Das Labyrinth erwacht. Rainer Wekwerth

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Das Labyrinth erwacht - Rainer Wekwerth Labyrinth-Trilogie

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sie gegessen hatten, begutachteten sie ihre unterschiedlichen Ausrüstungen.

      Jenna hatte ein langes Seil gefunden. Tian ebenfalls. In Mischas Seitentasche steckte ein weiteres Feuerzeug. In Marys Rucksack fanden sie Verbandsmaterial. Leóns Messer blieb das einzige.

      Das war alles.

      Ein Großteil der Vorräte war bereits verspeist, sie hatten alle die gleiche Ration.

      »Ganz schön mickrige Ausbeute«, unterbrach Tian die Stille. »Wenn das alles ist, sieht es nicht gut für uns aus.«

      »Ich bin anderer Meinung«, sagte Jeb schnell, bevor schlechte Stimmung aufkam. »Wir haben alles, was wir zum Überleben brauchen. Feuer, Nahrungsmittel und ein Messer, mit dem wir Waffen und Werkzeuge herstellen können. Wir müssen die Dinge, die wir haben, nur sinnvoll einsetzen.«

      »Das ist ja schön und gut. Aber was uns fehlt, ist die leiseste Ahnung davon, was wir hier machen und was das Ganze soll«, mischte sich jetzt León ein. »Los, erzähl schon, wir wissen jetzt, dass unsere Chancen mies sind. Es gibt also keinen Grund, uns noch länger zu verschweigen, wieso wir hier gelandet sind. Du hast uns lange genug hingehalten.«

      Außer Jenna starrten Jeb plötzlich alle anderen überrascht an.

      »Du weißt, warum wir hier sind?« Mischa schnaubte.

      Jeb nickte.

      »Warum? Warum du?«

      »Keine Ahnung. Bitte lasst mich ausreden, auch wenn unglaublich ist, was ihr gleich hört. Stellt eure Fragen später, ich werde sie beantworten, so gut ich kann.«

      Er faltete den Zettel mit der Botschaft auseinander. Jetzt hatte er ihre volle Aufmerksamkeit.

      9.

      Jeb blickte in die Runde, holte tief Luft und begann, leise zu erzählen. Die Jungen und Mädchen hingen gebannt an seinen Lippen. Seine Geschichte unterschied sich nicht wesentlich von den Erlebnissen der anderen. Bis auf die Botschaft, die er in seinem Rucksack gefunden hatte:

      »Hier steht, dass wir zurückkehren müssen. Und dass es nur einen Weg zurück ins eigene Leben gibt.« Nun las er: »›Du musst diese und alle anderen Welten durchlaufen, wenn du heimkehren willst. Viele Prüfungen warten auf dich, aber du wirst nicht allein sein. Gehe in Richtung der Sonne, viele Stunden von hier entfernt. Auf einer weiten Ebene wirst du andere finden. Menschen, die wie du im Labyrinth gefangen sind.‹«

      Jeb sah auf, als er das Wort »Labyrinth« aussprach. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich blankes Entsetzen, als sie sich in dem Geschriebenen wiedererkannten. Die Gruppe wurde unruhig, jeder versuchte auf seine Weise, diese unglaublichen Worte zu verdauen.

      »Wartet, es geht noch weiter. Denn dieses Labyrinth besteht aus sechs Welten. Das hier ist die erste, die erste von sechs Prüfungen. Hier steht: ›In jeder Welt gibt es Tore, Portale, die euch in die nächste bringen, am Ende des Weges liegt die Freiheit. Derjenige von euch, der alle Welten durchlaufen hat, gewinnt den Preis des Lebens.‹«

      Jeb zögerte, sah die anderen an. Diesmal unterbrach ihn niemand. Sein Auge begann, wieder zu zucken, und er zwang sich auszuatmen. Was er ihnen als Nächstes mitteilen würde, musste er in aller Ruhe verkünden.

      »›Wenn du alle Menschen gefunden hast, wird um Mitternacht ein Stern am Himmel erscheinen, der euch den Weg zu den Toren weist. Ihr habt drei Tage, zweiundsiebzig Stunden, um die Tore zu erreichen. Schafft ihr es nicht, die Tore zu durchschreiten, verschwinden sie und ihr seid bis in alle Ewigkeit in dieser Welt gefangen.‹«

      Ein Ast knackte im Feuer. Jeb schloss kurz die Augen, dann schlug er die Lider wieder auf und sprach weiter. »Aber es kommt noch schlimmer.«

      Kathy räusperte sich heiser. »Nun sag schon.«

      León brummte zustimmend.

      »›Fürchtet euch vor euren Ängsten. Nur die Kraft der Sonne und die Hitze des Feuers können euch vor den Jägern schützen, denn sie vertreibt das wärmende Licht. Wen seine Ängste überwältigen, wird zurückbleiben. Ihr seid sieben Suchende, doch es gibt nur sechs Tore zur nächsten Welt. So wird es in jeder Welt sein, immer werdet ihr ein Tor weniger finden, als ihr Suchende seid. Einer von euch wird stets zurückbleiben, einer wird allein seinen Ängsten gehören. Wer leben will, muss kämpfen. Gegen andere, gegen sich selbst. Am Ende wird nur einer von euch überleben. Weil ihr im Labyrinth seid. Weil ihr verloren seid.‹« Jeb sah auf. Sechs Augenpaare starrten ihn an. »Ich konnte es nicht glauben, aber ich wusste eins: Wenn ich wirklich sechs Menschen finde, dann steht auf dem Zettel die Wahrheit.«

      »Und du hast uns gefunden«, sagte Jenna leise.

      Die anderen schwiegen. Es war schließlich León, der das Wort ergriff. »Ich glaube den ganzen Scheiß nicht. Eine Botschaft. Von wem ist denn diese beschissene Nachricht? Tore. Welten. Der Preis des Lebens… das klingt alles nach einer ziemlich dämlichen Abenteuergeschichte, wenn ihr mich fragt. Eine, mit der man Kindern Angst einjagt.« Er riss die Augen auf und verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. »Uhhhhh, jetzt hab ich aber Angst!« Er schüttelte den Kopf. »Alles Bullshit.«

      »Und was sagst du zu der Tatsache, dass uns Jeb gefunden hat, dass wir sechs Leute sind, genau wie es dort steht?«, fragte Jenna bissig, riss Jeb den Zettel aus der Hand, warf einen Blick darauf und hielt ihn León unter die Nase. »Hier! Lies selbst! Da steht es. Schwarz auf weiß.«

      León wich zurück und wehrte Jennas Hand ab. »Das muss nichts zu bedeuten haben. Jeder könnte den Zettel geschrieben haben. Sogar Jeb selbst.«

      Jenna hielt inne. Sie fixierte León mit ihren Blicken. »Warum liest du nicht?«

      »Sag mir nicht, was ich zu tun habe. Oder was ich zu glauben habe. Es muss eine andere Erklärung geben.«

      »Ach ja? Und Mischas Verletzung? Diese… diese Monster, die ihn gejagt haben?«

      »Vielleicht war er nach dem Aufwachen noch so benebelt, dass er Schiss vor seinem eigenen Schatten hatte und dann gestolpert ist. Abgesehen davon: Wir haben unsere Verfolger nicht gesehen, nur ein Schreien gehört, das auch von irgendwelchen Tieren stammen könnte.«

      »Ich hab sie gesehen«, warf Mischa ein.

      León wandte sich ihm zu. Er lächelte verächtlich. »Vorhin hast du etwas anderes gesagt. Außerdem bist du sofort weggelaufen, wie willst du da wissen, was dich angegriffen hat? Es hätte auch ein Wolf oder ein Bär sein können.«

      »Hätte ich stehen bleiben und anschauen sollen, was es auf mich abgesehen hat? Schon mein Arm wäre fast draufgegangen, nur weil es mich berührt hat!«

      »Wie auch immer, aber ich hätte mir nicht gleich in die Hose gemacht, bloß weil ein paar wilde Hunde herumkläffen und du in einen Kaninchenbau stolperst.«

      Mischa sprang auf. Blitzschnell war auch León auf den Füßen, doch da hatte ihn der blonde Junge mit seinem gesunden Arm schon am Kragen gepackt.

      »Und? Wo ist deine große Klappe jetzt?«, zischte Mischa.

      León lächelte kalt. Er machte eine leichte Kopfbewegung zu seiner rechten Hand. Die Schneide seines Messers schwebte vor Mischas Hals.

      »Der Einzige, der eine große Klappe hat, bist du. Ich hätte versucht, es zu töten. Vielleicht blutet es ja. Und wenn es blutet, kann man

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