Einer der auszog, um reich zu werden. Kanghan YUAN

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Einer der auszog, um reich zu werden - Kanghan YUAN

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die Kontoeröffnung muss ich mehrere Dokumente ausfüllen und handschriftlich in Chinesisch bestätigen, dass ich das Kleingedruckte zur Kenntnis genommen habe. Die Bankangestellte erklärt uns anschließend, dass Geldeinzüge von anderen chinesischen Banken mit ausländischem Namen von dieser Bank aus nicht so einfach getätigt werden können, da die Apparate nicht darauf ausgelegt seien. Besser wäre es doch, das Geld bei der anderen Bank im Gebäude nebenan abzuheben und hier in bar einzuzahlen. Ich erinnere mich daran, dass ich dies doch schon mal vor zwanzig Jahren so gemacht habe. Damals war eine Online-Überweisung nicht möglich. Hat sich die Welt seither nicht weitergedreht?

      Mir ist das Ganze zu aufwendig, doch Hong erklärt mir, Bargeld von der einen Bank abzuheben und bei der anderen Bank einzuzahlen, ist hier noch gang und gäbe, um Überweisungskosten zu sparen und Bürokratie zu vermeiden. Mittlerweile ist es kurz nach drei Uhr und die Bankangestellte weist uns darauf hin, dass die anderen Banken schon geschlossen sind. An Geldautomaten gibt es eine Höchstgrenze von 20.000 RMB, was in etwa 2.750 Euro entspricht, also verwerfe ich diese Idee gleich wieder.

      Jetzt bleibt mir nur noch die Online-Überweisung, doch auch diese Möglichkeit ist mir verwehrt, denn alle Online-Überweisungen in China laufen über eine Zentralstelle der Bank of China in der Hauptstadt Beijing und die sind ausgerechnet heute noch alle im Urlaub.

      Hong sieht es gelassen und versteht mein Problem nicht. »Morgen ist der erste offizielle Arbeitstag nach dem CNY, da kannst du die Überweisung ausführen.«

      Draußen ist es immer noch kalt. Da wir außer den harten chinesischen Kiwis, die Hongs Eltern uns mitgegeben hatten, nichts weiter zu essen zuhause haben, gehen wir zum chinesischen Grill, einem BBQ-Restaurant. In solchen Restaurants herrscht immer großer Andrang und wir müssen wie üblich eine Nummer ziehen, um einen Sitzplatz zu bekommen. Auf der Toilette treffe ich einen Chinesen, der mir erzählt, er wohne in Australien und sei extra zum chinesischen Neujahrsfest hergekommen. Manchen sind Traditionen offenbar sehr heilig.

      Als ich den rohen Fisch auf die Grillplatte legen will, nimmt Hong mir das Besteck samt Fisch aus der Hand und meint, nur Frauen beherrschten diese Arbeit, Männer könnten nur essen, saufen und schlafen. Hong will mich wieder einmal provozieren, denn sie sollte es besser wissen, da in ihrem Elternhaus immer ihr Vater in der Küche steht.

      Ich murmle vor mich hin: »Ein Fisch am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen, aber ein Fisch am Abend …«

      Hong hat es gehört und dichtet zu Ende: »… dann schläft man gut«. Es reimt sich nicht und ergibt keinen Sinn, aber das macht Hong überhaupt nichts aus.

      Ich zahle mit Bankkarte und gebe am Tisch meine Geheimzahl ein. Hong rügt mich dafür, dass die Bedienung die Geheimzahl erkennen konnte.

      »Na und?«, erwidere ich.

      »Vielleicht hast du schon mal davon gehört, dass Bankkarten gefälscht werden?«, kontert sie schnippisch. »Jetzt kennt die Kellnerin deine Kontodaten und die PIN. Wenn die dein Konto leerräumen, siehst du das Geld nie wieder!«

      »Soll ich jetzt zur Bank gehen und die Geheimzahl ändern lassen? Sollte das mittlerweile nicht online möglich sein?«, frage ich genervt zurück. Bei meiner Bank in Deutschland gibt es diese Option im Online-Banking. Mir wird klar, dass das nicht geht, weil ich noch kein funktionierendes Online-Bankkonto habe. Bisher hat Hong alle notwendigen Überweisungen von ihrem Onlinekonto getätigt, daher habe ich mich noch nicht um ein eigenes Onlinebanking gekümmert. Der Aufwand mit der Bank ist mir zu viel und das Essen ist so lecker, dass ich die Angelegenheit einfach vergesse.

      Eine Steuerquittung, in China Fapiao genannt, gibt es heute noch nicht. Erst in zwei Wochen, denn das Restaurant ist brandneu und die Lizenz der Behörden steht noch aus. Das ist zwar illegal, aber in China nimmt das niemand so genau. Glück für uns, so müssen wir nicht hungrig ins Bett gehen.

      Als wir nach Hause kommen, ist die Wohnung wieder ziemlich ausgekühlt, weil Hong die Klimaanlage ausgeschaltet hat. Ich frage mich, was wohl günstiger wäre: die Wohnung jetzt wieder von 13 Grad auf 20 Grad hochzuheizen oder das Gerät einfach bei 20 Grad laufen zu lassen.

      Hong sieht das pragmatisch: »Ist doch klar: Die Heizung anderthalb Stunden für umsonst laufen zu lassen, ist auf jeden Fall viel teurer! Du kannst von uns Chinesen noch viel über das Sparen lernen«. Chinesen seien echte Sparkünstler, referiert Hong weiter, sogar heißes Abwasser würde verkauft, es könne direkt bei den Fabriken wie Stahlwerken, die Wasser zur Kühlung ihrer Maschinen nutzen, bestellt werden. Das so erwärmte Wasser würde mit LKWs zu den Kunden, meist öffentliche Badeanstalten, transportiert und alle profitierten davon. Mich erstaunt, dass Kaufpreis und Transportkosten offenbar unter den Heizkosten für das Wasser liegen und sich das Ganze tatsächlich rentiert.

      So viel zur Wasserqualität! Ich überlege unwillkürlich, wie oft ich in China schon in diesem Brackwasser gebadet habe. Ist es vielleicht sogar radioaktiv?

      Mit einer noch absurderen Sparidee reißt mich Hong aus den Gedanken: »Wenn du richtig Geld sparen willst, dann mach die Heizung aus und zieh warme Kleidung an.«

      Frauen haben doch sowieso immer das letzte Wort, in China erst recht. Wir werden uns wahrscheinlich noch oft über dieses Thema streiten, die Mentalitäten sind einfach zu verschieden. Ich möchte zwar auch sparen, aber doch nicht auf Kosten unserer Gesundheit.

      In der Nacht können wir beide vor lauter Sodbrennen nicht schlafen. Entweder haben wir viel zu viel gegessen oder in dem Grillgewürz war mal wieder zu viel Glutamat. Die Wahrscheinlichkeit, dass beides zutrifft, ist sehr hoch.

      Am nächsten Morgen, dem ersten Arbeitstag nach dem chinesischen Neujahrsfest, haben wir immer noch Sodbrennen. Auch das Wetter sympathisiert mit uns, denn es regnet in Strömen. Leider muss ich heute nach draußen, denn ich habe mich von meiner Frau überreden lassen, den umständlichen Weg für den Geldtransfer zu gehen. Hong holt unseren Fahrer ab, sie wechseln die Sitzplätze und wir machen uns auf den Weg. Pünktlich zur Schalteröffnung halb neun heben wir zwei große Bündel Geldscheine ab und zahlen es bei der anderen Bank ein. Die Zählmaschine scheint auch noch im Urlaub zu sein, denn sie hat sich verrechnet. Der Bankangestellte zählt nun die Scheine solange von Hand nach, bis alles stimmt. Danach folgt der obligatorische Formularkrieg. Ich staune immer wieder, wie viele Formulare man unterschreiben muss, um etwas Geld einzuzahlen, da unterscheidet sich China nicht von Deutschland. Immerhin fallen die Zinsen für Neukunden heute ein kleines bisschen höher aus als in den letzten Tagen.

      Nach dem Stress in der Bank muss Hong schnell weiter in das thailändische Konsulat in Shanghai, um ein Visum für den gemeinsamen Urlaub zu beantragen. Als Deutscher darf ich visumfrei in Thailand einreisen, wenn ich bei der Einreise ein gültiges Rückreiseticket vorweisen kann. Da die Vertretung bereits halb zwölf mittags die Tore schließt, ist Eile geboten. Ich fahre ein Stückchen bis zur Firma mit und dann lasse ich Hong mit dem Fahrer allein.

      Als ich gegen halb elf im Büro im zweiundzwanzigsten Stock ankomme, ist es kalt. Von meinen Kollegen erfahre ich, dass die Zentralheizung im Gebäude noch ausgeschaltet und die Kantine im fünften Stock auch geschlossen ist. Die Verwaltung will wohl nur Miete kassieren, aber die Betriebskosten sparen! Die meisten Angestellten kommen erst am nächsten Montag oder einfach nur etwas später zur Arbeit. Mein amerikanischer Chef ist auch da und wir unterhalten uns über das Budget und die weiteren Kostenreduzierungsmaßnahmen. Mittags laufen wir ins Restaurant nebenan und er bezahlt. Er hat den typischen Gang eines Seemannes und bringt mich damit immer zum Schmunzeln. Anschließend habe ich bis sechs Uhr abends ein Meeting mit meinem Mitarbeiter Dr. Zhang, um die Kalkulationstermine der Unternehmenszentrale in Deutschland zu erfüllen.

      Zuhause erzähle ich Hong von meinem Mittagessen im Restaurant mit meinen Geschäftsfreunden. Als ich dort erwähnte, dass ich nur E-Mail und Skype zur Online-Kommunikation

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