Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela Reutling

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Mami Staffel 1 – Familienroman - Gisela Reutling Mami Staffel

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aus, als es ist.«

      Trude betrachtete das Mädchen auf der Leiter mißtrauisch. Irgendwie war ihr das Gesicht bekannt, aber sie kam nicht darauf.

      »Ich heiße Trude. Man sagte mir, daß das ein frauenloser Haushalt ist.«

      Wieder lachte Marie-Luise. »So genau kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Der Hausherr ist im Garten, vielleicht sollten sie ihn zuerst begrüßen. Ich heiße im übrigen Marie-Luise. Wir sollten uns nicht lange mit Formalitäten aufhalten, wir sollten uns besser an die Arbeit machen.«

      Aber bevor Trude, die offensichtlich ein wenig langsam in ihren Bewegungen und in ihrem Denken war, zu einem Entschluß gekommen war, stand Max Gilberg in der Tür. Er wollte gerade das Frühstück loben, als er verdutzt von einem Mädchen zum anderen sah.

      »Ich komme von der Stellenvermittlung«, leierte Trude herunter. »Ich heiße Trude Puchalla, meine Papiere sind in meiner Tasche.«

      Er musterte sie nur flüchtig. Sein Gesicht spiegelte seinen fassungslosen Zustand wieder.

      »Aber wer sind Sie? Oder hat man mir zwei Damen geschickt?«

      Ich werde die andere natürlich fortschicken, dachte Max, ich will, daß das Mädchen mit dem Pferd hierbleibt. Wenn man sie nur ansieht, wird mir schon leichter zumute.

      Marie-Luise saß noch immer auf der Leiter, hielt das nasse Putztuch in der Hand und lächelte auf den Mann hinunter. Die Kinder schoben sich lautlos in die Küche. Vermutlich besaßen Kinder genauso feine Antennen für aufregende Ereignisse wie Tiere.

      »Ich bin vom Pferd gefallen«, erzählte sie fröhlich, als wäre das alles die selbstverständlichste Sache der Welt. »Als ich auf dem Boden saß, sah ich Ihre Brieftasche. Darum kam ich.«

      Verwundert bemerkte Marie-Luise die Enttäuschung in den Kindergesichtern. Ja, auch Thomas war enttäuscht.

      Max griff sich an die Stirn, als könnte die Bewegung seinen Denk­appart in Bewegung setzen.

      »Ich habe Ihre Adresse aus Ihrem Ausweis. Ich habe sie Ihnen dort auf den Tisch gelegt.«

      »Warst du denn im Wald?« wollte Doris gekränkt wissen. »Sag bloß, du bist gestern abend noch weggegangen und hast uns hier allein gelassen.«

      Er sah noch immer das Mäd­chen an. Er konnte die Augen nicht abwenden.

      Trotz ihres vernachlässigten Au­s­sehen, war sie bezaubernd, besonders ihr Lächeln hatte es ihm angetan. Ihr Gesicht war makellos, wie alles an ihr. Auf ihrem kupferfarbenen Haar lag ein Streifen Sonnenlicht, sie hatte das Lächeln eines jungen Mädchens und war voll gewachsener Natürlichkeit. Und doch mußte sie etwas ganz Besonderes sein. Warum er das dachte, hätte er nicht zu sagen gewußt. Er wußte nur, daß er ein Esel war. Jawohl. Wie konnte er auch nur einen Moment glauben, daß sie gekommen war, um ihm zu helfen?

      »Warum haben Sie es denn nicht gleich gesagt?« gelang es ihm endlich zu sagen. Wieder das Lächeln, das ihm noch den restlichen Verstand raubte.

      »Hast du denn deine Brieftasche schon vermißt?« wollte sein Sohn wissen. Er schüttelte nur den Kopf.

      »Gut«, freute Marie-Luise sich und stieg langsam von der Leiter. »Dann hatten Sie wenigstens eine Aufregung weniger. Darf ich vorschlagen, daß Sie Trude und mich jetzt allein lassen? Wir machen die Küche zuerst fertig und nehmen uns dann die anderen Zimmer vor. Mit vier Händen ist das schnell geschafft. Heute abend wird es hier schon wohnlich sein.«

      Das kleine Mädchen kam zögernd näher und schmiegte sich an sie. Verwundert sah Marie-Luise, daß die Kleine mit den Tränen kämpfte.

      »Was ist denn, Doris?« wollte sie besorgt wissen und drückte das schmächtige Geschöpf an sich. Ein Strom von Zärtlichkeit floß über ihr Herz, als sie in das feine Gesichtchen sah.

      »Kennst du das Buch von Mary Poppins?« Als Marie-Luise verwundert nickte, schluchzte die Kleine. »Ich dachte, du wärst auch eine Mary. Weil du mit deinem Pferd wie vom Himmel gefallen kamst und weil du wußtest, wo die Bank steht und überhaupt.«

      Sie legte ihren Kopf auf Doris Haare, sie rochen ungewaschen und wirkten glanzlos. Zärtlich umfing sie das Kind.

      »Sei nicht enttäuscht, bitte nicht. Ich kenne das Buch, ich habe es gern gelesen, aber solche Wunder gibt es nicht wirklich. Man kann nur von ihnen träumen.«

      Thomas nickte und spielte sich als kühler Überlegener auf. »Habe ich ihr ja auch gesagt. Aber ich ­find’s trotzdem prima. Ich meine, es ist prima, daß Sie Papas Brieftasche gefunden haben und gekommen sind. Mensch, Papa, stell dir mal vor, du hättest sie vermißt! Du wärst ja total durchgedreht.«

      »Mal ruhig ein gräßliches Bild von mir, mehr blamieren, als ich es getan haben, kann ich mich gar nicht. Wo habe ich nur meinen Verstand gehabt?«

      »Solch ein Umzug und dazu noch der Unfall Ihrer Schwester, das alles ist nicht dazu angetan, ruhig Blut zu wahren. Kinder, wenn ihr jetzt hinausgeht, verspreche ich euch, daß ihr später auf Janus reiten dürft. Ist er denn brav?«

      »Wollen Sie wirklich noch helfen?« Max Gilberg war die Sache nicht recht. Außerdem hätte er die junge Dame jetzt gern eine Weile für sich gehabt. Plötzlich war ihm sogar, als hätte er sie schon einmal gesehen. Wo war er ihr schon einmal begegnet? Es war zu dumm, daß es ihm nicht einfallen wollte.

      »Ich habe bis zum Nachmittag Zeit«, erklärte sie vergnügt. »Es wird auch ein Mittagessen geben, oder wollen Sie mit den Kindern in ein Gasthaus fahren?«

      »Wir wollen hier bleiben«, schrien die Kinder. Er nickte. »Ich auch. Sie haben schon ein Frühstück gezaubert, Ihnen fällt bestimmt auch etwas fürs Mittagessen ein.« Plötzlich ging ihm auf, daß er auch freundlich zu der anderen sein mußte. Das Mädchen auf der Leiter würde fortgehen, aber die kleine Dicke blieb ihnen erhalten. Hoffentlich! Er mußte sich damit zufrieden geben, ja, er mußte froh darüber sein.

      »Ich bin sehr froh, daß Sie gekommen sind«, beeilte er sich zu versichern und gab dem Mädchen die Hand. Steif und verlegen machte er das. Plötzlich kam ihm ein Gedanke.

      »Könnten Sie die Küche nicht allein richten? Dann könnten Sie…« er wandte sich an Marie-Luise, »mir in meinem Arbeitszimmer helfen. Die Leute haben alle Kisten einfach darin abgeladen. Wir haben gestern abend notdürftig die Schlafzimmer gerichtet. Zum Glück war meine Schwester ja da.«

      Trude nickte mit verkniffenem Gesicht. Den Einzug in diesem Haus hatte sie sich anders vorgestellt. Sie hatte geglaubt, man würde sie mit offenen Armen empfangen und glücklich sein, daß sie kam.

      »Wie schön, daß Sie gekommen sind«, lächelte Marie-Luise, als könnte sie Gedanken lesen. Das warmherzige Lächeln nahm sogar Trude den Ärger.

      »Gehen Sie nur, ich schaffe es hier allein. Wenn ich fertig bin, melde ich mich bei Ihnen.«

      »Wir wissen ja nicht mal, wie du heißt«, fiel Thomas ein. Das Pferd besaß natürlich Anziehungskraft, aber noch lieber wäre er im Haus geblieben.

      »Marie-Luise heiße ich. Von mir aus könnt ihr auch Luise oder Marie zu mir sagen, wenn euch der Name zu lang ist.« Sie lachte vergnügt und hüpfte von der Leiter hinunter. »Gehen wir.« Sie sah den Hausherrn an. Wenn sie mich so ansieht, verliere ich noch meinen restlichen Verstand, dachte er ärgerlich auf sich selbst. »Wenn

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