Lebendige Seelsorge 2/2020. Erich Garhammer

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Lebendige Seelsorge 2/2020 - Erich Garhammer

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also weitgehende Vollmachten, wenn das allgemeine Recht der Kirche und die kirchliche Disziplin beachtet werden. Die Themenfelder des Synodalen Weges hingegen betreffen in ihrer Mehrheit das allgemeine Recht der Kirche und ihre Disziplin. Über die Sexualmoral und die Zulassung zu kirchlichen Weiheämtern kann nicht in Deutschland allein entschieden werden. Gleiches gilt im Hinblick auf die priesterliche Lebensform und die Gewaltenteilung in der Kirche. Es heißt zwar im Art. 12 Abs. 2 der Satzung: „Beschlüsse, deren Themen einer gesamtkirchliche Regelung vorbehalten sind, werden dem Apostolischen Stuhl als Votum des Synodalen Weges übermittelt“ – aber wird sich das ZdK damit zufrieden geben? Welchen Sinn hätte dann ein Synodaler Weg?

      Innerhalb der Synodenversammlung des Synodalen Weges gibt es keine Unterscheidung zwischen entscheidendem und beratendem Stimmrecht; allen kommt gleiches Stimmrecht zu (vgl. Satzung des Synodalen Weges, Art. 3 Abs. 2). Das allgemeine Recht der Kirche sieht aber für Synoden eine Unterscheidung zwischen dem beschließenden Stimmrecht der Bischöfe und dem beratenden Stimmrecht der anderen Teilnehmer vor. Diese Unterscheidung darf – so die Theologenkommission in ihrem Dokument (Nr. 68) – nicht mit den Kategorien des weltlichen Rechts gemessen werden. Ein beratendes Stimmrecht ist nicht zu unterschätzen, sondern in der communio des Volkes Gottes als Ausdruck der gestuften (Mit-)Verantwortung zu verstehen.

      Darauf hatte schon Papst Johannes Paul II. im Hinblick auf die Bischofssynode hingewiesen, seine Worte sind auf alle synodalen Prozesse übertragbar: „In der Kirche ist […] der Zweck eines jeden Kollegialorgans, sei es beratend oder beschließend, immer auf die Wahrheit oder auf das Wohl der Kirche ausgerichtet. Wenn es sich dann um die Feststellung des gemeinsamen Glaubens handelt, wird der consensus Ecclesiae nicht durch die Auszählung der Stimmen gewonnen, sondern ist Frucht des Wirkens des Geistes, der die Seele der einzigen Kirche Christi ist“ (Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores gregis, Nr. 58).

      Art. 11 Abs. 2 der Statuten des Synodalen Weges bringt diese Sichtweise nicht deutlich zum Ausdruck, sondern scheint eher ein demokratisches Verständnis von Synodalität im Blick zu haben. Dort heißt es, dass die Beschlüsse der Synodalversammlung eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder erfordern, „die eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz enthält“. Wie sich das konkret gestaltet und welchen Einfluss die auf der ersten Synodenversammlung diskutierte Möglichkeit haben wird, auch eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Frauen zu fordern, wird sich zeigen.

      Für einen Kirchenrechtler verwunderlich ist zudem Abs. 5 des Artikels 11: „Beschlüsse der Synodenversammlung entfalten aus sich keine Rechtswirkung. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt.“

      Es sei einmal dahingestellt, dass die Bischofskonferenz nur eine geringe Lehrautorität und Gesetzgebungskompetenz hat. Im Hinblick auf die Freiheit der Diözesanbischöfe bei der Umsetzung der Beschlüsse stellt sich aber die Frage, wieweit diese Freiheit wirklich gewährleistet ist, zumal Art. 13 der Statuten drei Jahre nach Abschluss des Synodalen Weges eine „Evaluation der Umsetzung der Ergebnisse“ vorsieht. Dient diese Evaluation dazu, Druck aufzubauen? Und wie wird sie sich auf die Beschlüsse auswirken, die – mangels Zuständigkeit der Kirche in Deutschland – als Voten an den Heiligen Stuhl geschickt werden?

      Darüber hinaus ist aus kirchenrechtlicher Sicht grundsätzlich zu fragen, was es bedeutet, eine Versammlung von mehr als zweihundert Mitgliedern einzuladen, nach einem Prozess von zwei Jahren Beschlüsse ohne Rechtsverbindlichkeit zu fassen.

      Diese und viele andere Fragen bleiben offen. Die Entscheidung, beim Synodalen Weg in Deutschland ein neues Modell der Synodalität ins Leben zu rufen, und nicht auf die im Kirchenrecht verdichtete Erfahrung der Kirche zu rekurrieren, bleibt ein Wagnis mit offenem Ausgang. Die unsichere Rechtslage und die Weite der zu behandelnden Themen lassen befürchten, dass der Synodale Weg nicht zu einer Erneuerung des Glaubenslebens führt, sondern in die Enttäuschung.

       Und sie bewegt sich doch!

      Replik von Thomas Schüller auf Markus Graulich SDB

      Sachkundig und nachvollziehbar formuliert Markus Graulich die kirchenrechtlichen Anfragen an den Synodalen Weg. Insbesondere bemängelt er zutreffend die mangelnde Rechtsverbindlichkeit der Beratungsergebnisse, die das ganze Unternehmen mit meinen Worten als rechtliches Aliud erscheinen lassen. Von daher können in der Tat Enttäuschungen vorprogrammiert sein. Unterkomplex ist aber, wenn er in einem Atemzug die mögliche Enttäuschung mit der vertanen Chance auf Erneuerung des Glaubens kontrastiert. Damit bedient er ein Narrativ, dass bei Beratungen im Volk Gottes nichts zur Evangelisierung und Verlebendigung des Glaubens beigetragen werden könne. Den Beweis für diese Wahrnehmung bleiben viele schuldig und diskreditieren diejenigen, die tief verwurzelt im Glauben der katholischen Kirche auf dem Synodalen Weg nach dem suchen, was Gott der Kirche heute sagen will.

      Bei einzelnen Aspekten seiner Darlegungen stellen sich für mich weitere Fragen. Sicher ist es richtig, synodale Beratungen nicht mit demokratischen Entscheidungsprozessen in Parlamenten eins zu eins gleich zu setzen. Dennoch spricht weder theologisch noch kirchenrechtlich in einer demokratisch organisierten Weltgemeinschaft von Staaten, unter deren Bürger als demokratisch sozialisierte Menschen auch Katholiken sind, nichts dagegen, demokratisch bewährte Diskussions- und Entscheidungsverfahren in kirchlich-synodale Beratungsprozesse zu implementieren. Dass diese Prozesse zutiefst immer einen geistlichen Charakter tragen müssen, steht außer Frage.

      Die Bischöfe und ihr Kollegium stehen für Apostolizität und Katholizität. Aber nicht alleine: nur mit dem Volk Gottes, das als Ganzes nicht irren kann, kommt ihnen diese Aufgabe zu. Sicher sind sie es, die am Ende die möglichst konsensual ermittelten Beratungsergebnisse in Kraft setzen, aber ihnen kommt qua Amt und Weihe keine höhere Erkenntnisfähigkeit in dem, was der Glaube uns heute sagen will, zu als allen anderen getauften und gefirmten Gläubigen.

      Beim Hinweis auf die rechtlichen Vorgaben für ein Plenarkonzil hätte ich mir gewünscht, dass Graulich auf den im Oktober 2020 startenden Prozess eines Plenarkonzils in Australien hingewiesen hätte. Im Vorfeld erbaten die australischen Bischöfe die entsprechenden Dispensen wie dereinst die deutschen Bischöfe bei der Würzburger Synode in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts hinsichtlich der Abstimmungskompetenz der Laien, die auf dieser Synode mitentscheiden sollen. Und der Päpstliche Rat für Gesetzestexte hat diesen Dispensgesuchen hinsichtlich der Statuten in diesem und anderen Punkten zugestimmt. Dies zeigt doch nachdrücklich, dass auch römische Behörden die Zeichen der Zeit erfreulich genug erkannt haben. Kennzeichen eines tauglichen Kirchenrechts ist doch schon immer seine Adaptionsfähigkeit an gewandelte Sozialgestalten von Kirche und Welt und deren Bedarfe. Dabei können Antworten und Lösungen im synodalen Miteinander an verschiedenen Orten der Weltkirche unterschiedlich ausfallen. Kirchenrechtlich ist Diversität und Polyphonie ausdrücklich möglich und auch päpstlich erwünscht. Der geistliche Schatz der Kirche und abgeleitet auch seine kirchenrechtliche Gestalt ist nicht uniform, sondern vielstimmig. Ein Blick in den Codex der unierten Ostkirchen ist ein Lehrbeispiel hierfür.

      Der geistliche Schatz der Kirche und abgeleitet auch seine kirchenrechtliche Gestalt ist nicht uniform, sondern vielstimmig.

      Man wird allerdings der Fairness halber sagen müssen, dass vor allem den für den Synodalen Weg maßgeblich Verantwortlichen in der Deutschen Bischofskonferenz und des ZdK diese Möglichkeiten nicht unbekannt waren und sie auch entsprechende kirchenrechtliche Alternativen zu ihrer jetzt verabschiedeten Satzung vorliegen hatten. An guten Ratschlägen und Hilfestellungen, auch aus Rom hat es nicht gefehlt. Sie haben sich trotzdem für einen deutschen Sonderweg entschieden, der auf kirchenrechtlich neuen Beinen steht. Dahinter verbergen sich offenkundige Verwerfungen in der deutschen Bischofskonferenz, die zu diesen kirchenrechtlich kompromisshaften Lösungen geführt haben. Und die Sorge, bei der römischen Rekogniszierung der Beschlüsse eines ordentlichen

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