Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten. A. F. Morland

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Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten - A. F. Morland

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dem Weg zu Marcello ging Lene die fast groteske Szene nicht aus dem Kopf: Der Großvater erscheint und hat für seine seit vierzehn Jahren vermisste Enkelin nur ein „Hallo“ übrig und kein Wort für seine Schwiegertochter oder seine Urenkelin. Lene war eine geübte Egozentrikerin und mochte deshalb keine Egozentriker oder Egoisten und hielt Narzissmus eigentlich für einen erlaubten Mordgrund.

      Als Meike verschwand, lebte Tante Rike noch, eine Schwester ihres Vaters Alexander, und die hatte Lene erzählt, dass es zwischen ihrem Bruder Alexander und seiner Tochter Meike häufiger heftig gekracht und gekriselt hatte. Wenn Mutter Liane nicht mehr vermitteln oder schlichten konnte, war Meike häufiger zu Tante Rike gelaufen, hatte sich dort ausgeweint und auch schon mal in Tante Rikes Haus übernachtet.

      Schon aus diesen Gründen war das zuständige Referat anfangs davon ausgegangen, dass es sich um einen nicht seltenen Fall eines schweren pubertären Vater-Tochter-Konflikt handelte: Die Tochter hatte einen dicken Kopf und der Vater vertrug keinen Widerspruch. Doch Meikes Vater Alexander hatte noch einen Vater Elmar, der das Familienvermögen angehäuft hatte und in Tellheim Einfluss besaß und ausübte. Eine ganze SoKo für ein sechzehnjähriges Mädchen, das vermisst wurde und von dem niemand wusste, in wen es sich vielleicht unsterblich verknallt hatte? Unter Umständen zu einem heißgeliebten Klassenkameraden gelaufen war und Trost und Liebe unter seinem Deckbett gesucht hatte? Bis dann R – 11 zu einer Leiche am Fuße der Burgruine Falkenweide gerufen wurde und die Kripo von der Entführung der Meike Stumm erfuhr, für deren Freilassung der Vater mit dem Lösegeld zur Falkenweide unterwegs gewesen war.

      Einen Heißgeliebten hatten sie damals nicht gefunden, den hat es wohl auch nicht gegeben. Tante Rike hatte es ja ausgedrückt: „Meike liebt eben vierbeinigen Pferde mehr als zweibeinige Esel.“ Immerhin hatte Tante Rike durchgesetzt, dass Meike die Pille nahm und regelmäßig zur Frauenärztin ging. Nein, die SoKo war weniger Meikes wegen entstanden als auf diskreten Druck ihres Großvaters Elmar Stumm. Stumm & Sohn war damals größter Arbeitgeber und der größte Gewerbesteuerzahler am Ort. Elmar Stumm war ein Studienfreund der Oberbürgermeisterin Irmgard Messing, wichtigster und großzügiger Mäzen in der Stadt, Multi-Millionär, wichtiger Parteispendenzahler. Lene kniff noch heute der Magen, wenn sie in einer Mischung aus Zorn über den Misserfolg ihrer SoKo und ihrer Wut über die demütigende Verachtung zurückdachte, mit der Elmar Stumm sie behandelt hatte. Die Kollegen hatten nur einen billigen Trost für sie: „Alle Menschen sind gleich, aber einige eben gleicher als andere.“

      Lene war mehrfach mit Elmar Stumm zusammengerasselt, und seine Art änderte sich erst, als sie am Ende eines wüsten Gebrülls drohte: „Ich werde alles, was mir bei Ihnen auffällt und komisch vorkommt, dem Finanzamt melden.“ Für diese haltlose Drohung gab es keinen Anlass, bis auf eine Bemerkung ihres Freundes Arne Wilster, der ebenfalls früher dienstlich mal mit Elmar Stumm zusammengestoßen war: „Ein Widerling, Lene. Ein Macho ohne Manieren und ein menschenverachtender Schürzenjäger, der aber stets mächtig um seinen guten Ruf und seine saubere Weste besorgt ist.“

      Welchen heiklen Punk Lene mit ihrer aus der Luft gegriffenen Drohung getroffen hatte, blieb unbekannt, aber danach änderte Elmar Stumm seinen Ton.

      Marcello war sehr beunruhigt: „Sie sind so still heute, Signora. Stimmt was mit dem Essen oder dem Wein nicht?“

      „Nein, Marcello. Alles so perfekt wie immer. Habe ich Ihre neue Mitarbeiterin richtig verstanden? Heißt sie wirklich Despina? Passen Sie nur auf, dass Sie nicht krank werden.“ Marcello teilte mit Lene die Liebe für die Oper. Deswegen erwiderte er beruhigt: „Keine Sorge, ich gehe dann in eine Klinik und übernehme dort die Küche.“

      Zweites Kapitel

      Gegen elf Uhr rief die Pforte bei Lene Schelm an: „Eine Meike Stumm und ihre Tochter Vera möchten mit Ihnen sprechen.“

      „Danke. Bringen Sie Mutter und Tochter bitte hoch?“

      Mia Hollweg, ihre jüngste Kommissarsanwärterin, hatte bereits die Mikrofone und Aufzeichnungsgeräte vorbereitet und brachte nun Vera in die Präsidiums-Kita und organisierte für das Kind ein Mittagessen. Danach übernahm sie die Papiere und Urkunden, die Meike Stumm mitgebracht hatte, und verteilte sie an die Kollegen, die sie nun kopieren und prüfen sollten. Lene setzte sich mit Meike Stumm in das Vernehmungszimmer, Mia würde sie durch den Einweg-Spiegel aus dem Nebenraum beobachten können.

      „Na, wie war die erste Nacht im Elternhaus?“

      „Zu kurz, weil der Abend davor zu lang und zu feucht war. Wir hatten uns natürlich eine Menge zu erzählen.“

      „Klar.“

      „Und als Erstes sind Vera und ich heute Morgen zum Grab von Tante Rike gegangen.“

      „Sie wussten nichts von dem Tod Ihrer Tante Ulrike?“

      „Nein. Seit vierzehn Jahren hatte ich keinen Kontakt mit meiner Familie, habe nur einmal im Fernsehen mitbekommen, dass das alte Rathausviertel abgebrannt ist und auf dem Gelände der alten Feinmechanischen Fabrik Stumm & Söhne Wohnungen gebaut werden sollen.“

      „Ja. Würden Sie mir bitte einmal erzählen, wie Sie und wo Sie entführt worden sind?“

      „Ich wollte vom Reiterhof mit dem Fahrrad nach Hause fahren, und über eine Steigung zum Steg habe ich das Rad geschoben. Drüben stand ein Mann, der eigentlich ganz freundlich aussah: ‚Wenn du willst, bringe ich dich nach Hause? Du wohnst doch im Lendersweg, nicht wahr? Wir haben ein Haus in der Winkelgasse gemietet, sind also jetzt Nachbarn.‘“

      „Hatten Sie den Mann schon früher mal gesehen?“

      „Ja, glaube ich wenigstens. Auf dem Lendersweg.“

      „Können Sie ihn beschreiben?“

      „Ja, so etwa. Ich würde denken um die dreißig, ein Meter achtzig bis fünfundachtzig groß, schlank, helle Haare, braune Augen.“

      „Er sprach Deutsch?“

      „Ja, ohne Akzent oder Fehler.“

      „Wir werden uns später Fotos ansehen müssen. Trauen Sie sich zu, nach der langen Zeit ein Phantombild anzufertigen?“

      „Doch ja.“

      „Wunderbar. Wie ging’s weiter?“

      „Er hat mein Fahrrad in den Kofferraum gelegt, und ich bin eingestiegen.“

      „Haben Sie Autotyp, Farbe und Kennzeichen behalten?“

      „Leider nein, Autos haben mich nie interessiert. Ein hellbrauner Kombi mit einem Kennzeichen aus Lörrach.“

      „Das haben Sie behalten?“

      „Ja, ich habe mir noch gedacht: Da muss er den Karren aber bald ummelden, sonst gibt’s Ärger.“

      „Bis Sie losfuhren hatte er Sie aber noch nicht bedroht oder zu etwas gezwungen oder sexuell belästigt?“

      „Nein. Dann fiel mir auf, dass er nicht die kürzeste Strecke zum Lendersweg fuhr. Ich habe ihm gesagt: ‚Wir hätten eben nach links abbiegen müssen.“‘Er hat nur geknurrt: ‚Wir nehmen noch jemanden mit. Sie will uns helfen, Gardinen aufzuhängen.‘“

      „Sie?“, vergewisserte sich Lene

      „Ja, in der Pelkerstraße stand eine

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