E-Fam Exodus. Arno Endler

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу E-Fam Exodus - Arno Endler страница 3

E-Fam Exodus - Arno Endler heise online: Welten

Скачать книгу

alles Glück der Welt, fragte mich jedoch zugleich, ob ich das Deck treffen würde, wenn ich einfach spränge.

      »Jetzt!«

      »Was, bitte?«

      »Treten Sie zu.«

      Ich schwang meinen Fuß nach hinten, doch der Widerstand fehlte. Eine Luke in dieser verdammten Fassade. Versteckt und wahrscheinlich nur von innen zu öffnen.

      Ich kletterte hinein, sah zu, wie die Öffnung sich wieder schloss, und legte mich zum Sterben auf den Boden.

      »Wir haben nicht viel Zeit. Ich erinnere Sie an den Deal.«

      »Aber ich bin müde.«

      »Bitte.«

      – Otto –, meldete mein Verstand. – Es war Otto. –

      Eine Szene aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit, aus einem Leben, in dem ich nicht Bürger John Mayer gewesen war. Er hatte mir damals seinen Namen nicht verraten, noch nicht. Ebenfalls nicht, dass er ein elektronischer Famulus war und sein bisheriger Besitzer, der John Mayer vor mir, im Sterben lag.

      Otto hatte einen formbaren Nachfolger gesucht, der den Deal nicht ablehnen würde, weil die Lage, in der er sich befand, ausweglos schien.

      Und so war ich zu John Mayer geworden, hatte mich an Otto gewöhnt, obwohl ich mir seiner wahren Intentionen nicht immer sicher sein konnte.

      Die Bilder von jenem Tag, Erinnerungen und Ängste, verblassten im Wirbel der Schmerzen und der Übelkeit, die mich aktuell befielen. Wie ein Orkan tobten Spasmen entlang meiner Beine bis hoch in den Unterleib. Ich krümmte mich, spürte dabei den harten Untergrund, und ein stechender Geruch von hochprozentigem Alkohol stieg mir in die Nase. Ich war in dieser verdammten Bar und Bürgerin Rybinska, die Schwarze Witwe, hatte mich vergiftet. Die Krämpfe lösten sich und plötzlich hob mich eine Wolke aus Leichtigkeit an. Meine Augen gehorchten mir nicht, denn dort war nur grelles Licht, das mich blendete. Alle Geräusche waren verstummt, in vollkommener Stille schwebte ich in einer Blase aus unnatürlichem Weiß.

      Wahrscheinlich hatte sie etwas in meinen Drink gemixt. Welches Gift würde mir wohl ein unrühmliches Ableben bescheren? Und wem würde Otto nun einen Deal anbieten? Ein neuer, frischer, vielleicht aufmerksamerer John Mayer würde mir folgen.

      Ich genoss die Schmerzlosigkeit.

      »Bürger Mayer?«, störte mich eine Stimme beim Einschlafen. Erkannte ich sie? Wollte ich das überhaupt?

      »Sie sterben nicht.«

      »Otto?«, fragte ich subvokal.

      »Stets zu Diensten, Bürger Mayer.« Dieser leicht ironische Unterton seiner Antwort war unverkennbar. Ich riss mich zusammen, kämpfte gegen die bleierne Schwere in meinem Körper an. Da schälten sich Umrisse, Gesichter aus der Helligkeit.

      Ein Mann lächelte mich an, andere wirkten ernst. Meine Hand lag flach auf dem Boden. Er klebte. Ich war in der Bar. Bürgerin Rybinska hatte mich vergiftet.

      »Nur unter Drogen gesetzt, Bürger Mayer«, verbesserte mich der E-Fam.

      »Otto? Du bist da?«

      »Ich war nie weg und werde es nie sein«, entgegnete der E-Fam. Mein Ohrenimplantat übertrug seine Antwort so klar wie sonst auch direkt an mein Hörzentrum.

      »Rybinska?«

      »Sie ist nicht weit gekommen, Bürger Mayer. Es tut mir leid, dass ich die Gegenmaßnahmen der Bürgerin nicht sofort als solche erkannte. Sie hatte uns erwartet und die Netzzugänge in der Bar vorab manipuliert. Als ich registrierte, dass ich Sie nicht mehr kontaktieren konnte, habe ich unseren Bekannten bei Capital Crime informiert.«

      »Oh, gut.« Ich spürte, wie man mich anhob, war aber zu müde, um mich dagegen zu wehren.

      »Wohin bringt man mich?«, erkundigte ich mich stumm bei Otto.

      »Die Drogen müssen ausgeschwemmt werden, Bürger Mayer. Ich habe Ihnen einen Platz in einer Privatklinik organisiert.«

      »Privatklinik?«, hakte ich nach. »Das können wir uns nicht leisten. Dafür reicht doch nicht mal der Erfolgsbonus für diesen Auftrag. Es hat viel zu lange gedauert.«

      »Darüber sollten Sie jetzt nicht grübeln, Bürger Mayer. Ich habe bereits einen neuen Auftrag akzeptiert.«

      »Was?« Ich hatte laut gesprochen. Eine Hand legte sich auf meine Stirn, eine männliche Stimme bedeutete mir, Ruhe zu bewahren. »Wir bringen Sie in die Klinik, Bürger. Bitte bleiben Sie ruhig liegen.«

      »Ich bin beinahe abgekratzt und du hast nichts Besseres zu tun, als mich in den nächsten Auftrag zu hetzen?«, klagte ich subvokal. Ich konnte endlich wieder willentlich meinen Kopf bewegen, sah mich um. Irgendwie hatte sich die Umgebung eingefärbt. Eine Farbverschiebung nach Zartrosa, vermutlich eine Nebenwirkung der Substanzen, die mir Rybinska spendiert hatte.

      Otto ließ sich nicht aus der Reserve locken. Er ignorierte meine Proteste. »Wie ich schon erwähnte, waren es lediglich Drogen, die Sie ins Nirwana katapultieren sollten. Keine Lebensgefahr für einen gesunden Menschen. Wobei das Risiko sicherlich bei Ihnen etwas erhöht ist.«

      »Was meinst du?«

      »Ihre Physical-Fitness-Daten weisen bedenklich unterdurchschnittliche Werte auf. Es wird Ihnen mehr Sport empfohlen, Bürger Mayer.«

      Die Welt, die eben noch in zartes Pastellrosa eingefärbt gewesen war, fühlte sich plötzlich hart und kantig an. Ich fühlte mich ungeliebt, einsam und an den Pranger gestellt. »Dafür bleibt mir ja keine Zeit, da ich für zwei schuften muss.«

      »Nun, Bürger Mayer, darüber kann man geteilter Meinung sein«, erwiderte Otto und ich bildete mir ein, ein Lachen zu hören, obwohl mir nicht bekannt war, dass ein E-Fam dazu überhaupt in der Lage war.

      Es vergingen sechs Monate ...

      Go down, Moses,

      Way down in Egypt’s land,

      Tell old Pharaoh,

      Let my people go.

      1

      Der Ohrwurm würde mir den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf gehen. Eine sowohl eingängige als auch langweilige Melodie, die mitten in das Nervenzentrum zielte, sich dort verhakte und in Schleifen lief. Ich wünschte dem Arrangeur die Pest an den Hals, wusste jedoch gleichzeitig, dass er seine Arbeit hervorragend erledigt hatte. Und von irgendetwas musste ja jeder leben, wie ich am eigenen Leib erfuhr. Selbst wenn es bedeutete, damit einem völlig Fremden auf die Füße zu treten.

      »Otto?«, fragte ich laut, da ich der einzige Passagier des Trans-Segment-Lifts war und somit niemanden störte.

      »Bürger Mayer? Was kann ich für Sie tun?« Die Stimme des E-Fams erklang direkt in meinem Hörzentrum. Wie gewohnt empfand ich sie als beflissen, mit einem leisen Hauch Sarkasmus darin.

      In den letzten Monaten, die zum Bedauern meines Kontostands recht ruhig verlaufen waren, hatte ich in der freien Zeit Dutzende antike Filme aus den Datenbanken geladen und konsumiert.

Скачать книгу