Voll verliebt im Tor. Ulrike Bliefert

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Voll verliebt im Tor - Ulrike Bliefert

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Sie konnte es einfach nicht mit ansehen, wie Paul den Kopf hängen ließ. »Also, worum geht’s, hm?«

      Paul holte tief Luft. »Du musst beim ersten Training hingehen und ich sein.«

      »Hä?!«

      »Du tust, als wärst du ich. Spielst wie ein junger Gott, beeindruckst alle und dann hast du halt auf dem Rückweg vom Training … ’nen Fahrradunfall.«

      »Tickst du nicht richtig?!« Paula sprang auf und stellte erschrocken fest, dass mittlerweile alle interessiert zu ihnen herübersahen. Streitende Zwillinge. Sicher ein Spitzenanblick!

      Sie setzte sich wieder und blies die Backen auf. »Fahrradunfall? Du hast sie echt nicht mehr alle.«

      »Natürlich nicht wirklich«, druckste Paul herum. »Es geht nur darum, erst mal ’nen super Eindruck zu machen. Dann sind alle voll von mir überzeugt und dann macht es auch nichts, wenn ich zwei, drei Wochen ausfalle. Wegen dem Fahrradunfall.« Er schaute sie erwartungsvoll an.

      »Den es natürlich in echt nicht gibt«, setzte er hastig hinzu.

      Paula schwieg.

      »Bitte, Paula!« Er legte den Kopf schief und setzte zu seinem berüchtigten Schweini-Grinsen an.

      »Lass den Dackelblick im Schrank, Paul. Das kannst du vergessen.«

      »Aber …«

      »Paul Schmidtke mit ’nem meterlangen Nackenzopf? Wie stellst denn du dir das vor?«

      »N-na jaaa« Paul zerkaute seinen Plastikstrohhalm zu einem abstrakten giftgrünen Kunstwerk. »Deine Haare müssten natürlich ab, quasi …«

      »Und ich soll mit Schweini-Bürste rumlaufen?! Quasi?! Du tickst doch wohl nicht richtig!!«, fauchte Paula.

      »Quatsch. Kannst dir ja so ’ne Art Prinz-Eisenherz-Frisur schneiden lassen. So was tragen auch manche Jungs. Glaub mir, dann merkt garantiert keiner, dass du nicht ich bist!« Paula stand auf, zupfte ihrem Bruder das zerkaute Strohhalm-Gebilde aus der Hand und schob den Rollstuhl energisch in Richtung Fahrstuhl-Foyer. »Vergiss es, Paul. Die Haare bleiben dran und basta!«

      Zurück in ihrem Krankenzimmer grübelte Paula trotzdem noch eine ganze Weile über die Sache nach. Klar war das blöd, dass Pauls Hertha-Karriere gleich mit einem wochenlangen Totalausfall beginnen sollte.

      Und klar hätte genauso gut sie auf dem Beifahrersitz landen können: Schnick, schnack, schnuck: Papier umwickelt Stein. Dann läge sie jetzt mit Gipsbein in der Orthopädie.

      »Trotzdem!«, sagte Paula laut zu sich selbst. Das mit dem Pagenkopf war echt ’ne Nummer zu viel.

      Am Spätnachmittag wurde eine neue Patientin ins Zimmer geschoben. Sie hing am Tropf und schlief die ganze Zeit.

      Paula stellte den Fernseher an, setzte den Kopfhörer auf und zappte erneut durch die Kanäle, aber es liefen überall nur doofe Gerichtsshows.

      Der Kuchen, der pünktlich um halb vier geliefert wurde, schmeckte nach Sägemehl mit Zucker. So ein Klinikalltag ist echt ätzend, dachte Paula. Paul ist wirklich nicht zu beneiden.

      Entschlossen nahm sie die Klamotten aus der Reisetasche, die Oma Helga ihr gebracht hatte, und legte sie schon mal zurecht. Gleich morgen früh würde sie die Klinik verlassen. Und für Pauls Problem würde sich sicher eine Lösung finden.

      Als Paula am nächsten Tag vom Krankenhaus nach Hause kam, hatte Carlotta ein riesiges »Willkommen!«-Schild an die Tür gehängt und das Balkonzimmer über und über mit Krepppapier-Girlanden dekoriert. Sie saß mitten auf Tante Käthes blauem Samtsofa und sagte keinen Ton.

      »Hallo, Pipp… äh … Carlotta!« Gerade noch rechtzeitig fiel Paula ein, dass Carlotta ihren Spitznamen nicht ausstehen konnte. Sie schaute sich um. »Sieht toll aus!«

      Carlotta sagte immer noch nichts. Langsam wurde die Stille ein bisschen unbehaglich.

      »Ist irgendwas?«, fragte Paula.

      Carlotta schüttelte den Kopf und sagte hoheitsvoll: »Mach doch mal ’nen Tee.«

      Komische Nummer, dachte Paula und wollte sich auf den Weg in die Teeküche machen.

      »Überraaaschung!!!« Paula fuhr zusammen und schaute sich um: Hinter dem Sofa waren wie im Kasperletheater eine Reihe Mädchenköpfe emporgeschnellt.

      Sie klatschten wie verrückt Beifall, riefen »Willkommen in Berlin!« und »Surprise, surprise!« und wer weiß was alles durcheinander und wollten sich über Paulas offenbar reichlich dummen Gesichtsausdruck schier ausschütten vor Lachen.

      Carlotta stellte vor: Alina Scarano – klein, rundlich, mit dunkelbraunen Knopfaugen hinter einer altmodischen Nickelbrille. Ihren Eltern gehörte die Pizzeria Il Sole in der Flemmingstraße. Dann Jessica Kling: Zahnspange, strähnige mausbraune Haare und als Kontrast dazu ein wüstes Heavymetal-T-Shirt mit bluttriefendem Totenschädel. Und Madeleine Gebhardt: Das war die übliche zuckersüße Blondine, von denen es scheinbar in jeder Schulklasse eine gab. Paula war überwältigt! Händeschütteln, Umarmungen, Dankesagen, »Tolle Idee von euch …«.

      »Ich hol dann mal was zu trinken.« Paula schaute sich in Richtung der leisen, sanften Stimme um. Beinahe hätte sie das zierliche Mädchen mit den langen schwarzen Haaren übersehen, das sich da gerade auf den Weg in die Teeküche machte.

      »Das ist Dilara«, stellte Carlotta vor. »Dilara Hancioglu.«

      »Hallo, Lara!« Paula ging mit ausgestreckten Händen auf sie zu. Das Mädchen lächelte. »Nein, ich bin nicht die Lara. Ich heiße Dilara.

      »Das ist Türkisch«, erklärte Carlotta, »und es bedeutet so viel wie Ein Herz voller Liebe.«

      »Wow! Was für ein Name!«, lachte Paula und ging mit Dilara in die Teeküche.

      »Der Name von meiner Mutter ist noch besser«, kicherte Dilara.

      »Wieso?«

      »Sie heißt Afet!«

      »Und was heißt das auf Deutsch?«

      »Einerseits heißt das bildhübsche Frau . . Dilaras Mundwinkel zuckten.

      »Und andererseits?«

      »… Naturkatastrophe!«, platzte Dilara heraus.

      Prustend machten sich die beiden Mädchen daran, das Teewasser aufzusetzen und Tassen, Teller und Besteck auf ein Tablett zu laden.

      Auf dem Kühlschrank stand eine Kuchenplatte mit allerlei Hefestückchen. »Die hat deine Mama besorgt«, erklärte Dilara, »und die Scaranos haben für jeden von uns eine Pizza spendiert. Kommt so gegen sechs.«

      Um halb acht war die Pizza restlos vertilgt und Paula kam es vor, als ob sie mit Carlotta, Alina und Dilara schon seit Jahren befreundet war. Madeleine und Jessica hatten sich bereits seit einer Stunde auf den Balkon verzogen und mussten die Neue wohl erst mal

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