Die Geliebte des Mörders. Christian Macharski

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Die Geliebte des Mörders - Christian Macharski

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runzelte die Stirn. „Gandhi? Kenn ich nicht. Aber viele Leute haben die Sprüche von mein Oppa geklaut. Zum Beispiel auch: ‚Zwischen Leber und Milz passt immer noch ein Pils.‘ Das hat mein Oppa erfunden, heute sagt das jeder.“

      Lilly Dinglmaier stand vor dem großen Spiegel, der neben dem Kleiderschrank angebracht war, und betrachtete sich darin. Bis auf die Augenringe gefiel sie sich ganz gut. Durch den Stress der letzten Monate hatte sie zwar fünf Kilo abgenommen, aber das war optisch eher zu ihrem Vorteil, wie sie fand, als sie sich in ihrem leichten Sommerkleid drehte. Nur mit ihrem neuen Namen fremdelte sie noch ein wenig. Lilly Dinglmaier. Klingt irgendwie bayrisch, dachte sie. Dabei hatte sie doch so einen schönen Geburtsnamen: Mariella Romano! Leider ging es beim Zeugenschutz aber um die vollständige Aufgabe der alten Identität. Bloß nicht auffallen, abtauchen, in der grauen Masse verschwinden. Nun gut, es war, wie es war. Sie hatte sich entschieden, aus ihrem alten Leben auszubrechen, und das war auch gut so. Sie war längst schon wieder dabei, Pläne für die Zukunft zu schmieden. Und hier in diesem bei diesem seltsamen Bauernehepaar gefiel es ihr wider Erwarten richtig gut. Es erinnerte sie an ihre Kindheit, die sie auch auf dem Land verbracht hatte. Zwar in der Toskana, die diesem platten Landstrich nicht allzu ähnlich war, aber trotzdem. Und Kommissar Kleinheinz gefiel ihr auch. Ein interessanter Mann. So geheimnisvoll, so tiefgründig, so distanziert. Ein gut aussehender Mittvierziger mit einer dunklen Seele. Auf solche Typen stand sie.

      Es klopfte an der Tür. Wenn man vom Teufel spricht, dachte sie und rief beschwingt: „Herein!“

      Die Tür öffnete sich und ein ihr gänzlich unbekannter Mann betrat das Zimmer. Ihre Kehle schnürte sich zu und ihre Augen weiteten sich vor Angst. Als der Mann das bemerkte, sagte er schnell: „Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich wollte mich nur kurz vorstellen. Jesper Olsen-Meyerbrinck mein Name. Ich wohne hinten am Ende des Flurs.“

      Lillys Puls beruhigte sich wieder. Der Schriftsteller, dachte sie. Sie atmete einmal tief durch und reichte ihm die Hand. „Lilly Dinglmaier.“

      Der Mann ergriff ihre Hand und hielt sie fest. „Sie haben wunderschöne Hände, wenn ich das sagen darf. So zart und feingliedrig. Hände sind unsere Visitenkarte.“

      Lilly versuchte sich erfolglos aus seinem Griff zu lösen, während er unbeirrt weitersprach: „Ich habe Sie gestern kurz auf dem Flur gesehen, aber dann leider den ganzen Tag nicht mehr. Da dachte ich mir, dass Sie vielleicht der gleichen Profession frönen wie ich, der ich auch die Tage am Schreibtisch verbringe. Ich bin Schriftsteller, wissen Sie.“ Er ließ ihre Hand wieder los.

      „Schriftsteller? Das ist ja interessant“, erwiderte sie und hoffte, die Konversation in eine unverfängliche Richtung zu lenken. „Was schreiben Sie denn so?“

      Er antwortete mit einem Augenzwinkern: „Früher habe ich Krimis geschrieben, aber mittlerweile bin ich ein Meister der erotischen Literatur. Von mir sind die ‚Madame Cuisse‘-Romane. Davon haben sie doch sicher schon gehört. Eine so sinnliche Frau wie Sie.“

      Na, das hatte ja spitzenmäßig geklappt mit der unverfänglichen Richtung. Unvermittelt machte der Mann einen Schritt auf Lilly zu. Sie wich instinktiv zurück. Ein dünner Schweißfilm bildete sich auf ihrer Stirn. Sie betastete ihr rechtes Bein und spürte unter ihrem Kleid die kleine Pistole, die in einem Oberschenkelholster steckte. Die Zeit im Milieu hatte sie vorsichtig werden lassen. Nicht einmal Kleinheinz wusste von der Waffe. Und wenn der Schriftsteller-Typ ihr zu nahe kommen würde, würde sie nicht eine Sekunde zögern, ihn umzulegen. Ihr Herz raste.

      Olsen-Meyerbrinck lächelte schief. „Sie müssen doch keine Angst vor mir haben. Glauben Sie mir, ich bin ein Gentleman.“

      Als er einen weiteren Schritt auf sie zumachte, gab es einen lauten Knall. Die Zimmertür war aufgeflogen und mit Wucht gegen die Wand geschlagen. Kommissar Kleinheinz stürmte hinein und warf sich auf den überraschten Mann. Mit einem blitzschnellen Polizeigriff drehte er ihm den Arm auf den Rücken und kniete sich auf ihn. Besorgt sah er auf und fragte Lilly: „Alles okay?“

      Sie nickte und strich sich ihr Kleid glatt. Kleinheinz wandte sich wieder dem Mann zu. „Was machen Sie hier im Zimmer … meiner Verlobten?“, brüllte er ihn an.

      Der Mann stöhnte vor Schmerzen. „Ihre Verlobte?“, presste er hervor. „Ich hatte ja keine Ahnung. Das ist alles ein großes Missverständnis. Ich dachte, die Dame wär alleine hier und da wollte ich …“

      „Inspirationen sammeln für Ihre Schweinkram-Bücher?“ schrie Lilly ihn an und brach unvermittelt in Tränen aus. Warum sahen Männer immer nur das eine in ihr?

      Kleinheinz riss Olsen-Meyerbrinck unsanft vom Boden hoch und führte ihn im Polizeigriff auf den Flur. Dort schubste er ihn von sich weg und sagte: „Wenn so was noch einmal vorkommt, dann werde ich dir solche Schmerzen zufügen, wie du sie noch nie erlebt hast. Ist das klar?“

      Der Mann hatte sich wieder gesammelt und wischte sich demonstrativ den Staub von seinem Pullover. „Bleib mal locker, Cowboy. Ich hab’s verstanden.“

      Als Kleinheinz ins Zimmer zurückkehrte, saß Lilly zusammengekauert auf dem Bett und weinte. Er schloss die Tür und setzte sich zu ihr. „Vergiss das ganz schnell. Der Typ ist ein harmloser Spinner. Mach dir keine Sorgen, hier kann dir nichts passieren. Ich pass auf dich auf.“ Sie sah ihn an und musste noch einmal laut schluchzen. Dann wischte sie sich mit den Händen die Tränen aus dem Gesicht und sagte mit einem trotzigen Lächeln: „Das erwarte ich aber auch von meinem Verlobten.“

      Kleinheinz wurde rot.

       6

      Sonntag, 7. Juni, 21.46 Uhr

      „Kannst du der letzte Satz mit die dicke Frau noch mal wiederholen?“, brüllte Borowka in die Freisprechanlage seines Autos, während er wütend auf sein Armaturenbrett trommelte, wohl wissend, dass das nichts bringen würde. Er befand sich auf dem Rückweg von einem Kumpel aus Porselen, dem er gelegentlich half, einen Oldtimer wieder flottzubekommen. Auf der langen Geraden kurz vor Saffelen gab es ein hartnäckiges Funkloch, das Ritas Stimme wie einen geisteskranken Roboter klingen ließ: „Gestern … knack … Gruppenge … knirk … Apfelmus … schsch … haha … knack … gelacht.“

      Mit besonders deutlicher Akzentuierung rief Borowka: „Moment Rita. Warte noch ein paar Sekunden, dann kann ich dich wieder verstehen. Ich bin in dieses Scheiß-Funkloch direkt vor Saffelen.“

      Es rauschte noch einmal unangenehm, dann war seine Frau wieder klar und deutlich zu verstehen. „Kommst du etwa schon wieder von der bekloppte Richterich mit seine alte Karre?“

      „Der Ralle ist nicht bekloppt. Und der Auto wird immer schöner. Wir haben heute der Vergaser gereinigt.“

      „Ihr immer mit die alten Autos. Ich bin so froh, dass wir jetzt ein vernünftiges Auto haben und nicht mehr der komische Ford Capri mit die albernen Rallyestreifen.“

      Borowka biss sich auf die Lippe. Es fiel ihm schwer, nichts darauf zu entgegnen, aber sein Hausarzt, der die Mutter-Kind-Kur empfohlen hatte, hatte ihm geraten, unnötige familiäre Konflikte so gut es ging zu vermeiden.

      „Ja, bin ich auch“, log er stattdessen. „Und der Passat fährt sich auch sehr angenehm. Wie geht es euch zwei denn? Wie ist die Luft am Biggesee?“

      Borowka hörte, wie seine Frau an einer Zigarette zog, bevor sie hustend antwortete: „Die Luft ist super. Überhaupt das

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