Mit Segenskreuz und Handy. Joachim Schroedel

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Mit Segenskreuz und Handy - Joachim Schroedel

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und es ist eben DAS Zeichen der Christenheit schlechthin. In hoc signo vinces - in diesem Zeichen wirst Du siegen. Mit diesem Ruf beginnt die öffentliche Wirksamkeit des Christentums. Ich trage es gern bei mir! Denn ich teile so das orientalische Priestertum mit dem meinen – und ich erlebe, wie dankbar viele Christen, besonders die Kopten, für dieses Zeichen sind.

      Als ich nach Kairo kam, gab es noch keine mobile Kommunikation – man kann es sich heute kaum mehr vorstellen! Aber eben der »Durchbruch« des Mobiles (nur wir Deutschen nennen es »Handy«) hat gerade die nahöstliche Welt total verändert. Und heute scheint normales Leben nicht mehr vorstellbar ohne dieses Gerät …

      »Mit Segenskreuz und Handy«? Beides trage ich häufig mit mir. Beides ergänzt sich – und ist zugleich so widersprüchlich, ja: gegensätzlich.

      Das Segenskreuz ist Symbol des von Gott und seinem Segen abhängig Seins. Zeichen für die Überlegenheit des Schöpfers über seine Schöpfung. Aber auch: Zeichen für seine Liebe, die er uns in Christus und den Tod des Gottessohnes unwiderruflich geschenkt hat.

      Ein Handy ist Zeichen der neuen Selbständigkeit des Menschen, seiner dauernden Erreichbarkeit, seiner Macht (aber manchmal auch Ohnmacht) über die Zeit und oft auch über Menschen.

      Aber in genau dieser Spannung leben wir im Orient: Zwischen Tradition und Moderne, zwischen Fundamentalismus und Aufklärung, zwischen vermeintlichem »Gestern« und dem gerne beschworenen »Heute«, zwischen »konservativ« und »progressiv« …

      Spannungen machen das Leben »spannend«. Wie die Musik, so lebt auch das Leben nur durch Höhen und Tiefen, und oft in ständigem Wechsel des Rhythmus. In diese Spannung, die im Orient nochmals an Bedeutung gewinnt, möchte ich den geneigten Leser führen. Denn dann können auch sie Begegnung spüren – und sich weiter führen lassen zum wirklichen Leben.

      ÄGYPTEN – TRAUM ODER ALBTRAUM?

      Das Exultet

      Viele Jahre später las ich in der handschriftlichen »Chronik der Deutschsprachigen Katholischen Gemeinde«, die der damalige Pfarrer, der Franziskanerpater Berthold Türffs, von 1981 bis Weihnachten 1986 geführt hatte:

      »10.4., Karsamstag. 20 Uhr Osternachtfeier mit Diakon

      Schroedel und der Reisegruppe vom Vortag. Diakon Schroedel sang das Exultet«.

      Das war in der Karwoche 1982, also vor 34 Jahren. Meinen ersten wichtigen »österlichen Dienst« als Kleriker durfte ich also dort feiern, wo ich ab Ostern 1995 meinen priesterlichen Dienst für die Gemeinde ausüben durfte!

      Das »Exultet« ist der Jahrhunderte alte Lobgesang auf die Osterkerze, die in die dunkle Kirche getragen wird. Die Kerze wird dabei auch verglichen mit der »leuchtenden Säule«, die dem Volk Israel bei ihrem Exodus voranging und ihm den Weg wies. In diesem Teil der Liturgie steht also das Land Ägypten unter einem besonderen Blickwinkel. Es wird gesehen als das Land der Sklaverei, der Unterdrückung durch den Pharao.

      In diesem Exultet nahm ich eine kleine Änderung vor, die ich seitdem in jeder Osternacht so gesungen habe:

      Dies ist die Nacht,

      die unsere Väter, die Söhne Israels,

      aus DIESEM ÄgyptenLAND befreit

      und auf trockenem Pfad durch die Fluten

      des Roten Meeres geführt hat.

      Man darf sich schließlich vorstellen, und man muss es auch den hier lebenden Deutschen immer wieder vermitteln, dass wir in einem eminent biblischen Lande sind. Es ist eben nicht nur ein »Traumland« für Urlauber, die ihre Ferien beim Tauchen und Schnorcheln am Roten Meer verbringen! Am Roten Meer sein bedeutet auch, dort zu sein, wo eine fast unüberwindliche Grenze zwischen Afrika und Asien war. Eine geschichtsträchtige Region ersten Ranges. Und eben auch eine biblische Region.

      Meine Erinnerungen an diese allererste Zeit in Ägypten sind verständlicherweise lückenhaft, aber zwei Begebenheiten sind mir noch in lebhafter Erinnerung.

      Das Ägypten der Romantiker und der Historiker

      Obwohl Ägypten damals nur etwa 60 Millionen Einwohner hatte (heute sind es über 90 Millionen!) erlebte ich die Stadt Kairo als völlig ungeordnet und chaotisch. Bereits während meines Studiums durfte ich Gruppen ins »Heilige Land« (Israel und Palästina) führen, da ich die begehrte »Green Card« hatte und damit die Erlaubnis, als Gruppenleiter auch Führer an den Heiligen Stätten zu sein. Ich bin heute noch dem ökumenischen Studienkreis »Biblische Reisen« dankbar, dass ich, unmittelbar nach meinem Freisemester in Jerusalem, diese Möglichkeit hatte.

      Aber auch mit den umliegenden Ländern wollte ich mich vertraut machen und kam bereits als Student, also vor 1979, nach Jordanien, Syrien und eben auch Ägypten. Auch in diesen Ländern führte ich Studien- und Pilgergruppen. Und ich gebe auch heute noch gerne solchen Gruppen meine Erfahrungen weiter.

      Reisen nach Ägypten beginnen immer in Kairo. Und schon vor 30 Jahren war für die meisten Touristen Kairo ein Albtraum! Verstopfte Straßen, PKWs, Kleinbusse, Eselskarren, Fußgänger; alles schien planlos durcheinander zu laufen, das oft ohrenbetäubende Hupen und das Schreien der Karrenfahrer, der Geruch nach Abgasen und Müll, die scheinbare Hilflosigkeit vieler Menschen, die diese Stadt durchziehen – all dies war und ist heute wohl erst recht für einen »normalen« Mitteleuropäer abschreckend und eher hoffnungslos verwirrend. »Warum bin ich nur hier her gekommen?« – diese Frage, von einer pensionierten Lehrerin aus Baden-Württemberg gestellt, wird mir nie aus dem Sinn gehen. Sie hatte sich das Kairo der 30er Jahre vorgestellt, Kutschen und wenige Fußgänger, kulturelle Ereignisse, Museen und eben: die Pyramiden! Als ich einmal mit einer Gruppe von Kairo aus über den Nil nach Gizeh fuhr, immer und immer nur durch verkehrsreiche Straßen, fragte mich ein anderer Reiseteilnehmer, warum denn hier überhaupt Menschen lebten; eigentlich sei doch die Hauptstadt des pharaonischen Reiches gar nicht an dieser Stelle gewesen. Ich wollte gerade mit meiner Antwort anheben, doch nach etwa 6 Kilometern tauchten die Pyramiden zwischen den modernen Häusern auf! Und es war kaum verstellbar: Plötzlich hörte man nur noch staunendes Rufen, und alle Kritik und Angst vor Verkehr, Lärm und Umweltzerstörung war beendet.

      Die Pyramiden! Wohl auch heute noch der Traum vieler Menschen, das letzte der antiken Weltwunder einmal im Leben zu sehen! Wenn ich einmal einen Anflug von Hochmut habe sage ich gerne: »Ich sehe jeden Tag die Pyramiden im Rückspiegel!« – und das stimmt, denn seit etwa 10 Jahren lebe ich am Rande der Wüste, auf der Westseite des Nil. Wenn ich also in die Stadt fahren will, fahre ich Richtung Osten – und sehe die Pyramiden im Rückspiegel.

      Zwei Reiseteilnehmer aus den 70ern. Die Eine ist erschlagen von der lauten und schrecklichen Stadt Kairo, die sie sich so vorgestellt hatte, wie eine etwas modernisierte Version einer romantisch-verklärten Orientalisten-Expedition, der Andere, der sich wohl eher als Ägyptologe verstand und Entwicklungen der letzten Jahrtausende gerne übersehen möchte.

      Nein, Ägypten ist kein Museum, weder für Hobby-Ägyptologen noch für Orient-Romantiker. Ägypten ist ein lebendiger Körper mit Problemen, die man als Europäer nur ansatzweise erahnen kann.

      Wie hatte ich damals die Problematik meiner Reiseteilnehmer aufgefangen?

      Als

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