Dunkelsonne. Marie Kastner

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Dunkelsonne - Marie Kastner

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wohlverdienten Kaffee spendieren. Also, wie wäre es mit der Cafébar Black Bean am Ludwigsplatz?«, sprudelte sie heraus.

      Kalle wirkte überrascht – und erfreut.

      »Ja, logisch. Ich weiß, wo das ist. Muss nur zusehen, wo ich bei diesem Sauwetter das Bike parken kann. Alles klar, dann treffen wir uns kurz nach fünf. Bin schon mächtig gespannt, ob meine Fahrzeugdiagnose gepasst hat.«

      Damit legte er auf.

      Greta ärgerte sich zwar maßlos darüber, dass sie ihre Aufregung schlecht hatte verbergen können, fühlte sich aber quicklebendig. Von neuer Tatkraft beseelt, stellte sie die restlichen Abrechnungen in Windeseile fertig. Alle fünf Minuten sah sie auf ihre Armbanduhr. Noch eine Stunde, noch fünfundfünfzig Minuten …

      *

      Das Black Bean war an diesem regnerischen Nachmittag kaum besucht – um diese Jahreszeit ein völlig normales Bild. Vor allem in den Sommermonaten platzte die Café-Bar aus allen Nähten, dann gab es im Außenbereich nur selten freie Stühle. Neben einem Springbrunnen in der Fußgängerzone gelegen, luden die Sitzplätze an runden Holztischen unter riesigen, cremefarbigen Sonnenschirmen zum Sehen und Gesehen werden ein.

      Zehn nach fünf stieß Greta Lindenhardt die Glastür des Lokals mit dem Fuß auf, schüttelte die Nässe vom Schirm und sah sich suchend um. Kalle schien noch nicht eingetroffen zu sein. Sie setzte sie sich ans Fenster, in die Nähe der Verkaufstheke. Voller Nervosität nahm sie die hochglänzende Karte aus dem Ständer in der Tischmitte, studierte sie halbherzig. Immer wieder schielte sie über den Rand hinweg zum Eingang, musterte mit kritischem Blick die Umgebung.

      Das Black Bean war auch innen sehr ansehnlich. In warmen Braun-, Maisgelbund Beigetönen gehalten und mit roter Backsteinoptik akzentuiert, verströmte es heimelige und gleichzeitig moderne Gemütlichkeit. Dennoch fühlte sie sich ein bisschen unwohl. Wo blieb nur Kalle? Gedachte er sie zu versetzen?

      Der Kellner schlenderte heran, balancierte geschickt ein rundes Tablett mit leeren Gläsern.

      »Was darf es bei Ihnen sein?«

      Greta zögerte einen Augenblick, blätterte hektisch in der Karte und bestellte einen Café Latte.

      »Und mir einen Cappuccino, aber einen großen«, rief eine Bassstimme von der Tür her. Kalle. Sie hatte ihn gar nicht eintreten sehen. Der Kellner tippte die Bestellung in seinen mobilen Computer und schwirrte ab.

      Greta erhob sich und schüttelte dem nach nassem Leder und Schweiß riechenden Biker die Hand.

      »Hallo, freut mich, dass Sie kommen konnten. Und nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe.«

      »Mensch Mädel, nun zieh dir den Stock aus dem Hintern! Wir sind gestern auf demselben Bike gesessen. Da ist man nicht mehr per Sie. Ich bin der Kalle, und du bist … ? Ich hab es mir vorhin am Telefon leider nicht gemerkt.«

      »Greta Lindenhardt. Ein sehr altmodischer Name, ich weiß. Der kommt von meiner Großmutter.«

      »Greta … ich finde ihn klasse. Hat was. Und, Greta Lindenhardt, ist dein Auto inzwischen repariert?«

      »Ich bekomme es morgen zurück. Hat dank Ihrer … deiner Hilfe prima geklappt. Der Anlasser war tatsächlich kaputt. Du scheinst dich gut mit Fahrzeugen auszukennen.«

      Sie setzten sich, die Getränke wurden geliefert. Es entstand eine beklemmende Gesprächspause. Was, zum Teufel, sollte sie mit Kalle eigentlich reden? Der Typ war ihr schließlich fremd. Er taxierte sie neugierig.

      »Lass mich mal raten … du hast einen bodenständigen Job, wohnst mit Mann und Kindern in einem blitzsauberen Haus, fährst einmal pro Jahr in Urlaub und wartest gelangweilt auf die Rente, habe ich Recht?«

      Greta war baff. Einerseits empfand sie seine Direktheit als unverschämt, denn eigentlich ging ihn das alles nichts an. Andererseits hatte er ihr ereignisloses Leben mit einem einzigen Satz auf den Punkt gebracht, was sie ziemlich verblüffte.

      »Wenn du es so negativ ausdrücken willst. Ich habe tatsächlich Ehemann und zwei Kinder, elf und acht Jahre alte Jungs, arbeite Vollzeit in der Anzeigenredaktion der Mittelfränkischen Rundschau. Heuer waren wir für vierzehn Tage in Kroatien auf Urlaub.«

      Es klang ein wenig pikiert.

      »Tja, ich bin ein prima Analyst«, brummte er selbstgefällig. »Ich heiße eigentlich Karl-Heinz Herbert Manz, Familie Fehlanzeige, und arbeite dreißig Stunden pro Woche bei einem Shop für Motorradbekleidung. Der liegt ganz in der Nähe vom Autohaus, bei dem ich dich gestern abgesetzt habe. Statt einer Familie besitze ich eine Harley, die ist mein ganzer Stolz.«

      »Klingt auch nicht viel aufregender«, bemerkte Greta.

      »Stimmt. Aber ich habe im Gegensatz zu dir eine Perspektive«, fügte er spitzbübisch hinzu.

      »Ah ja? Und die wäre?«

      »Nur noch ein paar Monate, dann haue ich für immer nach Malle ab. Dort werde ich am Strand eine Kneipe eröffnen, habe schon ein passendes Lokal in Aussicht. Dann heißt es: Tschüs Deutschland – hallo Leben!«

      »Du willst auswandern und in die Gastronomie gehen? Aber das ist riskant, am Ballermann gibt es doch schon jede Menge Kneipen.«

      »Keine, in der zünftiger Heavy Metal gespielt wird. Die haben doch alle nur dieses beschissene Frohsinnund Schlagergedöns am Laufen. Nee, bei mir wird es tschechisches Bier und anständige Musik geben. Ich bin mir sicher, dass da unten genügend Leute sehnsüchtig auf sowas wie das Biker’s Beach warten.«

      »Kann ich nicht beurteilen. Wann soll es losgehen?«

      »Ich darf das Lokal leider erst Ende August übernehmen. Bis dahin muss ich hier in Mordor noch ausharren.«

      »Aber dann ist die Saison 2014 bereits vorüber, die Sauregurkenzeit fängt an. Ich war mal in der Nachsaison für ein paar Tage in Paguera und habe das mitbekommen. So ab Mitte September wird die Wetterlage auf der Insel instabil, dann tummeln sich dort viel weniger Touristen. Nahezu alle Strandbars schließen über die kühlen Monate.

      Und was meinst du überhaupt mit Mordor?« Kalle lachte schallend, verdrehte die Augen.

      »Hast du etwa die Herr der Ringe Trilogie nicht gesehen? Da gibt es eine finstere, unwirtliche Gegend, die … «

      »Doch, das habe ich. Ich weiß nur nicht, wieso du dieses finstere Höllenszenario mit Deutschland gleichsetzt«, unterbrach sie seine spöttische Erläuterung. Sie ärgerte sich über diesen selbstgerechten, respektlosen Kerl, doch gleichzeitig faszinierte sie seine ungehobelte Art. In seiner Gegenwart kam sie sich wie ein kleines, unerfahrenes Mädchen vor.

      Dieser Kalle verhielt sich ganz anders als Dirk, ihr Ehemann. Letzterer war konservativ, zurückhaltend, verlässlich, berechenbar, Opern-Fan, dürr wie ein Spargel, bekam eine Glatze und liebte Gesetz und Ordnung über alles. Und dieses lederbezogene Exemplar? Überall behaart, breitschultrig, forsch, wagemutig und überaus selbstbewusst, an Rockmusik und Kneipen interessiert. Mehr Gegensatz ging kaum.

      Er schien Gedanken lesen zu können.

      »Weiß dein Macker, dass du dich hier mit mir triffst?«

      »Äh … nein, warum

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