Todesstrafe - Der zweite Fall für Schmalenbeck und Paulsen. Brigitte Krächan

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Todesstrafe - Der zweite Fall für Schmalenbeck und Paulsen - Brigitte Krächan

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der Frau die alte Geschichte wieder hochgekommen“, gab Emma zu bedenken.

      Ulli nickte. „Wir sollten überprüfen, wer damals vom Tod der jungen Frau besonders betroffen war. Eltern, Geschwister, Freunde. Der gewaltsame Tod eines geliebten Menschen ist auch nach zehn Jahren noch ein starkes Motiv für einen Mord.“

      „Wenn unser Mord tatsächlich am Todestag der Frau begangen wurde, wäre das ein auffälliger Zufall“, ergänzte Paule. „Vielleicht gab es Drohungen, vielleicht weiß die Schwester etwas.“

      Ulli stand auf: „Dann sollten wir jetzt mit der Schwester beginnen.“

      ***

      Als Ulli den Citroën im Schatten einer Eiche vor dem Einfamilienhaus mit der Nummer 129 in der Großen Bahnstraße parkte, waren kaum dreißig Minuten vergangen. Am Sonntagnachmittag war wenig Verkehr in der Stadt.

      „Sieht aus wie eine Kopie des Hauses von Tieck“, Paule deutete auf das kleine Einfamilienhaus. Ulli nickte. Die Häuser hatten offensichtlich den gleichen Grundriss. Aber durch den hellblauen Anstrich wirkte dieses Haus freundlicher. Ein niedriger Zaun trennte den Vorgarten von der Straße. Die Blumenrabatten folgten strengen, geometrischen Mustern. Stiefmütterchen, fleißige Lieschen und Nelken waren farblich aufeinander abgestimmt, der Boden dazwischen sorgfältig gejätet und gehackt. Paule betrachtete die Beete: „Wie ein Familiengrab auf dem Friedhof. Da traut sich keiner, aus der Reihe zu tanzen.“

      Er öffnete die kleine Pforte, und die beiden betraten den rechteckigen, gepflasterten Hof, der zur Garage und zur Haustür führte. Ein imposanter Türkranz hieß die Besucher willkommen. Noch ehe Paule den Klingelknopf drücken konnte, wurde die Haustür von innen geöffnet.

      „Ich habe Sie von der Küche aus gesehen“, begrüßte Frau Burger die beiden Ermittler.

      „Ich habe mir schon gedacht, dass Sie heute noch vorbeikommen. Kommen Sie herein. Wenn Sie eben noch …“, der Blick der Frau streifte kurz die Schuhe der Kommissare, dann schüttelte sie den Kopf, „…ist ja trockenes Wetter. Kommen Sie einfach mit ins hintere Zimmer. Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Oder ist es dafür schon zu spät? Lieber ein Wasser? Ich hätte noch selbstgebackenen Obstkuchen, der Willi wollte eigentlich ….“

      Frau Burger schluckte und zuckte dann mit den Schultern. „Aber der Kuchen muss ja nicht verderben. Setzten Sie sich, ich hole nur noch eben Tassen und Teller.“

      Ulli ging zum großen Blumenfenster und schaute in den kleinen, gepflegten Gemüsegarten. Eigentlich viel zu idyllisch, um echt zu sein, ging es ihr durch den Kopf.

      „Früher konnte man von hier bis zum Ziegelteich sehen. Dort drüben“, Frau Burger war neben Ulli getreten und zeigte auf eine dichte Hainbuchenhecke.

      „Gunter meinte damals, als die Sache mit dem Kömen-Mädchen passiert war, man solle den Ziegelteich einfach zuschütten. Als wenn das etwas geändert hätte. ,Der Teich kann doch nichts dafür‘, habe ich immer gesagt. ,Und wenn die Sache erst vergessen ist, dann werden auch die Familien mit den Kindern wieder zum Teich kommen. ‘ Und genauso war es. Heute spielen die Kinder wieder dort, genauso wie ich als Kind schon am Teich spielte. Aber die spielenden Kinder kann man jetzt nicht mehr sehen, weil Gunter die Hecken gepflanzt hat. Aber was rede ich“, Frau Burger wandte sich vom Fenster ab, „ich wollte Ihnen doch Kaffee anbieten.“

      Während Gertrud Burger das Esszimmer verließ und Paule sich auf einen der bequemen Stühle am Tisch niederließ, erkundete Ulli das Zimmer. Trotz der schweren, altmodischen Eichenmöbel wirkte der Raum hell und freundlich. Ein leichter Duft nach Lavendel lag in der Luft. Auf der breiten Fensterbank blühten Orchideen. Ulli trat zum Sideboard, auf dem eine ganze Fotogalerie liebevoll auf Häkeldeckchen aufgereiht stand. Sie hatte gerade ein Hochzeitsfoto hochgenommen, als Frau Burger zurückkehrte und ein großes Tablett mit Geschirr, Kaffee und einer Kuchenplatte auf dem Tisch abstellte. Sie gesellte sich zu Ulli und zeigte auf das Foto.

      „Das ist Jürgen mit seiner Frau.“

      Dann nahm sie ein Babyfoto in die Hand. „Und das ist die kleine Betty. Sie wird Ende September zwei Jahre alt. Vielleicht fahre ich dann zu Jürgens Familie nach Potsdam.“

      Frau Burgers Blick ging zu einem anderen Foto, das eine junge Frau mit ihrem Freund zeigte. Die Frau schien ihre Tochter zu sein. So könnte sie vor dreißig Jahren ausgesehen haben, ging es Ulli durch den Kopf.

      „Sind alle ausgeflogen, die Kinder. War wohl auch wegen der Sache mit Willi.“

      Gertrud Burger stellte das Babyfoto zurück und seufzte. Sie verteilte Tassen und Teller auf dem Tisch und goss den Kaffee ein. Ulli folgte der Frau zum Tisch. Sie legte ihr Smartphone vor sich und fragte Frau Burger, ob sie zustimme, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde. Frau Burger nickte. Später würde Ulli den Mitschnitt ins Präsidium schicken, wo er abgetippt und zur Ermittlungsakte hinzugefügt würde.

      „Ihr Mann …“, Ulli hatte die Frage noch nicht ausformuliert, als Frau Burger schon abwinkte.

      „Weg. Ausgezogen. Ein Jahr nach der Sache hielt er es hier nicht mehr aus. Ist nach Berlin. Hat dort im Transport eine Stelle bekommen. Er wollte mich mitnehmen, aber was soll ich in Berlin? Ich bin hier geboren und zur Schule gegangen. Das Haus von Willi ist unser Elternhaus. Als die Eltern tot waren, hat Willi mich ausbezahlt. Und uns beim Bauen geholfen. Dieses Haus ist fast wie das in der Torstraße. Wir haben damals viel Geld beim Architekten gespart. Wir lebten gut hier. Gunter und ich mit den Kindern. Und dann war die Sache mit der Kömen, und ein Jahr später waren alle weg.“

      Trotzig richtete sich Gertrud Burger auf und straffte die Schultern. „Ich bin geblieben. Ich habe nichts verbrochen. Und Willi ist freigesprochen worden.“

      „Ihr Bruder war ein Verdächtiger im Mordfall Kömen“, nahm Paule die Geschichte von Gertrud Burger auf.

      Die alte Frau nickte. „Aber er wurde freigesprochen. Er hat immer gesagt, er sei unschuldig. Und sie konnten ihm nichts beweisen.“ Sie schaute durch das Fenster Richtung Ziegelteich. „Ich habe ihm immer gesagt: ,Lass die Finger von der Kleinen! Die taugt nicht zum Heiraten. ‘ Das hatte ihr damaliger Freund auch schon herausgefunden. Total verwöhnt. Einzelkind. Sie hat Willi nur ausgenutzt. Hat sich von ihm zur Arbeit mitnehmen lassen. Kein Wunder, dass die Polizei Haare von ihr in Willis Auto gefunden hat. Aber zum Heiraten war sie nicht. Nein!“

      Entschlossen griff Frau Burger zum Kuchenmesser, schnitt mit energischer Geste zwei große Stücke Obsttorte ab und legte die Stücke auf die Kuchenteller.

      „Hier, greifen Sie zu!“ Gertrud Burger schob Ulli einen Kuchenteller hin. „Wie gesagt, der Kuchen muss ja nicht verderben. Und Sie könnten ein paar Pfund mehr vertragen.“

      Ulli nahm den Teller lächelnd entgegen und schob ihn zur Seite, während Paule sich beherzt dem Kuchen widmete. „Haben Sie die Eltern des Mädchen gekannt?“, fragte er beiläufig, anscheinend ganz mit der Obsttorte beschäftigt.

      Frau Burger nickte. „Natürlich. Gerda Kömen und ich gingen zur gleichen Schule. Wir mochten uns ganz gerne, bis“, Frau Burger zögerte, „bis sie Willi den Mord anhängten. Wir hätten ihm ein falsches Alibi gegeben, hat sie mir später vorgeworfen. ,Immer noch besser, einen freigesprochenen als einen verurteilten Mörder in der Familie zu haben‘ meinte sie. Aber“, wieder straffte Gertrud Burger den Rücken, „was hätten wir denn sagen sollen? Wir waren uns nicht sicher, wann genau, also um wie viel Uhr, Willi hier weggegangen ist. War eher später als früher. Gut möglich, dass er zu der Zeit, als die Kleine ermordet wurde, noch hier war. Und wenn Zweifel da sind, dann muss man die auch aussprechen dürfen.

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