Erich Glaubmirnix - Kriminalfälle und Abenteuer heute und im Mittelalter. Gregor Kastner

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Erich Glaubmirnix - Kriminalfälle und Abenteuer heute und im Mittelalter - Gregor Kastner

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wird. Danach ist unser Stellwerk auch weg. Und wir natürlich auch.“

      „Ach, das glaube ich nicht. Da werden noch Jahrzehnte ins Land gehen bis sich hier mal was tut. Glaub es mir. Du wirst deine Rente hier noch erleben. Ich nicht mehr.“

      „Ingolf, soweit kannst du nicht in die Zukunft blicken. Das hier mit dem Stellwerk kann nächstes Jahr schon vorbei sein.“

      „Oh, das kann ich. Ich weiß, was die Zukunft bringt.“

      „Kannst du nicht. Glaub es mir. Ich hatte es früher auch mal gewagt, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Damals war ich felsenfest davon überzeugt, dass ich recht hatte. Ich will es dir mal kurz erzählen. Es war genau im Jahr 1973. Da bin ich als Lehrling auf diesen Bahnhof gekommen. Für mich war es damals eine schöne Zeit. Da gab es noch den Fahrkartenschalter, den Dienstvorsteher, die Aufsicht, den Bahnhofshelfer und natürlich auch die Bahnhofskneipe. Dort in der Kneipe waren wir innerhalb kürzester Zeit Stammgast. Wir haben da drin gemeinsam gefrühstückt, zu Mittag gegessen und zum Abendbrot waren wir auch dort. Je nachdem, was wir für eine Schicht hatten. Und nach Feierabend haben wir dort unser Bierchen getrunken. Jeder kannte jeden und dazu gehörte natürlich auch der Kneiper, und der kannte uns auch. Der Kneiper hieß übrigens Fazius. Mann, da war noch richtiges Leben auf dem Bahnhof. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern. Und wenn ich heute dahin schaue …“

      „Sprich es nicht aus.“

      „Hast recht, ich erzähle weiter. Also, ab und zu musste ich im Rahmen der Ausbildung auch mal zum Haltepunkt Großfurra und dort, ausgerechnet dort, hatte ich meine Zukunftsvision: Also, in der kalten Jahreszeit musste, wie sollte es auch anders sein, der Warteraum für die Fahrgäste beheizt werden. Und wer war für das Heizen verantwortlich, wenn ein Lehrling da war? Natürlich der Lehrling. Also ich. Zuerst musste ich aus dem Ofen die kalte Asche rauskratzen. Dann wurde sie zur Aschentonne gebracht und danach ging es zum Kohlebunker. Dort wurden zwei Eimer gefüllt und zurückgebracht. Ein Eimer war für den Warteraum und ein Eimer war für den Dienstraum. Danach wurde im Warteraum das Feuer angezündet. Das war ganz einfach. Da wurde mit einer Schippe ein bisschen Glut aus dem Ofen des Dienstraumes herausgeholt und zum Warteraum hinübergetragen. Manchmal war das nicht notwendig, weil noch ein bisschen Glut vom Vortag im Ofen war. Das kam aber immer darauf an, wann und wie viel das letzte Mal aufgelegt wurde. Und dann musste ich darauf achten, dass das Feuer nicht wieder aus geht. Denn die Fahrgäste sollten es ja immer warm haben und durften auf keinen Fall frieren. Und damals hatte ich mir gedacht, dass es die Lehrlinge in der Zukunft auf jeden Fall besser haben werden. Denn spätestens, allerspätestens im Jahr 2000 gibt es dort im Haltepunkt keine Kohlen mehr und der Warteraum wird durch eine elektrische Heizung oder so etwas Ähnliches beheizt. Auf jeden Fall würde dort keiner mehr Kohlen schleppen. Und wie ich schon sagte, ich war damals felsenfest davon überzeugt. Immerhin gab oder gibt es doch den kontinuierlichen Fortschritt. Und das Jahr 2000? Ja, das lag für mich unerreichbar weit in der Zukunft. Und heute? Das Jahr 2000 ist schon lange Geschichte. Und auf dem Haltepunkt Großfurra stehen die Leute, auch bei Regen und Sturm, im Kalten. So kann man sich täuschen. Und Lehrlinge wird der Haltepunkt wohl auch nicht mehr sehen.“

      „Aber in einem Punkt hattest du damals doch recht gehabt.“

      „In welchem?“

      „Dort schleppt keiner mehr Kohlen aus dem Bunker.“

      Beide schauten sich an und lachten. „Ja, von dem Standpunkt aus betrachtet lag ich damals wohl doch richtig. Dort schleppt keiner mehr Kohlen. Und wenn ich darüber nachdenke, wie lange das schon her ist. Das ist doch der blanke Wahnsinn.“

      So unterhielten sich die beiden über einen längeren Zeitraum. Zwischendurch wurden die Zugfahrten mal vom diensthabenden Fahrdienstleiter Robert Schmidt geleitet und der ehemalige Kollege Ingolf Glöckner durfte unter Aufsicht hier und da auch mal einen Zug ein- und ausfahren lassen. Für Ingolf, so sagte er, war das noch mal ein schönes Erlebnis und das würde er ihm auch nie vergessen. Dann sagte er: „Ich habe noch eine Thermoskanne mit Kaffee im Auto. Hast du was dagegen, wenn ich den hier hoch hole? Der muss ja nicht sinnlos kalt werden.“

      „Ingolf, das ist eine gute Idee. Da muss ich mir nicht selber einen brauen.“

      Ingolf Glöckner ging zum Auto, welches auf dem Bahnhofsvorplatz stand, und holte die Thermoskanne, schenkte ein und während die Unterhaltung weiterging, tranken beide genüsslich ihren, noch heißen, Kaffee. Dabei nahm man sich sehr viel Zeit, denn sie hatten sich noch allerhand zu erzählen.

      Nach fast zwei Stunden verabschiedete sich der ehemalige Kollege, ging zu seinem Auto und fuhr los.

      Robert Schmidt schaute hinterher und hatte ein wenig Mitleid mit ihm. Und ja, das mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses konnte er auch nicht ändern. Er kannte noch nicht mal den Grund dafür. Ingolf hatte nie darüber gesprochen.

       09:20 Uhr Bahnhof Nordhausen, Bahnsteig 3, Regionalexpress RE 16573

      Der Zug 16573 (Nordhausen – Erfurt), bestehend aus einer doppelten Triebwageneinheit, stand abfahrbereit am Bahnsteig 3. Die zum Zug gehörige Kundenbetreuerin Anika Bachmann stand vor dem Zug am Bahnsteig und beobachtete eine ältere Dame. Diese hatte beim Einsteigen Schwierigkeiten mit ihrer Reisetasche. Sie ging augenblicklich hin und half ihr beim Tragen. Sie nahm mit ihrem Einverständnis die schwere Reisetasche und sie gingen zusammen in das nächstgelegene Abteil. Die dankbare Frau brauchte sich nur noch auf ihren Platz zu setzen.

      Danach stieg Anika wieder aus und wartete vor dem Zug auf die Abfahrtzeit. Neben ihr stand ein Jugendlicher und sie unterhielten sich über dieses und jenes. Es war der ihr zugewiesene Praktikant. Er war sechzehn Jahre alt und sein Name war Knut Hölzel. Er war Schüler in der zehnten Klasse und wollte sich eventuell bei der Eisenbahn bewerben. Und Frau Bachmann, die jetzt die Verantwortung für den Praktikanten hatte, hatte das Herz einer Eisenbahnerin. Und das spürte der Praktikant. Sie gab sich ihm gegenüber besonders viel Mühe und erklärte jeden Schritt, den sie tat, und jede Tätigkeit, die sie gerade machte beziehungsweise noch machen wollte. Augenscheinlich waren dem Praktikanten die Erklärungen jetzt schon zu viel oder er hatte einfach nicht verstanden, was sie da gerade sagte und deshalb nickte er immer nur noch mit sichtlichem Desinteresse. Nachdem Frau Bachmann gesehen hatte, dass der Bahnsteig menschenleer war, stieg sie mit ihrem Praktikanten ein.

       09:25 Uhr, Bundespolizeidienststelle

      Auf der Bundespolizeidienststelle bereiteten sich gemäß ihrem Auftrag zwei Polizeibeamte auf die angewiesene Zugstreife nach Erfurt vor.

      „Erich, wo bist du denn schon wieder? Unser Zug fährt gleich ab. Der wartet nicht! Und auf uns schon gar nicht!“

      „Noch fünf Minuten, bin gerade am Spind und suche was.“

      „Soll ich schon mal losgehen und den Zug solange für dich festhalten, bis du gefunden hast, was du da suchst?“

      Erich schaute auf die Uhr und erschrak: „Ach du liebe Sch…! Mehlmann! Ich komme!“

      Innerhalb weniger Sekunden stand der Obermeister Glaubmirnix vor dem Eingang und fragte: „Mehlmann! Wo bleibst du denn? Ich stehe die ganze Zeit in der Tür und warte auf dich!“

      „Erich, du kannst mich nicht verarschen!“

      Beide lächelten und beeilten sich, zum Zug zu kommen.

       09:29 Uhr, Bahnsteig 3

      Lothar Büttner, der Triebfahrzeugführer des Zuges 16573, schaute auf die Uhr und wartete darauf, dass das rot leuchtende Ausfahrsignal

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