Einer der auszog, um reich zu werden. Kanghan YUAN

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Einer der auszog, um reich zu werden - Kanghan YUAN

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es Bedrückenderes als China im Winter?, schießt es mir unwillkürlich durch den Kopf. Die mir entgegenkommenden Passanten schauen mich ungläubig an. Ob es daran liegt, dass ich Ausländer bin, oder daran, dass nur ein Wahnsinniger bei diesem Smog laufen würde? Wahrscheinlich an beidem. In diesem Augenblick beschließe ich, nach dem Chinesischen Neujahrsfest mit Hong zur Erholung nach Thailand zu fliegen.

      Nach der Dusche im eiskalten Badezimmer gibt es Brunch. Dann werden Neujahrsgrüße verschickt und die E-Mails auf den Visitenkarten vom AHK-Treffen in LinkedIn, einer internationalen Networking-Website für Geschäftsleute, eingegeben. Man weiß ja schließlich nie, wofür diese Kontakte noch nützlich sein können. Abends gehen wir zur Apotheke, um Hustensaft und Tabletten zu kaufen und um nebenan Nudelsuppe zu essen. Da es unzählige Variationen von Nudeln gibt und der Geschmack auch sehr unterschiedlich ist, wird es nie langweilig und man könnte jeden Tag Nudeln essen. Sie schonen auch den Geldbeutel und machen lange satt. Einziger Wehrmutstropfen für mich ist die überall stark verbreitete Verwendung von Glutamat zur Geschmacksverstärkung, das ich als Europäer nur schlecht vertrage und Sodbrennen bei mir verursacht. Viele Restaurants wärmen nur gelieferte, vorgekochte Waren auf, so dass ich meinen Sonderwunsch „ohne Glutamat“ nur in Restaurants erfüllt bekomme, die ihre Speisen frisch zubereiten und so Einfluss auf die Zutaten nehmen können.

      Nach unserem Nudelmahl bestehe ich darauf, in der Bäckerei noch ein paar Alkohol gefüllte Leckereien zu kaufen. Die werden zur Hälfte gleich zuhause verspeist, während ich einen neuen Film in den DVD-Player lege und Hong im Internet surft. Sie erzählt mir ein paar chinesische Witze auf Deutsch, die ich aber nicht witzig finde oder nicht verstehe.

      Mit Nudeln und Nachtisch im Magen gehen wir ins Bett. Ich vergesse nicht, noch schnell ein Schnapsglas von meinem Kräuterwasser zu trinken, das mir Li Gengnan geschenkt hat. Nach TCM, der traditionellen chinesischen Medizin, stärkt das Getränk sowohl die Gesundheit als auch die Potenz des Mannes beträchtlich, man muss nur fest daran glauben. Hierzu werden sehr teure Zutaten wie zum Beispiel der Penis eines Hirsches oder besser der eines Schneehundes aus den Bergen verwendet. Aus diesen wird ein hochprozentiger Schnaps gewonnen und dann genüsslich getrunken. Einfach herrlich, diese traditionelle Medizin. Frauen dürfen da natürlich nicht ran, zu gefährlich, wegen der Potenz.

      Die TMC insbesondere in Form von Akupunktur hat schon viele meiner Wehwehchen kuriert, an denen die Schulmedizin gescheitert ist. Auch Meditationsübungen wie Qigong habe ich mir angeeignet, um mein Qi in Einklang mit meinem Körper zu bringen und entspannter durchs Leben zu gehen. Daher bevorzuge ich die Atemübungen statt der Kampfsportarten, die auch den Qi-Fluss regulieren können.

      Am 30. Januar, einem Donnerstag, komme ich wie gewohnt erst gegen sieben Uhr abends von der Arbeit nach Hause. Hong hat bereits ein hervorragendes chinesisches Abendessen mit westlichen Kräutern gezaubert.

      »Du könntest ein Restaurant aufmachen!«, schmeichle ich ihr und gebe ihr einen Kuss.

      »Ach ja, wo denn?«, fragt sie mich.

      »Natürlich hier in China! Chinesisches Essen schmeckt den Chinesen sowieso am besten. Natürlich aber mit westlichen Kräutern, damit du dich von der Konkurrenz abhebst.«

      Im Fernsehen läuft der Film »Australia«. Dieser ist noch lange nicht zu Ende, als wir beide schon aufgegessen haben. Hong steht auf, trägt die Teller in die Küche und spült ab. Ich mixe mir derweilen einen Cocktail und schaue den Film weiter.

      »Heute müssen wir noch im ersten Stock sauber machen!«, ruft sie plötzlich aus der Küche. »Ich hab schon ewig für den zweiten gebraucht!«

      Ich seufze, jetzt ist es wohl vorbei mit dem entspannten Abend. Nach chinesischer Tradition muss ein Haus am Tag vor Neujahr gefegt und geputzt werden, um sich selbst von den Lasten des alten Jahres zu befreien.

      Ich füge mich, helfe ihr, die Stühle hochzustellen, und frage sie, ob sie noch einen zweiten Besen hätte. Darauf meint sie nur, ich käme eh immer erst, wenn die meiste Arbeit schon gemacht sei. Ich gehe leicht beleidigt wieder ins Wohnzimmer, doch der Film ist schon vorbei.

      So begebe ich mich in mein Arbeitszimmer, mache meine Steuererklärung für das letzte Jahr fertig und schaue mir meine Aktienkurse an. Immer wenn ich auf steigende Aktien setze, habe ich das Gefühl, die Aktien gehen nach unten und umgekehrt. Werde ich das jemals begreifen?

      Nun ja, morgen ist Silvester genauer gesagt CNY. Wir wollen noch heute eine preiswerte Urlaubsreise nach Thailand buchen oder sie zumindest besprechen, dann packen und morgen gleich nach meiner Arbeit zu Hongs Eltern fahren, um dort gemeinsam zu Abend zu essen. So will es die Tradition. Wir werden erwartet und alles ist für unsere Übernachtung vorbereitet. Das Neujahrsfest hat in China einen ähnlich hohen Stellenwert wie bei uns in Deutschland Weihnachten und gilt als das wichtigste Fest des Jahres.

      Am folgenden Nachmittag verlassen wir unsere Wohnanlage in Taicang und verteilen Hongbaos als Neujahrsgeschenke. Hongbao setzt sich zusammen aus Hong für Rot, wie wir bereits wissen, und Bao für Tasche. In China ist es üblich, diese roten Taschen mit Geldscheinen zu füllen und zu verschenken, auch zu Geburtstagen und Hochzeiten. Hong erzählte mir einmal von einem Wanderarbeiter mit einer großen Familie, die ihn sehr oft zu Festivitäten einlädt. Von seinen sechzigtausend Renminbi Jahresverdienst hat er fünfzigtausend allein für Hongbaos ausgegeben. Tja, Familienfeiern in China können teuer werden und mit einer Absage kann sich niemand aus der Affäre ziehen, denn gezahlt werden muss trotzdem.

      Der Pförtner unseres Compounds, wie Wohnanlagen in China genannt werden, bekommt einen Hongbao sowie auch mein chinesischer Fahrer, dem wir das Auto abnehmen, denn Hong will selbst fahren.

      Als wir später alle in Suzhou am üppig gedeckten Tisch zusammensitzen, frage ich nach den Speisen, von denen mir einige unbekannt sind. Ich bin zwar schon einige Jahre in China, doch an einem so üppig gedeckten Tisch habe ich noch nie gesessen. Meistens bin ich mit Freundinnen über CNY in den Süden geflogen, um die Sonne und das Meer zu genießen, zuletzt 2012 mit Jasmine nach Bali, 2011 mit Fangfang auf die Philippinen, 2010 mit Shuming nach Malaysia und 2009 nach Yunnan mit meiner chinesisch Lehrerin, deren Namen ich bereits vergessen habe, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sie große Mengen Schnaps vertragen hatte. Auch die Jahre vorher war ich nach China gekommen, um Geschäftsleute während CNY zu treffen, denn das ist die beste Zeit für Geschäfte, da alle während der Feiertage viel Zeit haben.

      Nun ist Zeit, ein paar Worte über meine Schwiegereltern zu verlieren. Beide sind pensioniert und genießen das Leben. Aufgrund ihrer gesunden, frischen Ernährung sind beide recht schlank, was für Wu Meilan von Vorteil ist, da sie ihre Zuckerkrankheit somit gut im Griff hat, obwohl sie in den letzten Jahrzehnten keinen Sport mehr getrieben hat. Li Gengnan dagegenen hat Gymnastik und Yoga in seinen alltäglichen Ablauf eingebunden, so dass er einen 1,75 Meter großen, muskulösen Körper vorweisen kann. Wu Meilan ist wie ihre Tochter etwa fünfzehn Zentimeter kleiner als der Mann im Haus.

      Gespannt lausche ich Hongs Erklärungen zur Bedeutung der verschiedenen

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