Herz über ins Abenteuer. Maximilian Medlitsch

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Herz über ins Abenteuer - Maximilian Medlitsch

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will. Aber dieser unfassbare Lärm. Ununterbrochen hupt es irgendwo. Das kann man sich nicht vorstellen.

      In diesem Moment erinnere ich mich zurück an die Ausführungen meiner früheren Neuropsychologie-Professorin zur raschen Adaption an neue Verhältnisse. Wir Menschen sind in der Lage, uns an sämtliche Gerüche innerhalb kurzer Zeit zu gewöhnen, so sehr, dass diese uns nicht mehr auffallen. Gleiches gilt für Geräusche. Ich bezweifle diese Erkenntnis, während ich meinen Koffer Richtung Bus schleppe, und bezweifle, dass die werte Frau Professorin je in Indien gewesen ist. Nun beginnt das Abenteuer also endgültig. Zwei indische Busse warten schon auf uns, einer für den Transport der Koffer und ein weiterer, um die Mitreisenden ans Ziel zu bringen.

      Drei mutige Heiler, überwiegend Frauen, erklären sich bereit, mit erstgenanntem Bus zu fahren, um eine sichere Ankunft des Gepäcks zu gewährleisten. Ich würde jetzt gerne behaupten, dass ich mit der großen Gruppe mitgefahren bin, um die Stimmung der Mehrheit besser einzufangen. Das war auch tatsächlich meine Absicht. Doch irgendwie bin ich aufgrund meines ausgezeichneten Schlafes, wie bereits eingangs erwähnt, prädestiniert für Reisen jeglicher Art und so habe ich die Hälfte der Zeit schnarchend mit dem Kopf an das Fenster des Busses gelehnt verbracht. Aber nur den Mittelteil der Fahrt!

      Niemals werde ich die ersten 45 Minuten Reise durch Indien vergessen und was sich dort zu sehen bot. Doch zuerst zu den wagemutigen Heiler. Um auf Nummer sicher zu gehen, fotografieren wir das Nummernschild des voranfahrenden Busses, falls etwas schief laufen würde. Da konnte einem schon mulmig werden.

       Sicher ist sicher: Noch wissen wir nicht, was uns erwartet Die Eindrücke, die sich uns auf der folgenden dreistündigen Fahrt bieten, sind für europäische Verhältnisse gelinde gesagt schockierend. Unbefestigte Straßen, Häuser, die mehr Bauruinen gleichen als Wohnunterkünften oder Geschäftshäusern. Derartige Szenerien sind eher die Regel als die Ausnahme. Was sofort auffällt, ist das pulsierende Leben, das egal zu welcher Tages- und Nachtzeit überall stattfindet. Als das Dunkel der Nacht den Zenit erreicht, nicke ich, von den Strapazen der langen Reise geschafft, für kurze Zeit weg. Helga und Werner im Gepäckbus Als ich wieder aufwache, halten wir gerade an einem ›Saftladen‹ (ja, tatsächlich ein Saftladen mit frischen, fruchtigen Säften), der hatte auch um 5.30 Uhr geöffnet und es schien nicht so, als hätte er eben erst die Presse bedient. Wir steigen aus, um uns einige Flaschen Wasser zu kaufen, und ein paar von uns probieren den indischen Chai-Tee, der dort frisch serviert wird. Der ist interessant, doch ich kann mich zurückhalten. Was einen zuerst verwundert, sind die Preise. Trotz miesem Wechselkurs, an dem sich andere bereichern, nur nicht die Einzelhändler, die es an jeder Straßenecke gibt, erwarten Indienreisende Preise, die einen nicht lange herum rechnen lassen. Mit einigen Hundert Euro lässt es sich dort lange aushalten. Natürlich gibt es im Gegenzug keine europäischen Standards. Ein Gesundheitsamt, welches gastronomische Betriebe prüft, sucht man dort vergebens. Ebenso wenig scheint es Bauvorschriften zu geben oder sonstige Regularien. So mein erster Eindruck! Kurze Stärkung, dann geht es weiter Als die Morgendämmerung anbricht, gibt es niemanden im Bus, der nicht gebannt aus dem Fenster starren würde. Jetzt wird den meisten von uns das Ausmaß der örtlichen Gegebenheiten und der Infrastruktur erst so richtig bewusst. Ein typischer Straßenzug auf dem Weg nach Pondicherry Ich muss gestehen, dass diese ersten Impressionen großen Eindruck auf mich machen. Es ist zwar tatsächlich genau so wie es beschreiben wurde, dennoch bin ich fasziniert. Vor Ort zu sein, die Luft zu schmecken und das alles bewusst wahrzunehmen, ist eine einzigartige Erfahrung. Als wir die Stadt erreichen, sind die Straßen gefüllt mit Händlern und Menschen, die ihren Tageseinkauf erledigen. Der Versuch, sich in den Alltag dieser Frauen, Männer und Kinder hineinzuversetzen und ihn mit meinem eigenen Alltag zu vergleichen … das Gefühl, das mich dabei überkommt, ist überwältigend.

       Wochenmarkt bei Sonnenaufgang auf Indisch Je mehr sich der Bus dem Hotel in Nähe des Strandes der ehemaligen französischen Kolonie Pondicherry nähert, umso schöner werden die Straßenzüge. Imposante Kolonialbauten, umringt von hochgewachsenen Bäumen mit buschigen Ästen, prägen das Straßenbild. Pondicherry (Puducherry) kam 1673 unter französische Herrschaft und blieb bis 1954 die Hauptstadt Französisch-Indiens. Im Französischen Viertel blieben zahlreiche Häuser im Kolonialstil jener Macht bis heute erhalten. Nach diesen ersten Impressionen kann ich es kaum fassen, an welchem schönen Fleck der Erde wir gelandet sind. Gegen 8 Uhr morgens erreichen wir endlich das Hotel. Ich sehe mich um und blicke in müde Gesichter. Die Anstrengungen der Reise zeichnen sich bei den meisten deutlich ab. Nachdem ich während des Fluges und einem Teil der Busfahrt in weiser Voraussicht geschlafen habe, fühle ich mich topfit und bin auch ein wenig aufgedreht. »INDIEN! PONDICHERRY!«, schreie ich innerlich und kann es kaum erwarten, die Stadt zu erkunden. Natürlich würde ich dafür am liebsten einige meiner Gefährten rekrutieren, doch noch erscheinen mir alle zu kaputt für ein urbanes Abenteuer. Ob sich das durch ein ausgiebiges Frühstück ändern ließe? Bestimmt! Außerdem soll man doch nach der Ankunft tagsüber gar nicht schlafen, um dem Jetlag entgegenzusteuern. Mit diesem Argument kann ich bestimmt arbeiten. Absolute Empfehlung: Villa Helena in Pondicherry Natürlich warten wir zuerst auf den zweiten Bus, der samt unserer wagemutigsten HeilerInnen inklusive Koffern gut und nur kurze Zeit nach uns ankommt. Perfekt, jetzt heißt es noch den Zimmerschlüssel abholen, kurz duschen und einen Milchkaffee trinken. Beim Betreten des Innenhofes unseres Hotels Villa Helena bin ich positiv überrascht. Es ist ein charmanter Palmengarten mit schönen Sitzgelegenheiten und einer mit dunklem Holz vertäfelten Bar. Hier lässt es sich leben! Die Dame des Hauses, Géraldine, eine Französin, überreicht mir den Zimmerschlüssel und führt mich in mein Bungalow-Apartment. Wirklich schön! Erneut bin ich auf angenehme Weise erstaunt. Ich hoffe, alle haben solch ein großes Glück mit ihren Hotels. Insgesamt sind wir in drei Hotels und einigen Unterkünften des Sri Aurobindo Ashrams untergebracht. Kein Wunder bei 33 freiwilligen Heilerinnen und Heilern samt Kamerateam und Journalisten. Wir bilden eine große 40 köpfige Entourage. Gegen 9 Uhr gibt es das lang ersehnte und liebevoll angerichtete Früh-stück. Ein frisch gepresster Ananassaft, verschiedene Eiervariationen, köstliche Buttercroissants mit Marmelade, dazu ein kleiner Obstsalat und exzellenter Kaffee, dies alles unter schattenspendenden Palmen. Ich bin geradezu verliebt in Pondicherry. Nun gestärkt, blicke ich in deutlich fittere Gesichter. Macht sich da etwa Motivation breit? Ich frage vorsichtig: »Hat jemand Lust, die Stadt zu erkunden?« Na, und wie sie plötzlich motiviert sind. Schnell wird ein Plan geschmiedet und schon eine Stunde später starten wir gesammelt zu acht oder neunt in die Stadt. In deren Zentrum, nur wenige Minuten vom Strand entfernt, befindet sich unser Hotel und so sind wir mitten im Geschehen. Planlos marschieren wir in irgendeine Himmelsrichtung. Trotzdem landen wir nur wenige Minuten und einige sehr verwinkelte Straßen später am atemberaubenden Strand von Pondicherry und blicken auf die unendlichen Weiten des Pazifischen Ozeans. Was für ein Anblick: Es ist schmutzig, es ist vermüllt – und irgendwie magisch! Der schwarze Strand von Pondicherry Als wir weiter den Strand entlang flanieren, werden wir angesprochen und um Selfies gebeten. Das kommt unerwartet, doch wir stimmen geschmeichelt zu und knüpfen die ersten Kontakte zu den Einheimischen. Einige Minuten Spaziergang später entdecken wir eine eindrucksvolle Kirche. In Pondicherry existieren die verschiedensten Religionen friedlich nebeneinander. Ein Vorzeigemodell. Ob das eine christliche Kirche ist? Get together der Kulturen! Mahatma Ghandi Es folgen ein eindrucksvolles Ghandi-Denkmal und weitere monumentale Bauten. Pondicherry ist ein wunderschöner Ort mit einer lebendigen Geschichte. Nach zwei Stunden Erkundungstour und einem ersten Kennenlernen

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