Einer der auszog, um reich zu werden. Kanghan YUAN

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Einer der auszog, um reich zu werden - Kanghan YUAN

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Daniel aus dem Stegreif beantworten kann. Sollte er auch, denn er studiert Medieninformatik in Augsburg und hat zwischen den Semestern für eine deutschen Firma Webseiten erstellt. Dieses Wissen kommt mir jetzt zugute. Ich nutze die Gelegenheit und frage nach einem gemeinsamen Urlaub in Thailand, den mein Sohn dankend ablehnt, es sei zu gefährlich dort, liest man ja überall. Hong meint dazu, Daniel sei mit der Welt verbunden und kenne sich aus. Im Gegensatz zu mir als Deutschem kritisieren Chinesen keine anderen Leute, sondern umschreiben alles positiv, um die Harmonie der Beziehungen aufrecht zu erhalten.

      Ich bin anderer Meinung als Daniel, sage aber nichts. Mein Aufenthalt auf einer Ferien-Insel in Thailand vor ein paar Jahren war sehr schön und ich fühlte mich nicht gefährdet.

      Ich habe mir ein Ziel ausgesucht und versuche, Hong davon zu überzeugen: »Was hältst du von einem Strandurlaub in Pattaya, einem großen Touristenort für Ausländer, zwei Autostunden südlich von Bangkok? Ich habe vor Jahren über Alan und Michael eine Wohnung dort angezahlt, doch das Projekt geht schon ewig nicht vorwärts. Wir erholen uns am Strand und machen einen Ausflug dorthin, damit ich mal nach dem Rechten schauen kann. Es lohnt sich auch für dich, denn die Wohnanlage liegt auf einem Berg mit Blick zum Meer.«

      Hong ist mit meinem Vorschlag einverstanden, denn sie will auch sehen, wo ich mein Geld angelegt habe, und bucht nachts trotz Daniels Warnung den Urlaub in Thailand über ein chinesisches Reisebüro. Sie holt ihre Kreditkarte, um die Reisekosten zu überweisen, doch die Bezahlung klappt nicht. Hong schlägt wütend mit der Faust auf die Tastatur, als ob das ihr Problem lösen würde … Interessanterweise tut es das tatsächlich, denn beim erneuten Versuch läuft alles reibungslos. Ich nehme mir für diesen Urlaub die zehn Tage frei, die mir die Firma nach dem gesetzlichen Arbeitsgesetz für meine Heirat gegeben hat. Eigentlich hätte ich nur drei Tage bekommen dürfen, da ich schon einmal verheiratet war. Vielen Dank an die Personalabteilung, die das nicht bemerkt hat. In diesem Bereich sind die Chinesen sehr großzügig mit zusätzlich geschenkten Urlaubstagen, in Deutschland bekommt man im Allgemeinen einen Tag Sonderurlaub für die Hochzeit, den Rest muss man von seinem Jahreskontingent bestreiten. Aber der Staat macht das natürlich nicht ganz ohne Hintergedanken. Er erhofft sich davon, dass die Leute früh heiraten und Kinder zeugen, denn diese braucht China wegen der leeren Rentenkasse dringend.

      Draußen ist es jetzt kalt und nass, morgen soll es laut Wetterbericht wieder einmal schneien. Ich will eine Bank aufsuchen, um mein Erspartes zinsbringend anzulegen. Obwohl die chinesischen Banken auch an Feiertagen geöffnet haben, rät mir Hong von einem Bankbesuch vor dem ersten offiziellen Arbeitstag nach CNY ab, da die Zinsen erst ab diesem Tag berechnet werden.

      Im nächsten Augenblick zieht sie schmerzvoll das Gesicht zusammen. Während ihrer Regel, die heute eingesetzt hat, leidet sie immer unter schweren Bauschmerzen. Aber sie steckt das gut weg und holt ihr Handy hervor, um mir eine neue App zu präsentieren, die angibt, wann die beste Zeit fürs Kinderzeugen ist … oder wann man besser vorsichtig sein sollte, wenn man noch nicht bereit für Kinder ist. Sie ist vollauf begeistert, da die Eintragungen in der App genau mit ihren Daten übereinstimmen.

      Schon wieder dieses leidige Thema, schießt es mir durch den Kopf. Sie meinte doch, dieses Pferdejahr wäre nach dem Unfall mit dem Hund kein gutes Jahr zum Kinderkriegen! Zudem ist es verwunderlich, dass Hong nun doch über Kinder nachzudenken scheint, weil sie ja in China keine Kinder großziehen will. Ich werde herausfinden, ob meine Schwiegereltern dahinterstecken oder ob es ihr eigener Wunsch ist. Vielleicht fragt ja auch mal jemand mich …

      In diesem Jahr fällt der Geburtstag meines Schwiegervaters genau auf diesen Tag, so dass wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können, wie man so schön sagt. Welch ein Glück. Von Hong erfahre ich, dass jeder Chinese grundsätzlich entsprechend des Mondkalenders an CNY ein Jahr älter wird. So gesehen hat jeder Chinese zwei Geburtstage, aber bei der älteren Generation werden erst ab einem Alter von vierzig Jahren runde Geburtstage gefeiert. Die Jüngeren richten sich nach dem westlichen Kalender und begehen diesen Tag jedes Jahr am selben Datum.

      Irgendwann stehe ich auf und checke meine E-Mails. Tatsächlich wurde mir am Neujahrstag aus Deutschland eine Nachricht mit der Bitte um eine Kalkulation geschickt und gestern kam eine Nachfrage, ob diese Kalkulation gemacht sei. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, denn ich habe den Abwesenheits-Assistenten meines E-Mail-Programms mit der Bemerkung gefüttert, dass ich bis zum siebten Februar abwesend sein werde.

      Meine Frau erscheint etwas verschlafen an der Tür und erinnert mich an den Geburtstag ihres Vaters, für den sie noch Blumen kaufen möchte. Natürlich fragt sie, welches Geschenk ich denn für meinen Schwiegerpapa hätte. Ich muss nachdenken, denn wenn ich ehrlich bin, habe ich das irgendwie verschwitzt. Dann fällt mir die graue Jacke aus Deutschland ein, die ich nicht mag, und will von Hong wissen, ob die es auch tun würde. Eigentlich braucht Li Gengnan eine Eieruhr und Eierbecher für die Küche, auch Flaschenverschlüsse fehlen. Das alles an diesem Feiertag noch zu besorgen, wäre an sich kein Problem, da in China gerade an Feiertagen viele Geschäfte geöffnet haben. Das wird von den Chinesen gern ausgenutzt, jedoch haben wir dafür keine Zeit mehr, denn die Geburtstagsfeier beginnt schon um elf Uhr mit einem gemeinsamen Mittagstisch. Widerwillig werfe ich mich in Schale, die aus meinem Geschäftsanzug mit Krawatte besteht, und fahre mit Hong zum Blumenladen um die Ecke. Nebelschwaden und die Reste der explodierten Knallkörper von der Nacht hängen noch in der Luft.

      Als wir wieder bei den Schwiegereltern ankommen, sitzen schon einige Gäste im Wohnzimmer auf der Couch. Hong steckt mir noch schnell die roten Umschläge mit den Geldscheinen zu, die ich an die Kinder übergebe. Alle bedanken sich brav, dann fährt die Autokarawane los. Das Restaurant ist zwar gleich um die Ecke, aber man nimmt ja Rücksicht auf die älteren Leuten. Dass die Bequemlichkeit der restlichen Verwandtschaft auch keine geringe Rolle spielt, wird natürlich dezent verschwiegen. Hong und ich überreichen direkt im Restaurant den Blumenstrauß und die graue Jacke, denn es sollen ja alle mitbekommen, was wir schenken. Wie überall auf der Welt sind die Geschenke auch hier nicht an Regeln gebunden und hängen vom Vermögen ab. So freut sich ein Kind in ärmeren Familien über Stifte oder ein Buch, während die Geschenke in vermögenderen Familien preislich höher ausfallen. Ich setze mich meist über die übliche Vorgehensweise, die Geschenke erst auszupacken, wenn die Gäste gegangen sind, hinweg und frage, ob ich gleich hineinschauen darf. Ich finde es persönlicher, sich per Handschlag und nicht per Telefongespräch zu bedanken.

      Es gibt eine weitere Regel, die uns Europäern befremdlich erscheint. In China ist traditionell jeder, der eingeladen wird, dazu verpflichtet ein Geschenk zu überreichen, auch wenn er nicht zu der Feier kommen kann. Vorsorglich wird insbesondere bei Geschenken an Kinder die Quittung mit dem Preis beigelegt, denn so können wir sicher gehen, dass wir, wenn wir später Kinder haben, ein Geschenk im selben Wert erhalten.

      Drei Stunden lang

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