Einer der auszog, um reich zu werden. Kanghan YUAN

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Einer der auszog, um reich zu werden - Kanghan YUAN

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nicht brauchte.

      Hong weigert sich, meine Rechnung aus unserer gemeinsamen Reisekasse zu begleichen. Ihre Begründung, sie hätte schließlich nichts von der Massage gehabt, da sie eine ganze Stunde lang das Wandbild gegenüber der Sitzbank anschauen musste, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber dass sie nicht wisse, was oben im ersten Stock vor sich gegangen wäre und dass ich vielleicht mit der Dame Sex gehabt hätte, ist an Absurdität nicht zu überbieten.

      »Das ist doch lächerlich«, entgegne ich. »Jetzt komm schon, ich habe kein eigenes Geld dabei. Außerdem hättest du dir auch eine Massage gönnen können.«

      Mein treuer Hundeblick verfehlt leider seine Wirkung, denn Hong empfiehlt mir trotzig: »Dann arbeite deine Schulden doch als Putzmann ab!«

      Eigentlich ist diese Vorstellung sehr witzig, aber ich halte mich mit meiner Erheiterung zurück, um ihren Unmut nicht noch zu schüren, und bitte sie nochmals, meine Schulden zu zahlen. Endlich gibt sie nach.

      Auf der Straße essen wir eine Portion Shrimps und kaufen Tee und Früchte, bevor wir mit dem Baht-Bus zurück zum Hotel fahren.

      Der Sonntagmorgen begrüßt uns mit einem strahlendblauen Himmel – schade, dass wir heute abreisen. Ich gönne mir vor dem Frühstück die letzten Runden im Pool, bevor die anderen Hotelgäste meine Bahnen blockieren.

      Ich habe mich daran gewöhnt, vom Hotelpersonal mit »Dobroe utro« begrüßt zu werden, und grüße fröhlich zurück, als sei ich einer der vielen Russen, die uns im Hotel und in der Stadt begegnet sind. Wir setzen uns an einen Tisch auf der Terrasse mit Blick auf das Meer.

      Während ich entspannt das sanfte Spiel der Wellen beobachte, versorgt mich Hong mit weitausschweifenden Informationen, die sie bei Gesprächen mit den russischen Hotelgästen erfahren hat. Ich dränge zum frühzeitigen Aufbruch, denn ich möchte am Flughafen noch die Mehrwertsteuer für unsere Souvenirs zurückerstattet bekommen. Dafür müssen wir etwas Zeit einplanen, da wir uns in mindestens zwei Schlangen einreihen müssen. Auf der Taxifahrt zur Busstation ziehe ich die gestern gekauften Früchte aus meiner Tasche und stelle mit Schrecken fest, dass diese von Ameisen übersät sind. Auch auf meinem Laptop krabbeln die verdammten Viecher herum. Angewidert und verärgert werfe ich wie in Thailand üblich die Tüte aus dem Fenster und wische meinen Laptop ab.

      Um Hong die Möglichkeit zu geben, mit ihrem Wissen zu glänzen und sie dadurch auch zu besänftigen, nehme ich mir vor, sie ganz oft über solche Dinge auszufragen, doch sie bremst mich erst einmal aus, indem sie mich darauf hinweist, dass sie noch im Urlaub sei. Daher dürfe ich erst wieder Fragen stellen, wenn wir in China sind. Während ich noch überlege, ob das gleich nach Überfliegen der chinesischen Grenze der Fall ist oder ob sie doch eher an Zuhause gedacht hat, begrenzt sie die Anzahl der Fragen auf eine pro Tag. Ab der zweiten Frage sei alles kostenpflichtig.

      »Ein deutscher Ehemann ist dann ja ein gutes Business für Chinesinnen«, bemerke ich ironisch. Aus ihrem mit einem Lächeln behafteten Nicken kann ich nicht erkennen, ob sie meiner Aussage voll zustimmt oder die Ironie erkannt hat.

      »Um reich zu werden, müssen wir einfach etwas Außergewöhnliches machen«, sagt sie schließlich.

      »Wir könnten eine App entwickeln und die dann teuer verkaufen«, schlage ich scherzhaft vor, denn auf diesem Gebiet kennen wir uns beide nicht aus.

      Doch Hong hat eine andere, bessere Idee. »Künstliche Organe. Die meisten Chinesen ernähren sich unvernünftig und brauchen sicherlich irgendwann das eine oder andere Organ. In China ist es bereits im letzten Jahr gelungen, eine funktionstüchtige lebende Niere mittels Bio-Tinte und 3D-Druck herzustellen.«

      Ich meine, das gäbe es auch schon im Westen und treibe die Herumspinnerei weiter: »Diese chinesische Niere beinhaltet weder Venen noch Blutkanäle und hat nur eine viermonatige Lebensdauer, da ist noch viel Entwicklungsarbeit notwendig und ob die Qualität dann ausreicht, sei dahingestellt. Um selbst einen Prototypen für künstliche Organe herzustellen, musst du beispielsweise für Professoren an Universitäten Geld zahlen, damit sie für dich einen Prototypen bauen.«

      »Die Professoren werden nichts machen und nur das Geld nehmen. Die meisten Veröffentlichungen der chinesischen Professoren sind nur Übersetzungen aus dem Westen, die sie als ihre eigenen verkaufen. Den Prototypen muss ich schon selber bauen und dafür muss ich einen 3D-Drucker und das entsprechende Material kaufen«, antwortet Hong.

      Ich schüttle mit dem Kopf. »Von diesem Business habe ich keine Ahnung. Ich weiß nur, wie man gesund lebt und Krankheiten vorbeugt. Außerdem ist allgemein bekannt, dass Hingerichteten in China auch ohne deren Zustimmung die Organe entnommen werden. Sogar Deutsche mit genügend Kleingeld reisen nach China, um sich ein Organ quasi auf Bestellung transplantieren zu lassen. Bei diesem Thema läuft mir immer ein Schauer über den Rücken.«

      Der Refund am Flughafen, die Rückzahlung der Steuern, klappt gut. Beim Check-in erfahren wir, dass unser Gepäck die Obergrenze tangiert, aber nicht überschreitet. Das ist nicht dem Glück allein zu verdanken, denn ich habe meinen Trolley nicht ganz auf das Band gelegt, unser mitgebrachtes Essen hinter meinen Rücken versteckt und so viele Klamotten wie möglich übereinander angezogen. In meinem Übermut mache ich der Schalterdame den Vorschlag, doch auch die Personen zu wiegen und eine Obergrenze von einhundert Kilogramm zu setzen. So könnten schlanke Personen mehr mitnehmen, Dicke entsprechend weniger. Das wäre in meinen Augen viel gerechter und für das Flugzeug mache es keinen Unterschied, ob das zusätzliche Gewicht im Passagierraum oder beim Gepäck mitfliegt.

      Die Dame versteht natürlich nicht, was ich meine und schaut mich verwirrt an. Da nur ihr Schalter geöffnet ist und die Schlange hinter mir stetig wächst, wird sie nervös. Leider ist sie trotz allem aufmerksam genug, das Essen hinter meinem Rücken zu entdecken, und fordert mich auf, es auf das Band zu legen. Dem »Cost Cutting« verdanke ich, dass es doch nicht dazu kommt, denn die kleinen Papierstreifen für die Koffer kommen gerade aus dem Drucker und so erhalte ich rasch meine Papiere zurück und werde hastig weiter gewinkt, damit der Nächsten abgefertigt werden kann.

      Da wir am Gate noch etwas Zeit haben, checke ich an einem Internet-Terminal meine Mails. Die Verbindung ist allerdings sehr langsam, so dass ich nicht viel erreicht habe, als unser Flug aufgerufen wird. Ich versuche, mich auszuloggen, doch als ich meinen Account erneut aufrufe, lande ich direkt in meinem Postfach. Ich werde nervös, vor allem da Hong zum Boarding drängt. Kurzerhand ziehe ich den Stecker und hoffe, dass mich niemand beobachtet hat.

      Im Flugzeug ist der Platz sehr knapp, ich kann meine Füße nicht ausstrecken, geschweige denn am Laptop arbeiten. Jedes Mal wenn der Trolley der Stewardess ohne Vorwarnung vorbeikommt, stößt er mit meinem Arm zusammen, der im Gang hängt. An Schlafen ist auch nicht zu denken, da sich Chinesen lautstark unterhalten und Kinder herumschreien und den Gang auf und ab laufen. Eine Frau versucht, sich etwas Ruhe zu verschaffen, indem sie ein Tuch über den Kopf stülpt und ihn samt Tuch auf dem Klapptisch ablegt. Sieht nicht sehr bequem aus und wird an den Umgebungsgeräuschen wohl kaum etwas ändern. Ich sehne mir Ohrstöpsel und eine Schlafmaske herbei, als mir auch noch mein Rücken durch Schmerzen mitteilt, dass eine starre Haltung in nicht verstellbaren Sitzen nicht zu bevorzugen ist. Die Leichtigkeit, die ich nach meiner Massage verspürt habe, ist nun endgültig dahin. Billigflieger haben eben doch ihren Preis.

      Ein Unterhaltungsprogramm fehlt gänzlich und außer Arbeiten fällt mir nichts ein, was ich machen könnte. Hong findet das Flugmagazin und erklärt mir aus Langeweile den neuen achtsitzigen französischen Privatjet Falcon 5x der französischen Firma Dassault mit viel »Raum für Business«.

      Ich gebe zu bedenken, dass nun nur noch das richtige Business dazu fehle, um den Kaufpreis, den Unterhalt und die drei Crewmitglieder zu bezahlen. Dann hängt wieder jeder seinen Gedanken nach und wünscht sich nach Hause.

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