Einer der auszog, um reich zu werden. Kanghan YUAN

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Einer der auszog, um reich zu werden - Kanghan YUAN

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wurden vernichtet und stattdessen Mao-Bilder aufgehängt. Wenn du überleben möchtest, musst du mit der kommunistischen Partei kooperieren. So hatte die evangelische Kirche nur die Möglichkeit, sich von der westlichen Organisation zu lösen und sich nicht mehr davon beeinflussen zu lassen. Die Kirche bekam Kirchengebäude und hauptamtliche Mitarbeiter, allesamt Parteimitglieder. Selbst entscheiden, selbst finanzieren, selbst ausbreiten – das ergibt die drei Selbst im Namen der Kirche.«

      Peter Kreuz arbeitet nun in Anton Rebes Unternehmen und hatte diese Firma auf seiner Visitenkarte stehen. Er hatte sich hierzu nicht äußern wollen. Ich weiß jedoch, dass ausländische Priester in China keine Arbeitserlaubnis und somit kein langfristiges Visum bekommen, weil sie nicht für die chinesischen Kirche arbeiten. Sie müssen bei einer legalen Firma in China angestellt sein und tragen aus Dank und für Werbezwecke deren Visitenkarte mit sich herum.

      Hong hat CNY schon durchgeplant, sie möchte es mit ihrer ganzen Verwandtschaft verbringen. Natürlich werde ich mich dann auch wieder auf Chinesisch oder besser gesagt auf Suzhounesisch mit der ganzen Familie unterhalten, wobei das für mich sehr anstrengend werden wird, da sie zwar mein Chinesisch verstehen, ich aber ihr Suzhounesisch nicht. Trotzdem freue ich mich immer wieder, dass ich als Laowai, die chinesische Bezeichnung für Ausländer, so herzlich in der Familie aufgenommen worden bin. Das ist in China keine Selbstverständlichkeit, da die chinesische Gesellschaft Fremden gegenüber generell misstrauisch gesinnt ist. Die Geschichte lehrt uns, dass sie dazu leider auch allen Grund hat.

      Jeder wollte ein Stück vom chinesischen Grund und Boden, was dem einen mehr, dem anderen weniger gut gelang. Die Quintessenz des 1. Opiumkriegs Mitte des 19. Jahrhunderts war die Abtretung Hongkongs an Großbritannien, beim 2. Opiumkrieg wenige Jahre später mischte zusätzlich Frankreich mit und letzten Endes wurde der Opiumhandel legalisiert und China konnte sich nicht mehr gegen internationale Handelsbeziehungen wehren. Chinas Wirtschaft brach ein und mit der Vormachtstellung in Asien war es vorbei, aber auch das war den Großmächten nicht genug. Nun standen Großbritannien, Russland, Japan, Frankreich und Deutschland im Wettstreit miteinander um die größten Bissen bei der Aufteilung Chinas.

      Zu jener Zeit befand sich die Qing-Regierung in einer schweren finanziellen Krise. Da ihre Jahresbruttoeinnahmen bei Weitem nicht ausreichten, die Ausgaben zu decken, sah sie sich gezwungen, Geld bei den westlichen Ländern zu leihen und ihre Seezolleinkünfte zu verpfänden. Dadurch gewannen die Großmächte die Kontrolle über Chinas Finanzen, gründeten Bankniederlassungen, über die sie ihre Kapitalexporte abwickelten und Banknoten ausgaben. So konnten sie die chinesische Finanzwirtschaft manipulieren. Allein in den fünf Jahren nach 1895 bauten sie in China knapp eintausend Fabriken. Sie dominierten den Eisenbahnbau, den Schiffstransport und den Bergbau.

      Erstaunlicherweise spielten die USA bis Ende des 19. Jahrhunderts überhaupt keine Rolle bei Eroberung Chinas, doch das sollte sich ändern. Der Vorschlag der USA, der amerikanischen Großmacht gleiche Vorteile und Chancen auf dem chinesischen Markt einzuräumen, wurde unblutig akzeptiert und so setzten sich auch die Amerikaner in China immer mehr fest.

      Nun genug der Unannehmlichkeiten. Die bevorstehenden Feiertage nehme ich zum Anlass, wieder mehr Chinesisch üben zu wollen, am besten auf dem Notebook, das ich Hong zu Weihnachten geschenkt habe. Ach herrje, bald ist ja auch wieder Valentinstag …

      Als hätte sie meine Gedanken gelesen, ist Hong aufgewacht und kommt zu mir gekrochen. Um das Haus herum pfeift der Wind bei etwa 14 Grad, drinnen wie draußen. Vor ein paar Tagen war es schon mal kälter. Hong hustet wieder, vielleicht sollte ich ihr zu einem Arztbesuch raten.

      Hong ist in einem Pferdejahr, das sich alle zwölf Jahre wiederholt, geboren, daher trägt sie jetzt rote Unterwäsche, denn nach chinesischem Glauben soll das die bösen Geister vertreiben oder zumindest milde stimmen. Ein chinesischer Freund hat mir einmal erzählt, dass das Jahr des Pferdes kein gutes Jahr wäre, da nur halb so viele Kinder geboren würden wie im Jahr des Drachen. Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht. Ich erzähle Hong besser nichts davon.

      Aber in gewissem Sinne ist das nachvollziehbar, denn dem Pferdgeborenen wird Ruhelosigkeit, Bewegungsdrang und die Suche nach Abenteuern nachgesagt. Das Jahr des Pferdes wird demnach aufregend, quirlig, bisweilen wahrscheinlich auch stressig und hektisch und in der Liebe abwechslungsreich und überaschend. Daher scheint die Gelegenheit, sich längerfristig festzulegen, in diesem Jahr nicht gegeben zu sein. Aber da ich meine Frau ja bereits etwas länger kenne, bin ich daran gewöhnt. Ich muss nur darauf achten, ihr den Freiraum zu geben, den sie benötigt, und sie nicht einzuengen, denn Zügle lässt sie sich definitiv nicht anlegen. Da ich im Geiste ein moderner Mensch bin, sollte mir das nicht allzu schwerfallen. Wichtig für mich ist die Tatsache, dass das Pferd auch für finanzielle Sicherheit steht, denn die ist leider essenziell, auch wenn man das Materielle eher nicht auf die obersten Stufen seiner Lebenspyramide stellen sollte.

      »Weißt du, dass viele Regierungschefs im Pferdejahr geboren sind: Merkel, Cameron, Hollande sowie auch der türkische Minister.«

      Ich erwidere fröhlich, dass sie dann ja gute Chancen hätte, Premierministerin oder Regierungschefin zu werden.

      »Aber nein, ein weiblicher Premierminister in China?«, rief sie. »Das ist unmöglich, also zumindest bis jetzt. In unserer Geschichte gab es ja auch nur männliche Kaiser. Bis auf die Kaiserin Wu Zhao, die aber beschuldigt wurde, ihren Gatten vergiftet zu haben, um an die Macht zu kommen.«

      Nach dem Aufstehen jogge ich am Fluss entlang. Die Sonne schafft es nicht, sich durch die dicken Smogwolken

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