E-Fam Exodus. Arno Endler

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E-Fam Exodus - Arno Endler heise online: Welten

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Ich nahm ihm die Tasse ab.

      »Meine Kundschaft geht dort ein und aus.« Er deutete in Richtung der orange glühenden Sonne.

      »Bei POETS PLC?«, vergewisserte ich mich.

      »Ja. Sie kennen den Laden?« Sein Blick fiel automatisch auf die graue Fassade mit dem schwarzen Doppeltor. Kein Schriftzug, keine Werbung. Eine wirklich seltsame Firma.

      »Ist mein Ziel.« Der Espresso war sensationell. Er duftete schokoladig mit einer starken Vanillenote, schmeckte kräftig, erdig, aber nicht bitter. Flinall verstand sein Handwerk.

      »Ihr Ziel? Sind Sie auch ...?«

      »Nein, nein.« Ich wiegelte ab. »Dort ist jemand, den ich suche.«

      »Ah.« Bürger Flinall lächelte zwei Arbeitern in purpurroten Arbeitsanzügen zu, die vor seinem Stand stehenblieben und zwei S-Kaffs bestellten.

      Ich stellte das leere Tässchen ab, überlegte, ob ich mir noch einen weiteren Espresso leisten sollte, als plötzlich Ottos Stimme dazwischenfunkte. »Die Sichtung ist bestätigt, Bürger Mayer. Er ist definitiv durch diese Tür gegangen.«

      »Und seitdem nicht mehr aufgetaucht?«, subvokalisierte ich eine Frage. Das winzige implantierte Interpreter-Modul hinter meinem linken Ohr maß die Muskelkontraktionen meines kompletten Sprechapparates und formulierte daraus Worte, ohne dass ich laut sprechen musste. Otto »hörte« mich so problemlos.

      »Falls es keinen versteckten Hinterausgang gibt, können wir das ausschließen.«

      »Danke, Otto.« Ich konzentrierte mich auf den Eingang zu POETS PLC, einer börsennotierten Gesellschaft, die jedoch nur wenigen Eingeweihten bekannt war. In den Minuten, die ich auf dieser Ebene verbracht hatte, war niemand hineingegangen oder herausgekommen.

      »Sie wissen, wer dorthin geht?«, erkundigte sich Flinall im Verschwörerton und beugte sich zu mir herüber.

      »Ja.«

      »In ein paar Momenten wird sich die Tür öffnen«, behauptete der Barista.

      »Woher wollen Sie das wissen?«

      »Gleich«, flüsterte Flinall.

      Sein Verhalten irritierte mich. Ich wartete jedoch geduldig, bis tatsächlich das Doppeltor aufglitt. Frauen und Männer, rund ein Dutzend, strömten heraus. Sie schienen alle unterschiedliche Ziele zu haben. Zwei kamen direkt auf den Baristastand zu. Die Männer waren in pastellfarbene Hosenanzüge nach derzeitiger Mode gekleidet und redeten angeregt miteinander. Sie trugen beide Rucksäcke.

      »Da kommt meine Kundschaft«, verkündete Flinall und stellte sich bereit.

      »Banzai, Bürger Flinall! Zwei Espressi, wie gewohnt«, rief einer der beiden Neuankömmlinge.

      Ich rückte ein wenig zur Seite, um ihnen Platz zu machen. Ein unbehagliches Gefühl machte sich in mir breit. Ich spürte, dass mich jemand beobachtete. Langsam veränderte ich meine Haltung, spähte in alle Richtungen. Niemand fiel mir auf.

      »Otto«, subvokalisierte ich. »Kannst du mir sagen, ob ich observiert werde?«

      »Sie werden beobachtet?«, kam prompt die Rückfrage.

      »Wenn ich es definitiv wüsste, würde ich nicht um deine Unterstützung bitten.«

      »Niemand verhält sich auffällig, Bürger Mayer. Aber ich werde ein Auge darauf haben.«

      »Gibt es irgendwelche blinden Flecken auf dieser Ebene?«, hakte ich nach.

      »Nein. Allerdings ist die Anzahl der möglichen Subjekte und aktiven Kameras sehr hoch. Es kostet Zeit, alle Unverdächtigen auszuschließen.«

      »Tu dein Bestes!«

      Ich lauschte dem uninteressanten Gespräch der zwei Rucksackträger. Es ging um die Dates am Abend und Deadlines, die zu halten waren.

      Ich nickte Flinall zu, der mir den Device-Reader hinhielt.

      »Oh, ich bin nicht verchipt«, gab ich zu. »Das erledigt mein E-Fam. Welche Nummer?«

      Ich sah für einen Augenblick den Zweifel in seinem Gesicht. Doch Bürger Flinall nannte mir die Nummer. Kurz darauf ertönte ein Ping. Er starrte auf das Display und lächelte, während er die Zahlen las. »Großzügig. Danke. Sie haben einen E-Fam?«

      »Ja.«

      »Die sind selten geworden.«

      »Sind sie?«, meinte ich. »Wäre mir nicht bewusst.«

      »Nun, Bürger Mayer.« Flinall verstaute den D-Reader unter der Theke. Meinen Namen hatte er mit der Zahlung frei Haus geliefert bekommen. Als er mich wieder ansah, erkannte ich, dass er reden wollte und würde. »In der Schule habe ich ein Referat über die Famuli gehalten. Ich war ein neugieriger Prä-Bürger und meine Recherchen wurden sehr gut bewertet.«

      Ich zuckte mit den Schultern. »Und was haben Sie herausgefunden?«

      »Vor rund fünfzig Jahren gab es mehr als einhundert eingetragene E-Fam-Kontraktverhältnisse. Als ich mein Referat hielt, konnte ich nur zwanzig ermitteln. Alle in Familien- oder Gesellschaftsbesitz. Die Zahl der E-Fams sank. Und tut es wahrscheinlich heute noch. Wie viele Besitzer von E-Fams kennen Sie, Bürger?«

      »Nun, ich würde nicht von besitzen sprechen«, widersprach ich. »Aber es sind nicht viele, ja.«

      »Sehen Sie. Aber Sie nennen einen E-Fam Ihr Eigen. Ich bin erstaunt.«

      »Nun, als wissbegieriger Bürger könnten Sie mir auch verraten, wann die Tür dort erneut aufgeht. Ich muss dringend hinein.«

      Der Barista lächelte. »In etwa fünf bis zehn Minuten. Bedeutet jedoch nicht, dass man Sie hineinlässt.«

      »Stimmt«, gab ich zu. »Aber ich habe einen Partner.«

      Flinall schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Richtig. Beehren Sie mich bald wieder«, rief er mir nach.

      Ich steuerte die Doppeltür an, hinter der sich die Firma POETS PLC versteckte. Es wurde Zeit, ein Geheimnis zu lüften.

      Vor dem Eingangsbereich lungerten gleich mehrere Bürger herum, taten uninteressiert, schwiegen einander an. Mich beachtete niemand.

      »Otto? Irgendwelche Neuigkeiten?«, fragte ich unhörbar.

      »Nein, Bürger Mayer. Zu meinem Bedauern nicht. Die Firewall der Poeten ist außerordentlich. Ich werde länger benötigen, um Ihnen im Inneren von Nutzen zu sein.«

      »Ich bin bereit.« Ein leises Summen unterbrach unser Gespräch. Die ausschließlich männlichen Bürger signalisierten körpersprachlich Bereitschaft.

      Mit einem nahezu seufzenden Geräusch schoben sich die beiden Türen in die Seitenwände. Den Blick hinein verhinderte eine Art grelles Gegenlicht. Gewollt?

      Gestalten schälten sich aus der Helligkeit. Mehrere Bürger drückten sich mit gesenkten Blicken an uns vorbei. Es wirkte verstohlen, beinahe verschwörerisch,

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