!“
Noch etwas solltest du unbedingt wissen: Dieses Buch hat noch kein richtiges Ende, da ich noch immer lerne, jeden Tag neu anzupacken. Ich rede nicht davon, wie ich lerne, mein Oberteil mit einer Hand zuzuknöpfen. Ich rede davon, damit umzugehen, mit meinen fünfzehn Jahren schon berühmt zu sein, was ich mir nie hätte vorstellen können. Oder damit umzugehen, dass die Leute mich anstarren – entweder weil sie mich erkennen, oder weil sie nicht daran gewöhnt sind, jemanden zu sehen, der mit einem Arm den Strand entlangläuft. Oder damit umzugehen, den Medien endlos Fragen zu beantworten oder mein Gesicht in Zeitungen und Zeitschriften zu sehen.
Außerdem muss ich lernen, mit dem Frust umzugehen, wenn ich erkenne, dass ich in einem Wettkampf etwas besser abgeschnitten hätte, wenn ich beide Arme zum Paddeln gehabt hätte.
Ich freue mich über die Gelegenheit, die ganze Welt zu bereisen und zu surfen – weil ich nach dem Unfall wieder zu surfen angefangen habe. Am spannendsten finde ich zu sehen, was die Zukunft bereithält. Werde ich es bis zum Profi-Surfer schaffen? Wird meine „uralte“ Freundin und Surfkameradin Alana in den nächsten Jahren noch neben mir paddeln, wie sie es heute tut und wie sie es während des Haiangriffs getan hat? Werde ich auf irgendeine Art und Weise das Leben von Menschen verändern, indem ich ihnen meine Geschichte erzähle?
Was hat Gott für mich auf Lager? Ich weiß es wirklich nicht. Aber eins ist gewiss: Das Abenteuer hat erst begonnen.
Es kam buchstäblich aus heiterem Himmel.
Es gab keinerlei Vorwarnung; nicht das kleinste Anzeichen einer Gefahr am Horizont. Das Wasser war kristallklar und ruhig – es wirkte eher wie ein Pool als die tiefe See von Kauai, Hawaii, wo ich jeden Morgen mit meiner Freundin Alana Blanchard oder den anderen Mädchen vom Mädchen-Surfteam von Hanalei surfen gehe. Die Wellen waren klein und brachen dauernd in sich zusammen. Ich ließ mich von ihnen tragen, hatte meinen rechten Arm an der Nase meines Surfbretts und den linken Arm locker im kühlen Wasser. Ich weiß noch, dass ich dachte: „Hoffentlich kommt die Welle bald mal auf Touren ...“, als plötzlich ein grauer Schatten auftauchte.
Der Bruchteil einer Sekunde – das war alles. Ich nahm einen großen Druck und mehrmaliges blitzschnelles Zerren wahr. Ich konnte keine Details ausmachen, aber ich wusste, dass ein über vier Meter langer Tigerhai seine gewaltigen Kiefer vorne in mein Surfbrett und meinen linken Arm geschlagen hatte. Dann sah ich unter Schock zu, wie sich das Wasser um mich herum hellrot färbte. Irgendwie schaffte ich es, ruhig zu bleiben und Richtung Strand zu paddeln. Mein linker Arm war fast bis zur Achsel weg, ebenso wie ein halbmondförmiges Stück aus meinem rot-weiß-blauen Surfbrett ...
Ein Morgen wie jeder andere
Es war noch dunkel, so gegen fünf Uhr früh, als meine Mutter Cheri die Zimmertür aufstieß, hineinlugte und rief: „Na, wie wärs mit surfen?“
Bevor ich auch nur meine verschlafenen Augen öffnen konnte, sprang Ginger, unser Sharpei, auf mein Bett und gab mir ihren feuchten Guten-Morgen-Kuss.
Ich hoffte, es würde ein perfekter Morgen zum Surfen. Die letzten drei Tage hatte es geschüttet, aber jetzt hörte ich keine Regentropfen auf die großen Pflanzen vor meinem Fenster platschen. Ja! Vielleicht hatte sich der Sturm verzogen und die warme Tropensonne kam heute wieder zum Vorschein.
Ich blieb noch ein paar Minuten im Bett und hörte meiner Mutter bei ihren morgendlichen Ritualen zu: Zuerst schaltet sie den Fernseher im Wohnzimmer ein und lauscht dem Wetterbericht für unsere Insel, während sie einen starken Kaffee aufbrüht. Sie hört sehr aufmerksam zu, und zwar nicht nur der Vorhersage, sondern auch den Buoy Reports, den Berichten von den Bojen draußen im Meer, die etwas über die „Swell“, die Dünung der Wellen, aussagen.
Ich knipste meine Nachttischlampe an. Meine Lampe ist ziemlich cool: Sie hat einen durchsichtigen Fuß, den ich mit Muscheln gefüllt habe. Eigentlich ist mein ganzes Zimmer voll von Muscheln. Keine Frage: Ich habe jede Menge coolen Schnickschnack und Dutzende Pokale von Amateur-Surfwettkämpfen. Aber ich bin mir sicher, das Erste, was ich mir schnappen würde, wenn das Zimmer in Flammen stünde, wären meine hübschen Sunrise Shells, die ihren Namen von ihren Farben – wie ein Sonnenaufgang – haben. Sie sind selten und unbeschädigt nur schwer zu finden, aber sie sind die atemberaubendsten Muscheln, die ein Strandurlauber auf Kauai finden kann.
Ich weiß, viele Mädchen machen sich Gedanken, was sie in der Schule oder zu einer Verabredung anziehen sollen. Und ich? Meine größte Sorge ist immer, welchen Badeanzug ich zum Surfen anziehe. An meinen Garderobenhaken hängen mindestens ein Dutzend verschiedene Modelle (tja, das sind die Vorteile, die man genießt, wenn man von einer großen Bekleidungsfirma gesponsert wird – in meinem Fall Rip Curl).
Mein Blick fiel auf etwas Schwarzes in meinem Kleiderschrank: Eine schwarze Hose, die ich wenige Tage zuvor in einem Secondhand-Laden erstanden hatte und die zu einem Halloween-Kostüm gehörte. Meine beste Freundin Alana kaufte sich auch eine. Und dazu kauften wir uns noch tolle schwarze Schuhe, die richtig gut dazu passten. Wir wollten als „mexikanische Mafia“ gehen, weil sich das albern anhört. Zuerst wollten wir dann in unseren Zwillingskostümen zur Halloween-Party unserer Gemeinde gehen und dann in der Nachbarschaft umherziehen. Auf einmal fiel es mir ein: Heute ist ja Halloween.
Halloween auf Hawaii ist ein bisschen kompliziert. Anders als auf dem Festland, wo die Leute ihre Kürbisse eine Woche vor dem Feiertag aushöhlen, ist es hier so warm und feucht, dass ausgehöhlte Kürbisse höchstens ein, zwei Tage stehen können, bevor sie sich einen Schimmelbart wachsen lassen oder von alleine schlapp machen.
Als ich mich fertig machte, wachte auch der Rest meiner Familie auf. Ich hörte meinen Vater Tom oben durchs Schlafzimmer poltern. Mein Vater ging oft mit mir surfen (er und Mama haben mir das Surfen beigebracht), doch heute musste er wegen einer Knieoperation ins Krankenhaus. Nichts Kompliziertes – am Abend würde er sogar wieder zu Hause sein. Allerdings müsste ihn jemand – meine Mutter oder einer meiner älteren Brüder, Noah oder Timmy – ins Krankenhaus bringen und wieder abholen.
Ich zog einen rot-weiß-blauen Badeanzug (passend zu meinem rot-weiß-blauen Surfbrett) an und ging ins Wohnzimmer. Meine Mutter wartete schon mit Schlüsselbund, Geldbörse, Sonnenbrille, Videokamera und meinem Frühstück für unterwegs auf mich. Sie ist, glaube ich, genauso begeistert vom Surfen wie ich. Sie ist ja auch schon eine Surfnärrin, seit sie so alt war wie ich jetzt.
„Die Bojen zeigen kaum Wellentätigkeit an“, informierte sie mich. „Wir können ja mal schauen, wie es in Pauaeaka ist – gestern soll es da ganz gut gewesen sein.“
Ich mag Pauaeaka sehr. Es liegt an der Nordküste von Kauai. Es hat seinen Namen von den kreisrunden Wellen, die hohl sind und richtig schnell. Beim Surfen fühlt man sich oft, als würde man aus einem Kanonenrohr herausgeschossen kommen. Das ist nur was für Profis, denn die Wellen können sehr gewaltig und ein bisschen gefährlich sein.
Surfer beurteilen die Qualität einer Welle nach ihrer Form; je hohler und schneller der obere Rand zum Wellental hin abfällt, desto besser. So