Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift

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Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten - Jonathan Swift

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die Königin, als ich in ihren Diensten stand, einen vollständigen Hausrat hatte anfertigen lassen, so hatten sich meine Ideen nach dem Verhältnis meiner Umgebung gebildet, und ich betrachtete meine eigene Kleinheit in derselben Weise, wie andere Leute ihre Fehler zu erkennen pflegen. Der Kapitän ging auf meinen Spaß ein und erwiderte ernsthaft mit der alten englischen Redensart: Er glaube, meine Augen seien größer als mein Magen; denn er bemerke, daß mein Magen nicht besonders gut sei, obgleich ich den ganzen Tag gefastet habe. Dann fuhr er fort, mich zu necken, und behauptete: Er würde sehr gern hundert Pfund gegeben haben, hätte er meine Kiste in dem Schnabel des Adlers oder von solcher Höhe in das Meer herabstürzen gesehen. Dies müsse wirklich ein höchst staunenswertes Ereignis gewesen sein, dessen Beschreibung der Nachwelt überliefert zu werden verdiene. Der Vergleich mit Phaeton lag so nahe, daß der Kapitän es nicht unterlassen konnte, ihn anzubringen, obgleich ich diesen Einfall nicht sehr bewunderte.

      Der Kapitän kam von Tunkin und war auf seiner Rückkehr nach England in den vierundvierzigsten Grad nördlicher Breite und den hundertundvierzigsten Grad der Länge nordöstlich verschlagen worden. Zwei Tage nach meiner Ankunft an Bord begann ein Passatwind; wir segelten zuerst südlich, dann der Küste von Neuholland entlang, hierauf Südsüdwest, bis wir das Kap der Guten Hoffnung umfuhren. Unsere Reise war günstig; ich will den Leser aber mit einer Beschreibung davon nicht langweilen. Der Kapitän lief ein paar Häfen an und setzte das lange Boot aus, um frisches Wasser und Lebensmittel einzunehmen. Allein ich verließ das Schiff nie mehr, als bis wir am 3. Juli 1706, ungefähr neun Monate nach meiner Befreiung, in den Dünen anlangten.

      Ich trug dem Kapitän meine Besitztümer als Bürgschaft für die Bezahlung der Überfahrt an, allein er schwur, von mir nicht einen Heller annehmen zu wollen. Wir nahmen sehr freundschaftlich voneinander Abschied, und ich entlockte ihm das Versprechen, mich zu Hause in Redriff zu besuchen. Dann mietete ich ein Pferd und einen Führer um fünf Schillinge, die mir der Kapitän borgte.

      Als ich nun unterwegs die Kleinheit der Häuser und Bäume, des Rindviehs und der Menschen bemerkte, begann ich zu glauben, ich sei in Liliput. Ich befürchtete, jeden mir begegnenden Reisenden zu zertreten, und schrie ihnen oft mit lauter Stimme zu, sie sollten mir aus dem Wege gehen, so daß jene mehreremal nahe daran waren, mich zu verhauen.

      Als ich nun mein Haus betrat, das ich hatte erfragen müssen, und als ein Bedienter die Haustür öffnete, bückte ich mich beim Hineingehen wie eine Gans, die ein Tor passiert, denn ich befürchtete, mir den Kopf einzustoßen. Meine Frau lief mir entgegen, um mich zu umarmen, ich bückte mich aber tiefer als ihre Knie, denn ich glaubte, sonst würde sie meinen Mund nicht erreichen können. Meine Tochter kniete vor mir nieder und bat mich um meinen Segen; ich sah sie aber nicht eher, als bis sie aufstand, da ich so lange gewohnt gewesen war, Kopf und Augen in die Höhe zu heben, um über sechzig Fuß hoch emporzusehen; dann umschlang ich ihren Leib mit meinem Arm, um sie in die Höhe zu heben. Einige meiner Freunde, die gerade im Hause waren, und mein Gesinde behandelte ich in solcher Weise, als sei ich ein Riese und sie nur Zwerge. Ich sagte meiner Frau, sie sei zu knickrig gewesen, denn ich fände sie halb verhungert und meine Tochter fast gänzlich ausgedörrt wieder. Kurz, ich benahm mich so sonderbar, daß alle bei der ersten Unterredung der Meinung des Kapitäns waren, Witz und Verstand seien mir gänzlich verschwunden. Dies führe ich als Beispiel an für die große Macht des Vorurteils und der Gewohnheit.

      In kurzem wurde das gute Einverständnis zwischen mir und meiner Familie wiederhergestellt. Meine Frau verbot mir, je wieder in See zu gehen, allein mein Schicksal hat es leider gefügt, daß sie keine Gewalt besaß, mich daran zu hindern, wie der Leser bald erfahren wird. Unterdessen mache ich hier Schluß mit dem zweiten Teil meiner unglücklichen Reise.

      Reise nach Laputa, Lagado usw.

      Erstes Kapitel

      Der Verfasser beginnt seine dritte Reise. Wird von Piraten gefangengenommen. Die Bosheit eines Holländers. Die Ankunft auf einer Insel. Er wird in Laputa aufgenommen.

      Ich war kaum zehn Tage zu Hause gewesen, als Kapitän William Robinson aus Cornwallis, Befehlshaber der »Hoffnung«, eines starkgebauten Schiffes von hundert Tonnen, mich besuchte. Ich war früher Wundarzt auf einem anderen Schiffe gewesen, das er als Eigentümer nebst dem vierten Teile der Ladung besaß, und hatte mit ihm eine Reise nach der Levante gemacht. Er hatte mich eher wie meinen Bruder als wie meinen vorgesetzten Offizier behandelt. Als er nun meine Ankunft erfuhr, machte er mir einen Besuch, wie ich vermutete, ausschließlich um mir seine Freundschaft zu beweisen, denn zwischen uns ereignete sich nichts, als was nach längerer Trennung stattzufinden pflegt. Dann wiederholte er häufig seine Besuche, äußerte seine Freude über meine Gesundheit, fragte mich, ob ich jetzt eine feste Stellung im Leben erlangt hätte, fügte hinzu, in zwei Monaten wolle er nach Ostindien reisen, und machte mir zuletzt, nach einigen Entschuldigungen, den offenen Antrag, Wundarzt auf seinem Schiffe zu werden. Ein anderer Wundarzt nebst zwei Gehilfen würden unter meinem Befehl stehen. Mein Gehalt sollte das Doppelte der gewöhnlichen Besoldung betragen; er habe schon lange die Erfahrung gemacht, meine nautischen Kenntnisse kämen den seinigen wenigstens gleich; er gäbe mir deshalb das Versprechen, meinen Rat zu befolgen, als teilte ich mit ihm den Befehl.

      Er sagte mir noch außerdem viele Verbindlichkeiten, und da ich ihn als ehrlichen Mann kannte, mochte ich seinen Vorschlag nicht zurückweisen. Meine Begierde, die Welt zu sehen, war, ungeachtet meines früheren Unglücks, so heftig wie jemals. Die einzige Schwierigkeit, die sich mir noch darbot, war die Zustimmung meiner Frau; diese erhielt ich jedoch zuletzt durch die Aussicht, Vorteile für unsere Kinder zu erlangen.

      Wir gingen am 5. August 1706 unter Segel und landeten am 11. April 1707 im Fort St. George. Dort blieben wir drei Wochen, um unsere Mannschaft zu erfrischen, von der mehrere Leute krank geworden waren.

      Dann segelten wir nach Tunkin, wo der Kapitän geraume Zeit zu bleiben beschloß, weil einige Waren, die er einkaufen wollte, noch nicht bereit lagen und ihre Anschaffung mehrere Monate dauern sollte. Um nun die dadurch veranlaßten Kosten einigermaßen wieder auszugleichen, kaufte er eine Schaluppe, belud sie mit den verschiedenen Warenarten, welche die Tunkinesen auf den benachbarten Inseln zu verkaufen pflegen, bemannte das Fahrzeug mit vierzehn Matrosen, worunter sich zwei Eingeborene befanden, ernannte mich zum Befehlshaber und erteilte mir Vollmacht, Handel zu treiben, während er selbst seine Geschäfte in Tunkin besorgte.

      Wir waren drei Tage unter Segel gewesen, als uns ein heftiger Sturm zuerst nach Nordnordost und dann nach Osten verschlug. Hierauf hatten wir schön Wetter, jedoch einen starken Westwind. Am zehnten Tage machten zwei Piratenschiffe auf uns Jagd und holten uns ein. Meine Schaluppe war nämlich so schwer beladen, daß sie nur langsam segeln konnte. Auch war eine Verteidigung nicht möglich.

      Beide Piratenschiffe enterten zugleich, und die Seeräuber, von ihren Befehlshabern geführt, drangen wütend auf uns ein. Da wir uns aber sämtlich aufs Gesicht zu Boden geworfen hatten (Befehl dazu hatte ich zuvor gegeben), knebelten sie uns nur mit starken Stricken, stellten eine Wache auf und durchsuchten die Schaluppe.

      Ich bemerkte unter den Seeräubern einen Holländer, der in einigem Ansehen zu stehen schien, obgleich er keines der beiden Schiffe unter seinem Befehl hatte. Er erkannte uns an unseren Gesichtszügen als Engländer, schwatzte dann in seiner eigenen Sprache und schwur, wir sollten Rücken an Rücken gebunden ins Meer geworfen werden. Das Holländische sprach ich so ziemlich; ich sagte ihm, wer wir wären, und bat ihn, er möchte für uns als Christen, Protestanten und Einwohner eines benachbarten und verbündeten Staates bei dem Kapitän Fürsprache einlegen, damit uns dieser mit einiger Milde behandle. Dies aber entflammte seine Wut. Er wiederholte seine Drohung, wandte sich zu seinen Gefährten, sprach mit großer Heftigkeit, wie es mir schien auf japanisch, und gebrauchte dabei häufig das Wort Christianos.

      Das größere der Piratenschiffe wurde von einem japanischen Kapitän kommandiert, der ein wenig Holländisch sprach, obgleich unvollkommen. Er kam auf mich zu, legte mir mehrere

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