Einer der auszog, um reich zu werden. Kanghan YUAN

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Einer der auszog, um reich zu werden - Kanghan YUAN

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der Firma. Ich bin jedoch der Meinung, dass bei dem Materialkostenanteil am Produkt der Verlust wesentlich höher sei als jedwede Einsparung durch Standardisierung. Außerdem produziere das Drehteil lange Späne und bei diesem neuen Material müsste ein Arbeiter diese Abfälle alle paar Sekunden entfernen, sonst würden sie sich um die Drehmeißel wickeln und das könnte richtig gefährlich werden. Mein Einkäufer sagt mir, deren Vorgaben kämen vom Headquarter, die chinesischen Konstrukteure hätten keine Erlaubnis irgendetwas zu ändern.

      Ich verdrehe die Augen. Das alte »Copy-&-paste-Verfahren«. Aber warum beschützt der Einkäufer den Lieferanten, anstatt mir bei der Argumentation zu helfen? Mir wird klar, dass er die gute Beziehung, die er in den letzten Jahren aufgebaut hat, nicht gefährden und so ein angenehmes Arbeiten ohne Stress haben will.

      Nach der Besprechung werden wir vom Lieferanten zum Abendessen eingeladen. Wir sitzen an einem runden Tisch im vorbestellten und vorgeheizten Nebenraum eines traditionellen Restaurants. Ich verlange einen warmen Gelben Wein. Der hat weniger Alkohol als Rotwein und Schnaps, macht deshalb nicht so schnell beschwipst und erhält die Denkfähigkeit länger. Seine Wärme tut in dieser kalten Jahreszeit ebenso gut. Ich gebe der Bedienung den Fotoapparat, damit sie von der ganzen Gruppe ein Bild zum Andenken knipst.

      Im Hotelzimmer angekommen beginnt das Sodbrennen und dauert bis in den Morgen. Ich bin mir sicher, dass im gestrigen Essen sehr viele künstliche Geschmacksverstärker enthalten gewesen sein müssen. Die sind immer die Ursache für mein Sodbrennen.

      Beim gemeinsamen Frühstück pflichtet mir mein Kollege bei: »Glutamat ist eine chinesische Tradition, verursacht bei Chinesen jedoch keine Probleme. Chinesische Mägen haben sich seit Jahrhunderten an diesen Stoff gewöhnt, dein Magen verträgt das nicht so gut.«

      Draußen lassen die chinesischen Fahrer die Autos in der Kälte warm laufen, damit die Gäste und der Fahrer nicht frieren. Mir ist die dadurch entstehende Umweltverschmutzung zuwider. Kein Wunder, dass das Land solch hohe Feinstaubwerte erreicht. Jeder denkt hier nur an sich, nicht an die Umwelt. Über die Verschmutzung und den Smog wird nur geredet, keiner tut etwas dagegen.

      Wir werden zu einem Unterlieferanten gebracht, bei dem ich die Daten vom Fertigungsprozess der Platte aufnehme und meine Ideen zur Kostenreduzierung diskutiere.

      Am Nachmittag auf der Fahrt zum Flughafen unterhalten wir uns über die Kulturunterschiede zwischen Ost und West.

      »Ich kenne da einige deutsche Unternehmen, die einfach nicht verhandeln wollen. Die kriegen keine Aufträge und machen schon seit ewigen Zeiten Verluste in China!«, regt sich mein Einkäufer auf.

      Ich erwidere, dass es diesen Deutschen wohl am nötigen Know-how fehle, wie in China Geschäfte gemacht würden. Oft behaupteten sie, sie hätten Vorgaben von der deutschen Zentrale, die sie nicht verändern dürften. Das werde sich nur ändern, wenn die Firma pleite sei und von anderen übernommen würde, die dann das Management austauschten. Ich weiß auch, dass die meisten Deutschen gleich mit dem Kopf durch die Wand wollen. Die Chinesen hingegen gehen um die Wand herum, sie sind pragmatischer und flexibler. Ich mache es mittlerweile genauso und bin nicht mehr so stur wie früher.

      Am Flughafen kaufe ich noch eine Kleinigkeit für meine Frau. An Bord ist es wahnsinnig eng und ich muss meine langen Beine nach außen drehen, damit ich mich hinsetzen kann. Dummerweise habe ich die Essenseinladung vom Lieferanten ausgeschlagen, damit wir den Flug nicht verpassen. Unsere Firma finanziert auf dem eineinhalbstündigen Flug kein Essen, so dass ich Hunger leiden muss. Immer diese Sparmaßnahmen. Hoffentlich wartet zuhause ein leckeres Abendessen auf mich.

      Hongs Eltern sind bereits in Taicang eingetroffen, um gemeinsam mit uns den Abschluss des fünfzehntägigen Frühlingsfestes mit dem Laternenfestival gebührend zu feiern. Wu Meilan hat das Haus mit vielen hübschen Lampions verziert, um den Geistern den Weg nach Hause zu erleichtern. Auch Kerzen werden zu diesem Zweck draußen angezündet und viele Menschen tragen kleine Laternen die Straßen entlang. Kulinarisch gibt es natürlich auch etwas zu bieten. Was dem Deutschen sein Berliner Pfannkuchen in der Karnelvalszeit ist dem Chinesen sein Tāngyuán, ein Klößchen aus klebrigem Reismehl mit süßer Füllung, zum Laternenfest.

      Da es gerade so schön festlich it, überreiche ich Hong fröhlich meine Geschenke zum morgigen Valentinstag, einen Regenschirm und eine Delikatesse aus Qingdao, Guotie genannt. Das sind leicht geröstete Teigtaschen mit Fleisch- oder Gemüsefüllung.

      Während Li Gengnan das Abendessen vorbereitet, gönnen Hong und ich uns noch eine Joggingrunde. Dabei erzählt sie mir von früheren Zeiten.

      »Frauen aus reichen Familien durften aus Sicherheitsgründen ein Leben lang das Haus nicht verlassen. Die Tradition, Frauen zu kleine Schuhe aufzuzwingen, entstand nur dadurch, dass Männer der Meinung waren, wenn Frauen nicht laufen könnten, dann blieben sie auch zuhause und seien treu. Nur am Laternenfest erlaubten die reichen Eltern ihren Töchtern mit den kleinen, zusammengebundenen Füßchen auf der Straße spazieren zu gehen. Das war der einzige Tag im Jahr, an dem sie mit Männern flirten konnten. Diese furchtbare Tradition der Qing-Dynastie wurde erst 1919 aufgehoben, wobei das Laternenfest noch immer zur Brautschau und Ehestiftung genutzt wirf. Bis heute ist es noch üblich, dass nur Frauen und Männer aus der gleichen Gesellschaftsschicht heiraten dürfen.«

      In diesem Jahr fällt der Valentinstag auf einen Freitag. Aus meinem Versprechen, spätestens sieben Uhr abends von der Arbeit zurück zu sein, wurde leider nichts. Ich war schon spät dran und dann haben mir noch die vollen Straßen einen Strich durch die eh schon knappe Rechnung gemacht. Chinesen nehmen es mit der Pünktlichkeit zwar nicht so genau, aber meine eineinhalbstündige Verspätung ist selbst für Hong zu viel.

      Da wir nun alle Hunger haben, gehen wir vor unserem Urlaub gemeinsam huǒguō, chinesischen Feuertopf, essen. Das Essen ist günstig. Für fünfzig Renminbi pro Person, was etwa 6,50 Euro entspricht, können wir drei Stunden lang essen und trinken, so viel wir wollen.

      Wie nebenbei klärt mich Hong darüber auf, was es bei Geschenken in China unbedingt zu beachten gibt. »Es gibt drei Geschenke, die du in China unbedingt vermeiden musst! Regenschirme, Standuhren und Birnen.«

      Der Regenschirm macht mich ehrlich nervös und ich frage nach dem Warum.

      Hong malt mir die Schriftzeichen auf und erklärt, dass »Standuhr« leicht zu verwechseln ist mit »enden«, »Birne« sich anhört wie »scheiden lassen« und die Aussprache für das Wort »Regenschirm« genauso klingt wie das Wort »trennen«.

      Oh je, dann war mein gestriges Geschenk an meine Frau nicht gerade beziehungsfördernd, aber meine chinesische Familie hat geflissentlich darüber hinweggesehen und meinen Fehlgriff offenbar nicht so tragisch genommen.

      Bei »Äpfeln« ist es anders, denn eine Silbe ähnelt »Frieden«, daher schenken sich vor allem Liebespaare gerne Äpfel.

      Klingt abergläubisch … oder war das jetzt ein Wink mit dem Zaunpfahl? Als Deutscher muss ich mich besser vorher informieren, bevor ich hier Geschenke verteile.

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