Bangkok Rhapsody. Thomas Einsingbach
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Ebenfalls im Mitteldeutschen Verlag erschienen
PROLOG
Phnom Penh, im April 1978.
„Schachmatt! Ich gratuliere. Der Vorstoß mit dem Springer war mein entscheidender Fehler.“ Der Verlierer, dessen weiße Uniform nicht den kleinsten Makel aufwies, lächelte verlegen. Dann nickte er seinem Adjutanten zu, der sich daraufhin anschickte, ihm Rotwein nachzuschenken. Der Gewinner, der splitternackt auf einem Holzhocker saß, beobachtete wortlos, wie die letzten Strahlen der Abendsonne den Raum durchfluteten und sich mit dem kalten Schein der Neonbeleuchtung zu einem unangenehmen Zwielicht vermischten. Er hatte sein gut gefülltes Weinglas noch nicht einmal angerührt.
Es roch nach verbrannter Haut und menschlichen Ausscheidungen, und die Klimaanlage kämpfte angestrengt gegen die feuchte Hitze, die von draußen in das schlecht isolierte Büro drang.
„Auf Ihr Wohl. Warum trinken Sie nicht? Es ist ein hervorragender Tropfen.“ Der Weißgekleidete hob sein Glas. „Wie wäre es mit einer Revanche?“
Die langen, dürren Beine seines siegreichen Gegners fanden unter dem halbhohen Tisch, auf dem das Schachspiel, die Weingläser und eine Flasche Bordeaux platziert waren, nur schwer Platz. Der Mann hatte in den letzten Wochen enorm an Gewicht verloren und sein entblößter Körper war übersät von notdürftig versorgten, noch nicht ausgeheilten Wunden. Seine strähnigen blonden Haare hingen ihm fettig vor den Augen. Nur unter Aufbietung seiner letzten Kräfte gelang es ihm, Haltung zu bewahren. Niemals würde er mit dem Teufel anstoßen. Im Augenwinkel sah er den jungen Kambodschaner, der in einer Ecke des Raumes kauerte und blutverschmiert wimmerte. Aus einer handtellergroßen Wunde an dessen linker Kopfseite tropfte dunkelrotes Blut in die Urinlache, die sich um ihn herum ausgebreitet hatte.
Vor gut einer Stunde hatten zwei Sergeanten den schmächtigen Asiaten gepackt und ihn an die Rückenlehne eines Schemels gefesselt, die mit scharfkantigen Metalldornen bespickt war, welche sich tief in sein Rückgrat bohrten. Das Verhör wurde in kambodschanischer Sprache geführt und blieb offenbar ohne den gewünschten Erfolg. Auf ein Zeichen des Weißuniformierten hin brannten die Peiniger ihrem Gefangenen immer wieder die Glut ihrer Zigaretten ins Gesicht. Der Gefolterte ertrug die Qualen nahezu lautlos. Erst als sie ihm routiniert die Arme brachen, stieß der zähe Asiate spitze Schmerzensschreie aus. Schließlich schnitten die Schergen ihm das Ohr ab, woraufhin ihr Opfer für einige Zeit das Bewusstsein verlor.
„Sie mögen diesen Mann. Ich sehe es Ihnen an.“ Genüsslich tapezierte der Verlierer der Schachpartie seinen Gaumen mit einem Schluck Wein.
„Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Gewinnen Sie die Revanche, lassen wir Ihren Freund frei. Verlieren Sie hingegen …“ Die tiefbraunen Augen des Herausforderers suchten die seines Kontrahenten. „Nun, mein Lieber, ich bin mir sicher, Sie werden verhindern, dass es so weit kommt.“
Der Gewinner der ersten Partie nickte kaum merklich. Sein Mund war staubtrocken, der Schweiß rann ihm von der Stirn in die Augen. Er wusste, dass er verloren war, ganz egal, wie das nächste Spiel auch enden würde. Mit leerem Blick verfolgte er die Sergeanten, die sorgsam die Lage der dünnen Elektrodrähte überprüften, mit denen sein nackter Oberkörper und seine Genitalien umwunden waren.
1
Als sie den Gebetstempel verließen, empfing die beiden Frauen die Wucht der tropischen Schwüle. Hoch über dem Kloster Wat Suwan formierten sich grafitgraue Wolkentürme. Weiter unten verharrte die Atmosphäre noch regungslos und lastete schwer auf der lebenden Kreatur. Gleich würde die Ouvertüre folgen, in der Luftvibrationen die Regungslosigkeit ablösten und sich die Spannung bis zur Unerträglichkeit steigerte. Surang hob den Kopf und schnupperte, wie ein scheues Tier, das Witterung aufgenommen hat. Sie konnte sich nicht erinnern, dass es früher zu dieser Jahreszeit noch so aufdringlich nach Unwetter gerochen hatte. Alles schien durcheinandergeraten zu sein. Ihre Begleiterin blickte ängstlich zu dem Gewittergebirge über den nördlichen Stadtbezirken Bangkoks und ergriff Surangs Hand. „Wir müssen uns beeilen. Es wird gleich schrecklich stürmen und regnen.“
Unzählige Male hatte Surang den Weg vom Kloster zum Altenheim zurückgelegt. Selten unbegleitet, denn auf sich alleine gestellt hatte sie ihre Orientierung vor einer Ewigkeit verloren. Was wusste ihre junge Führerin schon über die wirklichen Gefahren des Lebens? Wortlos folgte sie dem Mädchen durch die staubigen Gassen, dem heranbrausenden Unwetter entgegen.
Gerade noch rechtzeitig schlüpften die Frauen durch das hölzerne Tor in die schützende Empfangshalle des Altenheims, ehe sich der Himmel mit feuchtheißer Explosivität öffnete. Blitze durchschnitten