Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift

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Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten - Jonathan Swift

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schwerlich Glauben schenken. Ein strenger Kritiker würde wenigstens zu der Meinung geneigt sein, ich pflege ebenso zu vergrößern, wie man dies bei Reisenden oft zu bemerken gewohnt ist. Ich fürchte nur, daß ich aus Furcht vor diesem Tadel in das Extrem verfallen bin; daß ferner dem König von Brobdingnag und seinem Volke, im Fall dieses Buch in die Landessprache übersetzt und dorthin versandt werden sollte, genügender Grund zu der Beschwerde geboten werde, ich habe hier und da der Nation durch falsche und verkleinerte Darstellung unrecht getan.

      Der König hält selten mehr als sechshundert Pferde in seinen Ställen; diese Pferde sind gewöhnlich fünfzig bis sechzig Fuß hoch; reist er aber an Feiertagen außerhalb der Stadt, so wird er des fürstlichen Glanzes wegen von fünfhundert Mann Kavallerie aus der Milizgarde begleitet. Ich glaube, diese Truppe gewährt den prächtigsten Anblick, den ich jemals gehabt hatte, bis ich einen Teil der Armee in Schlachtordnung aufgestellt erblickte, wovon ich später sprechen werde.

      Fünftes Kapitel

      Mehrere Abenteuer, die der Verfasser besteht. Die Hinrichtung eines Verbrechers. Der Verfasser zeigt seine Geschicklichkeit in der Schiffahrt.

      Ich würde in diesem Lande sehr glücklich gelebt haben, wenn meine Kleinheit mich nicht mehreren lächerlichen und verdrießlichen Situationen ausgesetzt hätte. Einige davon bin ich hier so frei zu erzählen. Glumdalclitch trug mich oft in meiner kleinen Schachtel zum Hofgarten und pflegte mich herauszunehmen, mich in der Hand zu halten oder mich auf den Boden zu setzen, damit ich umhergehen konnte. Wie ich mich erinnere, folgte uns der Zwerg, ehe er die Königin verließ, eines Tages in den Garten. Meine Wärterin hatte mich auf den Boden gesetzt; ich kam mit ihm neben einem Zwergapfelbaum zusammen, ein Wort, das sich ebenso in unserer Sprache wie in der von Brobdingnag findet. Somit mußte ich notwendigerweise meinen Witz in einer albernen Anspielung auf ihn und den Baum zeigen. Hierauf nahm der boshafte Schelm den Augenblick wahr, als ich gerade unter dem Baume herging, und schüttelte ihn über meinem Kopfe so, daß ein Dutzend Äpfel, jeder so groß wie ein Faß, in der Nähe meiner Ohren herabfiel. Als ich mich nun deshalb bückte, fiel mir ein Apfel auf den Rücken und warf mich auf alle viere zu Boden, allein ich wurde nicht beschädigt, und der Zwerg erhielt auf meine Bitte Verzeihung, weil ich die Veranlassung zu jener Handlung gegeben hatte.

      An einem anderen Tage ließ mich Glumdalclitch auf einem weichen Rasenplatz, damit ich dort umherwandelte, während sie in einiger Entfernung mit ihrer Erzieherin spazierenging. Inzwischen fiel ein so furchtbarer Hagelschauer, daß ich durch die Gewalt der Schloßen sogleich zu Boden geschlagen wurde. Als ich nun dalag, erhielt ich so furchtbare Püffe auf den ganzen Leib, als ob ich mit Bällen beworfen würde. Es gelang jedoch meinen Anstrengungen, auf allen vieren fortzukriechen und mich unter einer Thymianstaude zu bergen; ich war aber von Kopf bis zu Fuß so mit Beulen bedeckt, daß ich zehn Tage lang nicht ausgehen konnte. Der Leser braucht sich übrigens hierüber nicht zu wundern, denn die Natur beobachtet dort in allen ihren Wirkungen dasselbe Verhältnis, und somit ist ein Hagelkorn in Brobdingnag zehnmal größer als ein europäisches. Diese Behauptung kann ich nach eigener Erfahrung aufstellen, denn ich habe aus Neugier die Körner gewogen und gemessen.

      Ein gefährliches Abenteuer bestand ich in demselben Garten, als meine kleine Wärterin mich niedergesetzt hatte, und zwar, wie sie glaubte, an einem sicheren Ort (ich bat sie nämlich öfter, dies zu tun, damit ich mich meinen Gedanken ungestört überlassen könne). Sie hatte die Schachtel, um der Last des Tragens überhoben zu sein, nicht mitgenommen und ging mit ihrer Erzieherin und einigen Damen ihrer Bekanntschaft in einem anderen Teile des Gartens spazieren. Während ihrer Abwesenheit kam ein Wachtelhund, der einem Gärtner gehörte, durch Zufall in den Garten, strich in der Gegend umher, wo ich lag, folgte seiner Nase, kam auf mich zu, nahm mich in sein Maul, lief mit mir geradewegs zu seinem Herrn und legte mich, indem er mit dem Schwanze wedelte, sanft auf den Boden nieder. Glücklicherweise war er so gut abgerichtet, daß er mich zwischen den Zähnen trug, ohne mir den geringsten Schaden zuzufügen oder auch nur meine Kleider zu zerreißen. Der arme Gärtner, der mich recht gut kannte und immer sehr artig gegen mich war, bekam einen furchtbaren Schreck, nahm mich mit beiden Händen auf und fragte, wie ich mich befinde; ich war aber noch voll Angst und außer Atem, daß ich kein Wort sprechen konnte. Als ich nach wenigen Minuten wieder zu mir kam, brachte er mich zu meiner kleinen Wärterin, die unterdessen an den Ort zurückgekehrt war, wo sie mich gelassen hatte, und in furchtbare Angst geriet, als ich nicht dort war und auf ihren Ruf keine Antwort gab. Sie gab dem Gärtner wegen seines Hundes einen strengen Verweis. Allein die Sache wurde unterdrückt und nie bei Hofe erzählt, denn das Mädchen fürchtete den Zorn der Königin, und was mich selbst betraf, so war ich der Meinung, jene Geschichte könne, wenn sie verbreitet würde, meinem Rufe nicht zum Vorteile gereichen.

      Dies Abenteuer veranlaßte bei Glumdalclitch den entschiedenen Entschluß, mich für die Zukunft außerhalb des Hauses nie aus den Augen zu lassen. Ich hatte diesen Entschluß schon lange befürchtet und deshalb mehrere kleine unglückliche Ereignisse verschwiegen, die mir, wenn ich allein war, zugestoßen waren. Ein Weih, der über dem Garten schwebte, stieß einmal auf mich nieder, und hätte ich nicht entschlossen den Degen gezogen und mich unter ein dichtes Spalier geflüchtet, so würde er mich sicherlich in seinen Fängen fortgetragen haben. Ein andermal stieg ich auf den Gipfel eines frischen Maulwurfhügels und fiel bis an den Hals in das Loch, woraus das Tier die Erde herausgeworfen hatte. Damals ersann ich eine Lüge, die des Erwähnens nicht wert ist, um mich wegen des Beschmutzens der Kleider zu entschuldigen. Einmal auch verletzte ich mein rechtes Schienbein; ich stolperte über ein Schneckenhaus, als ich allein spazierenging und an das arme England dachte.

      Ich weiß nicht mehr, ob es mir Vergnügen oder Kränkung verursachte, wenn die kleineren Vögel bei ihren Spaziergängen sich nicht vor mir zu fürchten schienen, sondern bis auf die Länge einer Elle vor mir herumhüpften und Würmer sowie andere Nahrung mit so viel Gleichgültigkeit und Sicherheit suchten, als befände sich kein Lebewesen in ihrer Nähe. Eine Drossel hatte sogar, wie ich mich erinnere, die Frechheit, ein Stück Kuchen, das Glumdalclitch mir zum Frühstück gegeben hatte, mit dem Schnabel aus meiner Hand zu schnappen. Wenn ich solche Vögel fangen wollte, liefen sie keck auf mich zu und suchten nach meinen Fingern zu picken, die ich klüglicherweise aus ihrem Bereich entfernt hielt, und dann hüpften sie ganz unbekümmert wieder zurück, um Würmer und Schnecken wie zuvor zu suchen. Eines Tages nahm ich aber einen dicken Stock und schleuderte ihn so geschickt nach einem Hänfling, daß ich ihn zu Boden schlug, worauf ich ihn mit beiden Händen anpackte, um ihn meiner kleinen Wärterin zu bringen. Der Vogel war aber nur betäubt gewesen, kam bald wieder zu sich und gab mir auf beiden Seiten des Kopfes und Leibes mit den Flügeln so heftige Schläge, obgleich ich ihn mit dem Arm so weit wie möglich von mir entfernt hielt und er seine Krallen nicht gebrauchen konnte, so daß ich zwanzigmal willens war, ihn wieder fliegen zu lassen. Bald aber befreite mich ein Bedienter, der dem Vogel den Hals umdrehte, und am nächsten Tage erhielt ich ihn auf Befehl der Königin zum Mittagessen. Der Hänfling war, soviel ich mich erinnere, beinahe noch etwas größer als ein englischer Schwan.

      Die Ehrendamen luden Glumdalclitch oft zu sich ein und baten sie, mich mitzubringen, damit sie das Vergnügen haben könnten, mich zu sehen und zu berühren. Sie entkleideten sich oft von Kopf bis zu Fuß und legten mich in voller Länge an ihren Busen, ein Verfahren, das mir den höchsten Widerwillen erregte, weil (um die Wahrheit zu sagen) ein sehr fataler Geruch aus ihrer Haut drang. Ich erwähne dies nicht in der Absicht, diesen ausgezeichneten Damen, für die ich jede Art der Achtung hege, etwas Unangenehmes nachzusagen, allein ich kann mir denken, daß mein Geruchssinn, im Verhältnis zu meiner Kleinheit, um so schärfer war und daß diese verehrten Personen ihren Liebhabern oder einander selbst nicht unangenehmer waren als Leute desselben Standes in England. Auch fand ich ihren natürlichen Geruch bei weitem erträglicher als den Duft der Parfüme, die sie mitunter gebrauchten. War dies der Fall, so fiel ich sogleich in Ohnmacht. So erinnere ich mich auch, daß ein gewisser Freund von mir in Liliput sich an einem heißen Tage, nachdem ich mir viele körperliche Anstrengung gemacht hatte, über einen starken Geruch meines Körpers beklagte, obgleich ich in dieser Hinsicht reinlicher bin als die meisten meines Geschlechts. Ich vermute jedoch, das

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