Fotografie als Methode. Maja Jerrentrup
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ibidem-Verlag, Stuttgart
Inhalt
Zwei diffuse Begriffe treffen aufeinander
Möglichkeiten der Systematisierung
Aufmerksamkeit, Freude und Verständnis
Fotografieren für das Wohlbefinden
Kontrollieren und Kommunizieren
Fotografiert werden für das Wohlbefinden
Einleitung
Nur selten wird von der Fotografie als einer Methode gesprochen, wenngleich sie vielleicht immer gewissermaßen als solche verstanden werden kann: Auf ganz vielfältige Weise sind ihr Entstehungsprozess und ihr Ergebnis Mittel, um neue Situationen zu bewirken oder Erkenntnisse zu erzielen.
Besonders nahe liegt hier wohl die (oft infrage gestellte) Funktion der Fotografie als Beweismittel, zum Beispiel bei Tatort-Fotos oder im Bereich der Anthropometrie und Ethnographie. Darüber hinaus stellen Fotografien auch Ausgangsmaterial zu Analysen dar, beispielsweise, um Bildinhalte zu identifizieren, sortieren, kategorisieren und interpretieren, um dann auf dieser Basis Erkenntnisse zu formulieren, so etwa in der Kunstgeschichte oder der Soziologie.
Die Fotografie eröffnet außerdem neue Blickwinkel, indem sie Zugang zu Situationen bieten kann, die man ohne Kamera wohl nicht betreten dürfte – typisch für den Fotojournalismus und interessant zum Beispiel für die Ethnologie. Methoden wie “Photovoice” legen die Kamera in die Hände derer, zu deren Lebenswelten man Informationen gewinnen möchte. Diese Strategie kommt auch im Kontext gesellschaftlicher Partizipationsvorhaben zum Einsatz – wenngleich dabei häufig nicht klar ist, wie gefiltert ebendiese neue, durch die Fotografie gelieferte Perspektive ist. Zudem bieten Fotografien als Basis für Interviews die Chance, durch Assoziationen und Emotionen besser an Informationen zu gelangen. Auch das Empowerment ist diesem Zusammenhang von Bedeutung: Die Menschen, zu denen geforscht wird, sind nicht passive Forschungsobjekte, sondern werden zu kreativen Subjekten, die mit Hilfe der Fotografie ihre Themen darstellen und ihre Sicht erläutern.
Beim Lehren und Lernen spielen Visualisierungen, darunter Fotografien, ebenfalls eine wichtige Rolle. Studien aus dem Bereich der Didaktik haben ferner gezeigt, dass bei praktischen Fotoübungen besonders gute Lerneffekte erzielt werden können. Hinzu tritt der Bereich der Media Literacy, also der Fähigkeit, Medienzusammenhänge zu verstehen und für sich und andere sinnvoll und verantwortungsvoll nutzen zu können.
Des Weiteren stellt die Inszenierung und Auswahl von Fotografien eine Möglichkeit der Persuasion dar, sowohl, wenn es darum geht, etwas als „echt“ zu präsentieren, als auch, wenn eindeutig Fantasiewelten gezeigt werden. Die Indexikalität ermöglicht es in beiden Fällen, einen besonderen Bezug zur eigenen Lebenswelt herzustellen. So dient Fotografie auch immer wieder der Verführung, sei es in der Politik, der Pornographie oder Werbung.
Im Sinne des psychologischen „Well-Beings“ ist die Fotografie ebenfalls in unterschiedlichen Facetten von Bedeutung: Das Fotografieren selbst kann dabei helfen, sich zu fokussieren, Flow zu erleben, Kreativität auszuleben und Achtsamkeit zu empfinden. Sowohl beim Fotografieren, wie auch beim Fotografiertwerden und Erstellen von Selbstporträts beziehungsweise Selfies wird Identitätsarbeit ermöglicht. Der Selbstwert kann gefördert und gerade in der inszenierten Fotografie aufgrund der Verkörperung von Konzepten auch eine Art Überwindung der eigenen Körperlichkeit erzielt werden.
So zeigt sich, dass die Fotografie in ganz unterschiedlichen Bereichen „methodisch“ zum Einsatz kommt, wobei sich jeweils ganz unterschiedlich Probleme ergeben können: